Inklusion in Uganda

Auf Spenden angewiesen

Wie es Menschen mit Behinderung in Uganda ergeht, erfuhren Magnus Schneider und Harald Kolmar im Februar 2020 während einer Reise in das Land. Uganda zählt zu den ärmsten Ländern der Erde. Magnus Schneider war bis 2018 Vorstand der Lebenshilfe Gießen und ist jetzt Geschäftsführer der Sophie-Scholl-Schulen gGmbH und der proliberi gGmbH. Harald Kolmar ist Vorsitzender von EIKOS e.V., Verein für Entwicklung, Inklusion und Kommunikation mit Ost und Süd. Was die beiden sie dort erlebten und bewirkten, schildert Christian Nemeth, der für die Pressearbeit bei der Lebenshilfe Gießen zuständig ist, in der folgenden Reportage.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit

Für zehn Tage machten sich Schneider und Kolmar ein Bild von der prekären Situation von Menschen mit Behinderung vor Ort, aber auch von der wichtigen Arbeit von „Inclusion Uganda“ (IU). Die Nichtregierungs-Organisation, die mit EIKOS und der Lebenshilfe partnerschaftlich zusammenarbeitet, bemüht sich in dem ostafrikanischen Staat um bessere Lebensverhältnisse von Personen mit einer sogenannten geistigen Behinderung und ihren Familien. Für die beiden war dies – nach 2017 – der bereits zweite Uganda-Besuch. „Sowohl in der Stadt, aber besonders auch in den ländlichen Bezirken, machten uns die Lebens- und Entwicklungsbedingungen für Menschen mit Behinderungen und ihre Familien erneut sehr betroffen“, schildert der bei Marburg lebende Harald Kolmar seine Eindrücke. Magnus Schneider stimmt zu: „Uns wurde erneut vor Augen geführt, wie wichtig externe Hilfe für dieses Land ist. Mehr als ein Drittel der insgesamt 42 Millionen Landeseinwohner leben unter der Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar pro Tag. Vor allem Menschen mit Behinderung trifft diese Situation hart.“

Die Inklusion Behinderter Menschen ist in Uganda schwierig. Es ist eines der ärmsten Länder der Erde.

Viele Eltern in Uganda sind Analphabeten

Insbesondere im ländlichen Raum sei die Lage sehr schwierig – zudem bestehe ein Großteil der dortigen Eltern aus Analphabeten und sei entsprechend nur schlecht über Förderformen für sich und ihre Kinder mit Behinderung informiert. „Wenn sie sich dennoch für ihre Kinder einsetzen, bleiben sie dabei weitestgehend allein und tragen häufig ihre schwerbehinderten, oftmals auch älteren Kinder nicht nur symbolisch über der Schulter. Weiterhin sind sowohl in der Stadt als auch besonders auf dem Land die Wohn-, Schlaf- und Ernährungsmöglichkeiten für alle Beteiligten weitgehend als katastrophal und unzureichend zu bezeichnen“, berichtet Harald Kolmar.

Um die Not von Menschen mit Behinderung und betroffenen Familien zu lindern, gründete sich vor über 35 Jahren die Selbsthilfeorganisation „Inclusion Uganda“ und agiert seither in der Hauptstadt Kampala, aber auch in verschiedenen ländlichen Regionen Ugandas. Die IU-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter sind weitestgehend ehrenamtlich tätig und generell eine von nur sehr wenigen Strukturen des Landes, die sich um die Belange von Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung kümmern.

Keine regelmäßige Hilfe vom Staat

Regelmäßige staatliche Finanzhilfen erhält „Inclusion Uganda“ indes nicht, was letztendlich dazu führt, dass nur einem Bruchteil der Personen, die Hilfe benötigen, geholfen werden kann. Um die eigene Arbeit aufrecht zu erhalten, ist man regelmäßig auf Spenden aus der Bevölkerung, von wohlwollenden Unternehmen oder von zivilgesellschaftlichen Organisationen angewiesen. „Die Aktivitäten von Inclusion Uganda erreichen bisher regelmäßig einige hundert Menschen mit Behinderungen und ihre Familien, sowohl in der Stadt als auch in den Dörfern und Gemeinden auf dem Land, die teilweise wegen schlechter Straßenverhältnisse schwer zu erreichen sind. Das gilt insbesondere in den Regenzeiten“, erklärt Harald Kolmar. Die Lebenshilfe Gießen und der im Ebsdorfergrund (Landkreis Marburg-Biedenkopf) ansässige Verein EIKOS engagieren sich bereits seit einigen Jahren für die Arbeit von „Inclusion Uganda“, schickten etwa 2016 und 2017 notwendige Ausrüstung in das Land, halfen ferner bei der Anschaffung eines geländegängigen Fahrzeugs – insbesondere mit den Mitteln des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) – sowie beim Ausbau kleinerer Förderzentren in Kampala.

„Inklusion Uganda“ will die Situation Behinderter Menschen in dem armen Land verbessern.
Selbsthilfegruppen in der Landwirtschaft

Im Rahmen eines neuen Vorhabens, das nun abschließend von Magnus Schneider und Harald Kolmar mit „Inclusion Uganda“ geplant werden konnte, sollen fortan in Distrikten des Landes – bis zu 300 Kilometer von Kampala entfernt – 200 bis 300 Menschen mit Behinderung und ihre Familien in ihrem unmittelbaren Lebens- und Wohnumfeld unterstützt werden. Darüber hinaus wird angestrebt, dass bis zu 60 Familien in sogenannten Selbsthilfegruppen zusammenarbeiten und sich vor allem im landwirtschaftlichen Bereich – bei der Schweine- oder Hühnerhaltung, beim Gemüse- oder beispielsweise Reisanbau – ein gewisses Grundeinkommen erwirtschaften können. Hierzu werden nun geringe Geldmittel als Kleinkredite in die selbstverwalteten Gruppen gegeben. Der Ansatz für dieses Vorgehen nennt sich „Gemeindenahe Rehabilitation“. Dabei wird in den Dörfern und Gemeinden mit der lokalen Bevölkerung, den Familien, Freiwilligen, aber auch vorhandenen Fachleuten und der ortsansässigen Verwaltung zusammengearbeitet. In einem Distrikt mit besonders hoher Armut und wenig Einkommensmöglichkeiten entsteht weiterhin ein Beratungszentrum, welches später auch für andere Gemeinden als Modell dienen soll. „All dies geschieht unter der Prämisse, dass diese Arbeits- und Förderansätze sich nach der Projektlaufzeit von nur einem Jahr nachhaltig und selbsttragend weiterentwickeln. Für diese Arbeit sind Lebenshilfe und EIKOS wiederum auf die finanzielle Hilfe durch das BMZ angewiesen, müssen jedoch wie schon vorher gewisse Eigenmittel aufbringen. An diesem Punkt freuen wir uns über jede Form der Unterstützung, auch aus Deutschland“, sagt Magnus Schneider und ergänzt: „Ein Grund, weshalb wir uns in diesem Land engagieren, ist der Umstand, dass wir hier eine sehr aktive Selbsthilfeorganisation als Partner haben. Das ist eine wichtige Voraussetzung. Zudem zählt Uganda zu den sogenannten Entwicklungsländern, in denen weltweit der größte Anteil von Menschen mit Behinderungen lebt, der kaum Förderung und Unterstützung erhält.“

Wer sich für weitere Informationen über die internationale Arbeit von EIKOS e.V. oder der Lebenshilfe Gießen interessiert oder diese Tätigkeit unterstützen möchte, wendet sich an Harald Kolmar unter der E-Mail-Adresse hj.kolmar@lebenshilfe-giessen.de/ Telefon: 0172-6788500).

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