Erneuerbare Energien

Der harte Kampf um Marktanteile

windrad1von Anton J. Seib

Erneuerbare Energien sollen ihren besonderen Status verlieren – und nicht mehr subventioniert werden. Ab 2017 müssen Windparks ausgeschrieben werden. Die kleinen Unternehmen zittern, die großen hoffen auf den großen Reibach.

Das Aus für kleine Marktakteure

Die harte Auseinandersetzung um den Windpark am Winterstein ist nicht mit politischen Animositäten allein zu erklären. Auch nicht der unbedingte Willen der Projektierer den Windpark Hinterfeld im Rockenberger Ortsteil Oppershofen durchzusetzen. Und auch die Auseinandersetzung um den Windpark im Butzbacher Stadtteil Bodenrod und ein mögliches Bürgerbegehren zu dessen Verhinderung hat einen Hintergrund: Ab 2017, so will es die Bundesregierung, müssen Windparks ausgeschrieben werden. Und das, so sagen Brancheninsider, bedeutet das Aus für kleine Markt-Akteure. „Man sollte keine Märchen erzählen. Wir werden bald keine kleinen Akteure mehr im Geschäft mit Windparks sehen. Gesellschaften mit wenigen Projekten bieten uns und anderen großen Unternehmen schon ihre Projekte an.“ Das sagte Klaus Meier, Chef der wpd AG jüngst auf einer Podiumsdiskussion in Bremen.

Bislang gibt es festgeschrieben Fördersätze für Erneuerbare Energien, um den angestrebten Anteil an grünem Strom zu erhöhen. Künftig sollen aber Ausschreibungen den Markt regeln. Bei einem Ausschreibungsmodell werden die Kapizitäten von Erneuerbaren Energien, die jährlich zugebaut werden sollen, festgelegt und über Auktionen versteigert. Durch den Wettbewerb, so die Hoffnung der EU und der Bundesregierung, sollen die Kosten für die Energiewende reduziert werden.

Große Player haben genügend Kapital

Klingt vernünftig, hat aber Haken. Denn es gibt auch nach einer Auktion keine Garantie für den tatsächlichen Bau. Das zeigt die Erfahrung in Engöland. Dort wurden nur knapp ein Drittel der Onshore-Windenergieanlagen gebaut, die bei Ausschreibungen den Zuschlag erhielten, so die Zahlen der Windwärts Energie GmbH. Um so etwas zu verhindern, müssten aufwendige Vorprüfverfahren über die Seriosität der Bieter erfolgen, aber auch komplizierte Strafgebühren eingeführt werden, für Firmen, die trotz Zuschlags Projekte nicht umsetzen – so genannte Pönale.

Eines aber zeichnet sich ab, egal wie die Ausschreibungsverfahren im einzelnen ausgestaltet werden: Die kleinen Wettbewerber auf dem Markt der Erneuerbaren Energien werden hinten runter fallen. Große Player wie die wpd AG haben genügend Kapital, um bei Ausschreibungen mal den Kürzeren zu ziehen. Sie können über Rabbatte bei Herstellerfirmen ganz anders verhandeln als eine kleine Bürgergenossenschaft. Finanzielle Risiken in Millionenhöhe könnten sich dann nur noch finanzstarke Unternehmen leisten. Ab 2017 also werden Bürgerwindparks, Anlagen von kleineren Stadtwerken oder regionaler Projektierer kaum noch eine Chance haben. Die Folge: Die Wertschöpfung, die über solche Modelle lokal und regional gebunden werden könnte, fließt ab zu großen Unternehmen mit anonymen Anlegern. Damit, so Kritiker, ist die Idee der dezentralen Energiewende tot.

Und billiger würde der Strom dadurch nicht, mahnen Kritiker. „Mehr Wettbewerb ist gut, aber die Risiken, die die Politik einbaut, werden in die Finanzierung eingepreist. Und dadurch werden die Kosten für Windenergieleistung nicht sinken“, mahnt Holger Meents, Abteilungsdirektor der Bremer Landesbank, im Branchenmagazin für Erneuerbare Energien „Wind & Wärme“.

Umbruch in der jungen Branche

Angesichts des Umbruchs der jungen Branche läuft den kleinen Projektierern, den Bürgerwindparks, den Stadtwerken die Zeit davon. Denn alles was bis Silvester 2016 ans Netz geht, profitiert von den geltenden Einspeisevergütungen. Die sind zwar längst nicht mehr so lukrativ wie vor einigen Jahren, aber immer noch auskömmlicher als der Gang auf einen Markt, dessen Risiken kaum abschätzbar sind. Und da zählt ein regionaler Branchenprimus wie die der regionale Energieversorger Ovag mit seinem Ableger Hessen Energie plötzlich nur noch zu den Kleinen.

Und diese Entwicklung kommt ausgerechnet in einer Phase, in der die alternativen Energien sich großer Zustimmung in der Bevölkerung erfreuen. Nach einer Studie der „Agentur für Erneuerbare Energien“ vom Oktober 2014 unterstützen 92 Prozent der Deutschen den Ausbau alternativer Kraftwerke. Sie könnten Energieimporte senken, den Klimaschutz fördern und zu einer sicheren Zukunft nachfolgender Generationen beitragen. Und die Umfragezahlen zeigen ganz deutlich: Je dezentraler die Technologie, desto besser die Akzeptanz vor Ort.

Hier das Ergebnis der Studie der „Agentur für Erneuerbare Energien“:

„Besonders beliebt sind Solarparks – 72 Prozent der Befragten finden diese Anlagen in ihrer Nachbarschaft sehr gut bzw. gut. Im Gegensatz dazu ist die Akzeptanz gegenüber fossilen und atomaren Kraftwerken deutlich geringer.

Die aktuelle Umfrage bestätigt erneut den Trend der Vorjahre: Haben die Befragten bereits Vorerfahrungen mit entsprechenden Erneuerbaren-Energien-Anlagen in ihrer Nachbarschaft gemacht, steigt die Akzeptanz sogar noch – bei den Solarparks beispielsweise auf 83 Prozent. Die gleiche Beobachtung lässt sich auch bei anderen Erzeugungsanlagen machen, etwa bei Biomasse- und Windkraftanlagen.

Bei Windkraftanlagen steigt die Zahl der Befürworter von 61 Prozent auf 74 Prozent – wenn Vorerfahrungen vorliegen.“

Die Umfragezahlen zeigen ganz deutlich: Je dezentraler die Technologie, desto besser die Akzeptanz vor Ort. Wenn ab 2016 solche dezentralen Projekte den Interessen der Global Playern wie Eon, Vattenfall und Konsorten geopfert werden, könnte diese Akzeptanz schnell schwinden.

Die Akzeptanzumfrage der Agentur für Erneuerbare Energien als pdf-Datei

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