Es kann bald losgehen
Bis zu 1540 Menschen müssen ab Januar 2021 im Wetteraukreis jedenTag geimpft werden, wenn die Bevölkerung ab dem Sommer weitgehend immun gegen das Coronavirus sein soll. Etwa tausend Impfungen kann das neue Impfzentrum am Rande von Büdingen leisten, sobald der Betrieb losgeht. Das Gesundheitsamt hat vorab einen Rundgang möglich gemacht.Tausende werden in die Industriestraße pilgern
Drei Wochen lang rotierten Katastrophenschützer und Verwaltungsleute um den früheren Obi-Baumarkt an der Büdinger Industriestraße für die größte Massenimpfung der Geschichte herzurichten. Der Aufbau hat gut geklappt, meinten Landrat Jan Weckler und die Wetterauer Gesundheitsdezernentin Stephanie Becker-Bösch beim Ortstermin im Gewerbegebiet am äußersten Stadtrand in Richtung Gelnhausen.
Die Aufgabe ist gigantisch, sagt der Wetterauer Amtsarzt Reinhold Merbs. Das Virus wird besiegt, wenn sich mindestens 60 Prozent der Wetterauer dagegen impfen lassen. Das sind dann 180 000 Impfungen, die nach Vorgabe des Landrats bis zum kommenden Sommer erledigt sein sollen. Eigentlich sogar 360 000 Impfungen, denn drei Wochen nach der Erst-Impfung ist ein weiterer Stich in den Oberarmmuskel angesagt.
Mobile Teams fahren zuerst zum Klinikpersonal
Sobald der Impfstoff da ist, will Amtsarzt Merbs mit drei mobilen Teams zuerst das Personal der Kliniken aufsuchen und in „Kohorten“ durchimpfen. In die Pflege- und Altenheime werde man erst später kommen, weil dort zu viele Menschen aktuell schon infiziert seien, sagt Merbs. Ab Januar komme das jeweils vierköpfige Impfteam auch zu jenen Wetterauern nach Hause, die nicht mobil sind und wegen ihres Alters oder wegen Vorerkrankungen zur gefährdetsten Gruppe gehören. Den Weg zu ihnen findet das Gesundheitsamt aber nur durch einen Kontakt mit dem jeweiligen Hausarzt.
Im Büdinger Impfzentrum sollen zuerst alte Menschen ab 80 Jahren geimpft werden. Das Gesundheitsamt weiß noch nicht genau, wie die Termine gemacht werden. Bisher gab es die Ansage, dass die Betroffenen vom Land oder Bund informiert werden und per Post einen Impfcode bekommen sollen, den sie am Eingangsschalter vorzeigen müssen. Vermutlich werde auch ein Callcenter bei der Terminvereinbarung helfen, hieß es beim Ortstermin an der Industriestraße. Inzwischen kam die Nachricht, dass sich Impfwillige nach öffentlicher Freigabe der jeweiligen Alterskohorte selbst zur Impfung unter der Telefonnummer 116117 melden müssen.
Für den Betrieb des Impfzentrums braucht der Wetteraukreis zum Stichtag 28. Dezember 2020 rund 500 Ärzte, medizinisches Fachpersonal, Verwaltungsleute und Ordner. Gesucht würden noch Mediziner, sagt Landrat Jan Weckler. Jeweils etwa 40 bis 50 Menschen sollen das Impfzentrum ab Januar sieben Tage in der Woche von sieben Uhr früh bis nachts um 22 Uhr in Betrieb halten. Die Dienstplangestaltung wird nicht leicht, schwant dem Amtsarzt. Denn die meisten Mediziner haben nur bestimmte Zeitfenster für das Impfzentrum zur Verfügung. Weil sie alle weiter in ihren regulären Jobs arbeiten. Mehr als die Hälfte des Personals stellt der Frankfurter Arbeitsvermittler Wisag ins Impfzentrum. Schon jetzt sichert eine Ordner-Truppe das teils umzäunte Areal des Ex-Baumarktes.
So soll die Impfung ablaufen
Wo früher die Pflanzenabteilung von Obi war, werden ab Januar bis zu tausend Menschen aus der Wetterau auf ihre Impfung warten. In der verglasten, von überall einsehbaren und gut geheizten Halle sollen sie nach dem Eingangs-Check an Stehtischen und auf Stühlen auf das Impfen warten.
Hinter einem breiten Durchgang gibt es zwei weitere Schalter. Dort bekommen die Impflinge die Einweisung in eine der sechs parallelen „Impfstraßen“. Sie bestehen jeweils aus weißen Stellwänden hinter denen zunächst ein Arzt oder eine Ärztin mit dem Impfling spricht. Danach geht es in einen „Puffer-Raum“, in dem man zum Beispiel den Mantel auszieht. Es folgen pro Impfstraße vier Impfkammern. Wer den Stich hinter sich hat, landet schließlich im hinteren Teil der Halle auf einem der etwa 50 weißen, weit voneinander stehenden Plastikstühlen. Hier muss man eine halbe Stunde warten – für den Fall, dass die Impfung irgendeine akute Komplikation mit sich bringt. Am Rande der Halle geht es schließlich durch den Checkout-Schalter hinaus und wieder nach Hause.
Nicht für das Publikum, aber für das Personal ist eine weitere, dahinter liegende Halle wichtig. Sie enthält Verpflegungs- und Pausenzonen und die Zentrums-Apotheke. Dort stehen schon sechs mannshohe Kühlschränke mit gläsernen Türen. Von Hinereingang aus soll täglich der Impfstoff angeliefert werden. In der Apotheke müssen die Pharmazeuten ein Pulver mit einer Lösung versetzen und auf die „Mikrotintierspitzen“ aufziehen. Diese speziellen Spritzen stellen sicher, dass jeder Impfling die komplette Impfdosis in den Oberarm injiziert bekommt. Für alle Fälle steht auf dem Hinterhof noch ein Stromaggregat des Katastrophenschutzes, damit der Impfstoff in den Schränken auch bei einem längeren Stromausfall kühl bleibt.