Wohnbebauung: Zurück in Ausschuss
Heiß debattierte das Bad Nauheimer Parlament jetzt über die geplante Wohnbebauung neben dem Bahnhof. Nun soll der Bauausschuss erneut beraten. Denn nach Ansicht mancher Redner müsse sich zuerst am Zustand des Bahnhofs etwas ändern. Der Eigentümer bezeichnet die Vorwürfe als ungerecht.Geplant: Die Fürstenhöfe
Das Gelände neben dem Bad Nauheimer Hauptbahnhof soll beidseitig bebaut werden. Die Gesellschaft Portal Real (Lörrach), der der Bahnhof gehört, will rechts und links des Fürstenbahnhofs zwei Geschäftshäuser errichten. Auf der anderen Seite vom Bahnhof sollen zwischen dem Park & Ride-Parkplatz sowie der Rittershaus- und Benekestraße Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 36 Wohnungen entstehen. Das Projekt heißt „Fürstenhöfe“.
Hitzige Debatte um Bahnhof
Obwohl der städtische Bauausschuss Anfang April geschlossen der Aufstellung des Bebauungsplans zugestimmt hatte, kam es bei der Sitzung des Stadtparlaments am Dienstag, 30. April 2019 zu einer hitzigen Debatte. Verschiedene Redner bemängelten den Zustand des Bahnhofs, derweil FW/UWG-Sprecher auf die erfolgten Sanierungsschritte hinwiesen. Die Diskussion endete damit, dass das Hohe Haus die Vorlage auf Antrag von Peter Heidt (FDP) zurück in den Ausschuss überwies. Diese Zeitung hat mit dem Eigentümer gesprochen, der die Vorwürfe zurückweist.
„Kein Aushängeschild“
Im Parlament hatte Heidt eingewandt, dass der Bahnhof in Struktur und Form kein Aushängeschild für die Stadt sei. Der Eigentümer wolle einen Bebauungsplan, was legitim sei – aber die Kommune habe Interessen städtebaulicher Entwicklung. „Für uns ist unabänderlich, dass der Bahnhof anders aussieht.“ Nach Ansicht von Heidt könnte die Kommune dies jetzt verlangen. Der Liberale ging auf einen vorliegenden Bauantrag für ein Wettbüro im Bahnhof ein. Wie aus der Magistratsvorlage hervorgehe, wolle die Stadt dieses nicht haben. „Dann kann man eine Veränderungssperre beschließen“, empfahl Heidt.
Chance für Wohnbebauung
Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos) wies darauf hin, dass Politik und Verwaltung gleiche Vorstellungen hinsichtlich des Bahnhofs hätten. Um eine Veränderungssperre zu erlassen, müsse die Stadt aber den Aufstellungsbeschluss fassen und die Ziele im B-Plan-Verfahren klären. Kreß warb für das Vorhaben: Der Vorhabenträger gebe die Chance, das Ziel verdichteter Wohnbebauung zu realisieren, davon ein Teil bezahlbaren Wohnraums.
„Eigentümer soll in Vorleistung treten“
Manfred Jordis (CDU) zitierte einen Bericht der Wetterauer Zeitung aus 2008, wonach schon damals durch den Voreigentümer abschließend hätte saniert sein sollen. „Der Eigentümer soll erst mal den Bahnhof in Ordnung bringen, dann können wir über den Bebauungsplan reden“, sagte der Christdemokrat. Wie aus dem alten Artikel ebenfalls hervorgehe, seien der Kommune die Liegenschaften seinerzeit zum Kauf angeboten worden, die nun bebaut werden sollen: dies angeblich für einen Preis im niedrigen sechsstelligen Bereich. „Wieso hat die Stadt es nicht gekauft? Ich will nicht wissen, was es jetzt einbringt“, erklärte er. Zu der Vermietung an ein Wettbüro komme es seiner Meinung nach nicht. Denn dem Investor sei sicher an einem guten Verhältnis zur Stadt gelegen.
„Bahnhof hat sich von außen zum Positiven geändert“
Markus Philipp (FW/UWG) erinnerte an die Einstimmigkeit des Beschlusses im Bauausschuss. „Dies war unter der Voraussetzung, dass ein Nutzungskonzept für den Bahnhof vorliegt.“ Von außen habe sich der Bahnhof bereits zum Positiven geändert, sagte Philipp.
Bezahlbarer Wohnraum
Axel Bertrand (SPD) brachte das Thema bezahlbaren Wohnraums ins Spiel. Der vereinbarte Anteil von 15 Prozent mit Kaltmieten von 8,50 bis 10 Euro sei eine „nette Absichtserklärung“. Jedoch: „Darüber werden wir noch mal reden müssen.“ Gleichwohl wolle die SPD, dass das Projekt in angemessener Frist weitergeht.
Theis weist auf Sanierungsschritte hin
Markus Theis (FW/UWG) fragte die Freidemokraten, was am Bahnhof sie überhaupt anders haben wollen. Kein Parlamentarier außer den Freien Wählern habe bisher mit dem Eigentümer gesprochen. Jener sei ehemals Anteilseigner gewesen, habe den Bahnhof schließlich komplett übernommen, weil ihm das Bauwerk am Herzen liege. Er habe durchaus saniert. „Zur Landesgartenschau hat er die Außenfassade gemacht, er gestaltet sukzessive die Wohnungen und hat einen Bäcker hineingebracht.“ All das koste sehr viel Geld. Theis wies auf das Konzept des Investors für die Nutzung der ehemaligen Gaststätte als Theater hin. „Doch davon wollten Sie ja nichts wissen“, gab er zu bedenken.
Anmerkung: Auch die Bahn AG vollzog 2010 Sanierungsschritte, etwa hob sie Gleise an, setzte Dächer instand und baute Aufzüge ein.
„Das Beste daraus machen“
Georg Küster (SPD) beantragte, im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplans eine Änderungssperre zu erlassen. Dr. Martin Düvel (Grüne) erklärte, den Aufstellungsbeschluss vernünftig zu finden. Durch die Privatisierung des Bahnhofs habe die Stadt die Gestaltungshoheit ohnedies verloren, obwohl es ein Entree Bad Nauheims sei. „Wir müssen das Beste daraus machen. Das heißt, der Bebauungsplan kann nur umgesetzt werden, wenn der Investor den Bahnhof innen aufwertet.“
Städtebaulicher Vertrag gefordert
Und Christian Trutwig (CDU) meinte, dass der Investor kein Recht habe, „irgendetwas zu bebauen oder zu planen“, wenn es die Stadt nicht wolle. „Es gibt keine Verpflichtung für uns.“ 15 Prozent bezahlbarer Wohnraum seien zu wenig, die Nutzung als Theater habe sich erledigt. Trutwig: „Wir brauchen einen städtebaulichen Vertrag, den hat auch der Ortsbeirat gefordert.“ Seines Erachtens sollten gewerbliche Immobilien nicht neben einem Jugendstildenkmal errichtet werden.
Das sagt der Eigentümer
Wie der Eigentümer im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt, hält er die Vorwürfe für ungerecht. Es zeuge von Uninformiertheit. „Ich habe in den letzten fünf Jahren über eine Million Euro investiert“, sagt der Mann, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er habe Treppenhäuser, Wohnungen und Büros saniert, Geschäfte und ein Personal-WC einbauen, das Foyer streichen, das Dach neu eindecken lassen, Türen erneuert und instandgesetzt, die historischen Leuchter und die Bahnhofsuhr aufgearbeitet. Einen alten Heizungsschornstein, der eine Bausünde gewesen sei, habe er abbauen lassen. Zudem sei die ehemalige Wartehalle entkernt. Da er für einige Flächen noch keinen Mieter gefunden habe, könne er dort erst weitermachen, wenn die Nutzung feststeht.
Ein Wettbüro sei nicht sein Anliegen, betont er. Der Antrag stamme nicht von ihm, er kenne ihn nicht und habe dies gegenüber der Stadt auch erklärt. 15 Prozent bezahlbarer Wohnraum sei für den Vordertaunus eine überdurchschnittliche Zahl, unterstreicht er. Auch zu den Vorgängen um den Kulturbahnhof (diese Zeitung berichtete) äußert er sich. Diese seien nicht nachvollziehbar: Er finde die Idee zwar perfekt, allerdings stamme sie nicht von ihm. Vielmehr sei die öffentliche Hand auf ihn zugegangen. Nun werde es dargestellt, als habe er diesen Vorschlag gemacht.
Die Frage, wann er mit der Wohnbebauung anfangen will, beantwortet er wie folgt: „Sobald Baurecht vorliegt, können wir mit der Bauplanung und den Gutachten beginnen.“ Alles solle im normal üblichen Weg umgesetzt werden.