Konradsdorf

Der neue Pächter muss noch renovieren

Von Klaus Nissen

Eigentlich sollte Peter Michael Karpf am 1. Juli 2023 die Staatsdomäne Konradsdorf übernehmen. Doch es wurde November. Die bisherige Pächter-Familie Keller brauchte mehr Zeit für den unfreiwilligen Abschied vom größten Biohof der Wetterau. Was hat der Neue mit dem Hof und dem Hofladen vor?

Bioladen in Konradsdorf weiter geplant

Ein Jahr ist vergangen, seit Silvia Nicht am 31. Januar 2023 ihren Hofladen und das kleine Café „Kleeblatt“ hinter dem letzten Kunden verschloss. Danach wurden die Regale ausgeräumt. Silvia Nicht und ihr Lebensgefährte Helmut Keller mussten das landeseigene Hofgut Konradsdorf räumen. Die aus Grünberg stammende Familie bewirtschaftet nun die Flächen, die sie immer schon besaß.

So sah der Hofladen in Konradsdorf einst aus. Ende Janua 2023 wurde er geschlossen. Wann er wieder öffnet, ist noch unklar. Foto: Nissen

Landwirt Keller hatte in Konradsdorf seit den frühen Neunzigerjahren einen der ersten Bio-Höfe Hessens aufgebaut. Bei der Pachtvertrags-Verlängerung kam er im vorigen Jahr nicht mehr zum Zuge. Auch sein Sohn Benjamin, der sich nach eigenen Angaben ebenfalls für den Hof beworben hatte, bekam keinen Vertrag. Die Kellers räumten das Wohnhaus mit viermonatiger Verspätung zum ersten November, berichtet der neue Pächter Peter Michael Karpf.

Alte Gebäude müssen saniert werden

Doch was wird aus dem Hofladen und dem Café? Den 2015 eröffneten Laden „Kleeblatt“ schätzten die Kunden aus Ortenberg, Ranstadt und Glauburg. Und das Hofcafé war Treffpunkt von Schülern und Lehrkräften aus der nebenan liegenden Gesamtschule Konradsdorf. Er werde den Laden wieder öffnen, kündigte der neue Hofpächter schon im Januar vor einem Jahr an. Bislang tat sich aber nichts.

Blick über den Hofplatz der Domäne Konradsdorf. Das Haus im Hintergrund war bis vor einem Jahr Sitz des Hofladens und des Cafés „Kleeblatt“. Eine Wieder-Öffnung ist geplant, doch es gibt noch keinen Termin. Foto: Nissen

Die Öffnung des „Kleeblatts“ ist weiter geplant, bekundet Peter Michael Karpf auf Anfrage. Sie hat für ihn aber keine Priorität. „Erstmal gucke ich, dass das Dach und die Gebäude nicht zerfallen. Seit Wochen renovieren wir das Herrenhaus“. Dort will der 42-jährige Landwirt mit seiner Frau und den beiden Töchtern baldmöglichst einziehen. Es sei eine Menge zu sanieren – auf dem ganzen Gut. Mehrere alte Gebäude seien momentan nicht nutzbar, denn „da ist 50 Jahre lang nichts passiert.“

Die Sanierung kann eine halbe Lebensaufgabe für den Landwirt werden. Er hat Konradsdorf für die nächsten 18 Jahre gepachtet – also bis zum Jahr 2041.

Im Frühjahr kommen Kühe auf die Weiden an der Nidder

Vor der Eröffnung des Hofladens – dessen Sortiment auch noch nicht feststeht – will Karpf sich um die Tiere kümmern. Familie Keller hielt in Konradsdorf gut 180 Milchkühe und ihren Nachwuchs – die sind nicht mehr da. Peter Michael Karpf plant für das Frühjahr den Ankauf einer etwa 50köpfigen Herde für das 47 Hektar umfassende Weideland an der Nidder.

Mit dem Hofgut pachtete Karpf vom Land Hessen auch 68 Hektar Ackerland. Das will er wie sein Vorgänger nach Bio-Kriterien bewirtschaften. „Im Herbst haben wir Weizen, Hafer und Erbsen gesät. Wir schauen, was sich ganz gut verkaufen lässt.“ Familie Karpf setzt auf möglichst viel Selbstvermarktung. Seine Schwester Stefanie könnte im Sommer Himbeeren und Erdbeeren beisteuern, die sie auf dem Erbacher Hof bei Büches anbaut. Parallel zum Konradsdorf bewirtschaftet Familie Karpf wie bisher rund 400 Hektar Pachtland, die zum Erbacher Hof gehören. Dort praktiziert man herkömmlichen Landbau.

Der Traktor steht vor der gut 800 Jahre alten Klosterkirche von Konradsdorf, die jetzt mit Millionenaufwand restauriert wurde und zu besichtigen ist.

Falls irgendwann der Hofladen und das Café wieder öffnen, dürfte auch die bis 2023 für sechs Millionen Euro restaurierte Klosterkirche von Konradsdorf für Besucher attraktiver werden. Das ehemalige Gotteshaus und das nebenan stehende Propsteigebäude bergen Relikte und Informationen aus der 800jährigen Vergangenheit der Prämonstratenser-Abtei.

Vielleicht Besuchermagnet bei der Landesgartenschau 2027

Seit dem vorigen Sommer sind sie von Donnerstag bis Sonntag zwischen 10 und 17 Uhr bei freiem Eintritt zu besichtigen. Doch außer einer Ladestation für Elektro-Fahrräder gibt es keine Infrastruktur. In den letzten Monaten sei an der Kirche sehr wenig los gewesen, berichtet der nebenan wirtschaftende Hof-Pächter.

Karpf kann sich auch gut vorstellen, den pittoresken Hof während der Landesgartenschau im Sommer 2027 für das Publikum zu öffnen. Im Dezember habe es schon mal ein Gespräch mit der staatlichen Schlösserverwaltung und den Organisatoren der Landesgartenschau gegeben. Konkrete Pläne gebe es aber noch nicht.

72 Biohöfe in der Wetterau

Äcker und Weiden bedecken etwas mehr als die Hälfte des Wetterauer Bodens. Genau 50.008 Hektar werden von den Landwirten bewirtschaftet. Ein Hektar entspricht hundert mal hundert Meter.

In der Wetterau gibt es noch 835 aktive Bauernhöfe, meldet die Kreisverwaltung. Diese Betriebe mit Größen ab fünf Hektar bieten noch 1500 Arbeitsplätze. Im Durchschnitt hat ein Wetterauer Hof 69,5 Hektar Land.

Die Umwelt schonende Landwirtschaft nach Öko-Kriterien ist in der Wetterau weniger verbreitet als in anderen hessischen Kreisen.

Von den 835 Betrieben sind 72 nach Bio-Richtlinien bewirtschaftet. Sie beackern und beweiden rund acht Prozent der Flächen. Hessenweit wird mehr nach Öko-Kriterien bearbeitet – rund 15 Prozent der Flächen. In der Wetterau gab es 2015 erst 40 Biohöfe, meldet die Geschäftsstelle der Ökomodellregion Wetterau, die sich um eine Ausweitung der Bio-Landwirtschaft bemüht.

Der Kreis werde „auch in Zukunft als kompetente Beratungs- und Anlaufstelle fungieren“, sagt Landrat Jan Weckler (CDU). „Nicht zuletzt, um wichtige Fördermittel für die Betriebe in die Wetterau zu holen.“ Die sind beträchtlich. Ein großer Biobetrieb wie der des früheren Konradsdorf-Pächters kann jährlich mehr als 70 000 Euro als Prämie für den Öko-Landbau von der EU einstreichen. Wie viel Zuschüsse jeder einzelne Bauer vom EU-Fonds für Landwirtschaft bekommt, meldet die amtliche Webseite www.fischerei-agrar-zahlungen.de.

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