Hessen und Highlander
Von Bruno Rieb
Das Städtchen Schotten im Vogelsberg ist eine Gründung iroschottischer Mönche. In Schotten erforscht der Musiker und Geschichte-Erzähler Christian Tewordt alias Quest die gemeinsame Geschichte von Hessen und Schotten, die eine recht blutige war. Darüber hat er ein Buch mit CD verfasst „Hessen & Highlander 1746“. Am 11. September 2022 wird es in Schotten vorgestellt – mit Musik, Lesungen und Vorführungen.Christian Tewordt erzählt die Geschichte der 5100 an Großbritannien vermieteten hessischen Soldaten, die 1746 in Schottland gegen die aufständischen Jakobiten kämpften. Ihr Kommandant war Prinz Friedrich von Hessen-Kassel. In der Schlacht bei Culloden am 16. April 1746 besiegten die Briten die Jakobiten. Die Sieger waren grausam und schlachteten alle verwundeten Jakobiten ab. Die Hessen hatten sich aus der Schlacht herausgehalten. „Bei einigen von uns Highland-Jakobiten sprach sich herum, dass man dem Gemetzel entkommen könnte, wenn man es lebend bis zu den Lagern der Hessen schafft und sich dort ergeben würde, bevor die Briten einen schnappten. Denn tatsächlich behandeln Eure Leute die gefangenen Jakobiten wie reguläre Kriegsgefangene“, berichtet Tewordt. James Francis Edward Stuart war König Jakob III von England und VIII von Schottland. Seine Anhänger nannte man Jakobiten. Sein Sohn Prinz Charles Edward Stewart löste den Aufstand der Jakobiten aus.
Ein Schotte in Schotten
Tewordt schlüpft als Erzähler in die Rolle das Ailan „Balgair“ Christean Stiubhard alias Captain Quest. Der ist ein „politischer Geheimagent für die Interessen Frankreichs und des im Exil sitzenden schottisch-englischen Königshauses der Stuarts“. Captain Quest erzählt den hessischen Soldaten, die im Lazarett in Perth zurückbleiben mussten, was sich ereignet hat. Das ist die Rahmenhandlung des Buches. Captain Quest kommt als Geheimagent auch nach Schotten: „Ich folgte der Nidda flussaufwärts, um den Vogelsberg in Richtung Lauterbach zu übersteigen. Da warf sich mir nach einigen Meilen ein unüberwindliches Hindernis in den Weg – ‚unüberwindbar‘, weil einfach zu attraktiv für einen Schotten fern der Heimat: eine Stadt namens Schotten!“ Es gefiel ihm dort: „Mein Status als Fremder, der mir so oft Schwierigkeiten bereitet hatte, erwies sich hier als Glücksfall: ein Schotte in Schotten, das brachte Vorteile, nicht zuletzt bei den zahlreichen schönen Frauen.“
Tewordt erzählt die Geschichte der hessischen Söldner spannend und mit Witz abseits jeder trockenen wissenschaftlichen Abhandlung. „Ich hege die Hoffnung, mit dieser ziemlich lockeren Form des ‚Geschichte-Erzählens‘ eine Freude an Geschichte zu wecken, bei Erwachsenen wie bei Jugendlichen’“, schreibt er im Prolog. Er betont auch: „Alle historichen Ereignisse haben sich ereignet wie beschrieben und alle historischen Personen haben gehandelt wie beschrieben – selbstverständlich mit Ausnahme des Ich-Erzählers, der zu hundert Prozent frei erfunden ist und somit auch seine Ansprüche, für tatsächliche historische Ereignisse verantwortlich zu sein, auf aus den schreibenden Fingern gesaugter künstlerischer Freiheit beruhen.“
Vertonte Geschichte
Mit seiner Band „Rebel’s Menuet“ hat Tewordt die Geschichte der Hessen in den Highlands vertont. Die Musik liegt auf CD bei und untermalt die Geschichte beeindruckend. „Rebel’s Menut“ sind vor allem Tewordt und seine Duo-Partnerin Johanna Wildhacker. Auf Highland-Pipes, allerlei Flöten, Violine und vielen anderen Instrumenten vertonen sie auf knapp 50 Minuten den Feldzug der hessischen Söldnerarmee in den Highlands. Was ein Booklet zur CD werden sollte, wurde ein Buch mit CD.
Er habe die Geschichte „noch einmal ausführlich in Buchform“ aufgeschrieben, „ohne Respekt vor vermeintlichen Helden, aber mit jedem Respekt vor dem aktuellen Forschungsstand der Geschichtswissenschaft“, versichert Tewordt.
Das Buch wird am Sonntag, 11. September 2022, im alten Rathaus, Marktplatz 1, in Schotten vorgestellt. Das Rahmenprogramm beginnt um 14.30 Uhr, die Präsentation von Buch und CD um 15.30 Uhr. „Rebel’s Menuet“ wird einige Stücke von der CD spielen und Auszüge aus dem Buch werden szenisch vorgetragen. Dabei werden Mitglieder der Organisation für lebendige Geschichte „Jacobite History“ auf musealem Niveau schottische Highlander der Zeit um 1745 verkörpern. Ihre originalgetreu gefertigte Kleidung, Ausrüstung und Bewaffnung wird erläutert und vorgeführt. Außerdem wird die Rekonstruktion der historischen „Pastoral Bagpipe“ vorgestellt, eine in Vergessenheit geratene Salon-Sackpfeife des 18. Jahrhunderts.
Das Buch mit CD wird leider auf nicht absehbare Zeit die einzige Möglichkeit bleiben, Geschichte und Musik von „Hessen & Highländer 1746“ zu erfahren. Tewordt ist am Ramsay-Hunt Syndrom erkrankt, eine Nervenschädigung, die es ihm unmöglich macht, seine Hauptinstrumente Querflöte und mundgeblasene Dudelsäcke zu spielen und vor größerem Publikum laut zu sprechen
Christian „Quest“ Tewordt: „Hessen & Highlander 1746“, Verlag Frank Liebe, 160 Seiten, Leinen, ISBN 978-3-948682-28-6, 20 Euro.