Friedberger Kaiserstraße

Die Straße als Platz

Von Bruno Rieb

Friedberg hat eine markante Straße, die Aushängeschild und Problem zugleich ist: Die Friedberger wissen noch nicht so recht, wie sie ihren Boulevard gestalten wollen. Helfen kann ihnen das Buch „Die Friedberger Kaiserstraße – Vom mittelalterlichen Markt zur modernen Einkaufsmeile“.

Auf dem Weg zur modernen Einkaufsmeile

Das Buch basiert auf einer Ausstellung im Friedberger Wetterau-Museum. Nachdem die B3a als Umgehungsstraße gebaut war, war die Kaiserstraße vom Durchgangsverkehr befreit. Über eine Neugestaltung des Boulevards wurde nun fleißig diskutiert. Mit der Ausstellung „Die Friedberger Kaiserstraße“ wollte das Museum die Diskussion um den historischen Hintergrund der Straße bereichern, sagte Museumsleiter Johannes Kögler bei der Buchvorstellung. Im Februar 2012 wurde die Ausstellung eröffnet. Sie sollte acht Monate zu sehen sein. Daraus wurden sechs Jahre. So ergeht der Kaiserstraßen-Planung: sie dauert und dauert und dauert.

„Nach der Einweihung der B3 als Umgehungsstraße im Jahr 2009 und dem Wegfall der Funktion als Bundesstraße wurde eine grundlegende Neugestaltung des 700 Meter langen historischen Abschnitts von der Ockstädter Straße bis zur Burg möglich“, schreibt Bürgermeister Dirk Antkowiak in seinem Vorwort zum Buch. Es schien schnell zu gehen. Der Elvis-Presley-Platz zwischen Haagstraße und Wolfengasse wurde rasch zum großzügigen Gelände für Veranstaltungen und Wochenmärkte gestaltet. Ende November 2014 war er umgebaut. Das war‘s dann aber auch in Sachen Kaiserstraßen-Umgestaltung. Antkowiak: „Bei diesem ersten Abschnitt ist es bis heute geblieben. Als zweiter und dritter Abschnitt steht die Neugestaltung der Bereiche nach Süden bis zur Ockstädter Straße sowie nach Norden bis zum Burgtor an. Über Reihenfolge und Zeithorizont kann heute nichts gesagt werden, da diese der politischen Willensbildung unterliegen.“

Von der Breiten Straße zum großen Parkplatz

Der politische Wille bildet sich bei der Kaiserstraßen-Gestaltung nur langsam – und ist er einmal da, kann er schnell wieder verworfen werden. Welchen Raum die Autos künftig haben sollen, ist umstritten. Derzeit ist die Straße noch ein großer Parkplatz.

„Breite Straße“ hieß die Kaiserstraße als sie im Mittelalter als Markt- und Messestraße fungierte. „Mit einer Breite von 45 Metern besitzt sie als Ganzes die Qualität eines großen Platzes“, schreibt Antkowiak in seinem Vorwort. Dieser Vorzug kommt heute nur noch zur Geltung, wenn die Straße bei Veranstaltungen wie „Friedberg spielt“ für den Autoverkehr gesperrt ist. Im Buch ist der Wandel von der breiten Straße zum Parkplatz deutlich zu sehen, wenn historischen Fotos aktuelle gegenübergestellt sind.

Das Kapitel „Die Kaiserstraße als Ort städtischen Lebens“ zeigt ausschließlich Fotos von Festen auf der autofreien Kaiserstraße.

Das Buch über die Kaiserstraße ist auch eine Geschichte der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt seit ihrer Gründung um 1180. Im 13. Jahrhundert etablierte sich Friedberg als regionale Markt- und Messestadt und kam zu einigem Wohlstand. Ihr breite Straße prägte das Stadtbild. Sie folgte dem Verlauf einer Straße, die die Römer bereits im 1. und 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung angelegt hatten. Zum Handelszentrum wurde Friedberg, weil es an mehreren Handelswegen lag, vor allem an der Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig, deren Verlauf später mit Teilen der B3 identisch war.

Spannend ist das Kapitel über die Keller unter der Kaiserstraße. Sie haben keine Verbindung zu den heutigen Häusern und liegen tief unter der Straße. Vielleicht waren sie Lagerräume, vielleicht auch nur Erdlöcher, die durch Lehmabbau entstanden waren.1931/32 und 1969/70 wurden sie untersucht, weil Absenkungen oder Einstürze befürchtet wurden. Ab 1973 wurden die Keller verfüllt. Es sind aber nicht alle Keller gefunden und dokumentiert worden, „das zeigt auch der Einsturz des Hauses Nr. 70 am 12. Februar 2000“, heißt es in dem Buch.

Zwei jeweils 1,83 Meter lange Leporellos sind die Glanzstücke des Buches. Die 28 Zentimeter hohen Faltblätter zeigen jeweils die Häuserzeilen einer Kaiserstraßenseite im Wandel der Zeit, das eine die Ost-, das andere die Westseite. Oben sind Fotos der Gebäude aus dem Jahr 2012 von Rainer Strack zu sehen, darunter Zeichnungen der Häuser aus dem Jahr 1966 von Otto Franz Kutscher, darunter Fotos aus dem Jahr 1965 von Werner Scholz und darunter schließlich Fotos aus dem Jahr 1947 von Dr. Trapp.

„Die Friedberger Kaiserstraße – Vom mittelalterlichen Markt zur modernen Einkaufsmeile. Dokumentation der Ausstellung 2012-2018 im Wetterau-Museum Friedberg (Hessen)“. Herausgegeben von Johannes Kögler im Auftrag der Wetterauer Museumsgesellschaft. Verlag der Buchhandlung Bindernagel, Format 24 x 28 Zentimeter, 48 Seiten plus zwei 16-seitigen Leporellos. Auflage: 1000 Exemplare. ISBN 978-3-87076-124-0. Preis: 20 Euro. Das Buch ist ab dem 12. September 2020 im Handel.

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