Bad Vilbel

Großbaustelle mit Schlammgraben

Von Klaus Nissen

Bechtram bekäme große Augen, wenn er sähe, was gerade mit seiner alten Wasserburg in Bad Vilbel passiert. 623 Jahre nach der Hinrichtung des Raubritters ist sein Krähwinkel eine der bedeutendsten Festspielstätten in ganz Hessen. Sie wird nun mit Millionenaufwand erneuert. Intendant Claus-Günther Kunzmann nannte vor dem Kulturausschuss Details zur Entschlammung des Wassergrabens und zum Bau des neuen Theaterdaches.

Wasserburg Bad Vilbel wird saniert

Gleich nach der letzten Aufführung der Burgfestspiele stiegen im September 2022 die Bauarbeiter in die Gummistiefel. Sie verriegelten den Kanal zur Nidda und pumpten das Wasser aus Bechtrams Burggraben im heutigen Kurpark. Sichtbar wurde jede Menge Modder.

Schwere Maschinen röhren gerade im trockengelegten Graben der Wasserburg. Sie mischen Kalk in den Schlamm, um ihn chemisch zu stabilisieren. Repro: Nissen.

Gut tausend Kubikmeter Schlamm und eine Menge alter Mineralwasserflaschen kamen zutage. Anno 1895 hatte der damalige Besitzer der Burgruine den Graben zuschütten lassen, weil er als feuchtes Mückenloch die Gesundheit der Anwohner gefährdete. Erst in den Sechzigerjahren, kurz nach dem Kauf der Burg durch die Stadt, wurde der Graben neu angelegt. Seitdem sammelten sich darin wieder die Sedimente.

Der Schlamm bleibt im Graben

Der Schlamm wird aber nicht entsorgt, berichtete der Sanierer und Kulturamtsleiter Kunzmann den Ausschuss-Mitgliedern. Er hätte nämlich die Straßen verschmutzt und müsste als Sondermüll für viel Geld deponiert werden. Stattdessen rühren schwere Maschinen eine Menge Kalk im Modder, um ihn chemisch zu stabilisieren. Kunzmann: „Wir haben auch entschieden, ihn permanent zu belüften.“

Andere Maschinen befestigen gerade die Ränder des Burggrabens. Sie waren laut Kunzmann instabil geworden, weil die Wurzeln der vor 15 Jahren gefällten Bäume inzwischen verrottet sind. Außerdem haben die Wohnhöhlen von Wühlmäusen und Nutrias die feuchte Erde durchlöchert und gelockert.

Die Vilbeler Wasserburg auf einer Fotografie aus dem Jahre 1910. Der einstige Raubritter-Stützpunkt war 1796 durch französische Soldaten zerstört worden. In der Ruine wucherte danach Gebüsch. Den Burggraben hatte man 1895 zuschüttet – er wurde erst in den 1960er Jahren wieder angelegt. Repro: Nissen

Das wird ihnen nun unmöglich gemacht. Die Bauarbeiter stapeln gerade Steinwalzen an die freigeschaufelten Ufer des Burggrabens. Von oben werden sie mit Vliesmatten und Erde bedeckt. Das alles wird die Erosion des Grabens in den nächsten Jahrzehnten verlangsamen, glauben die Bauherren in der Stadtverwaltung. Bis Jahresende soll der Graben fertig saniert sein.

Unter dem Boden fand man alte Mauern

Parallel dazu läuft die Sanierung der bis zu 800 Jahre alten Burgmauern. Eine Spezialfirma entfernt Stütz-Mörtel aus dem 20. Jahrhundert und stabilisiert die Bruchsteine mit frischen Mörtelmischungen. Unter den Augen eines Bauhistorikers und einer Archäologin wurden Stichgräben gezogen. An mehreren Stellen fand man einen Meter unter dem heutigen Bodenniveau der Wasserburg Mauerreste, die bisher unbekannt waren. Sie werden nun untersucht, um ihre einstige Funktion herauszufinden.

Ebenfalls parallel zur Graben- und Mauersanierung läuft der Abbau des Bühnendachs über dem Burghof. Die Betriebserlaubnis der bisherigen Metallkonstruktion ist abgelaufen, so der Festspiel-Intendant Claus-Günther Kunzmann. Das ab Jahresbeginn zu montierende neue Theaterdach wird nicht mehr an die Burgmauern geschraubt. Es soll komplett auf sechs schlanken Betonsäulen ruhen, deren Fundamente gerade bis zu 13 Meter tief in den feuchten Boden des Niddagrundes eingebohrt werden.

Die Zeichnung zeigt das künftige Bühnendach über dem Burghof. Es wird im ersten Quartal des nächsten Jahres montiert. Die Metallkonstruktion ist nicht mehr mit der Burgmauer verbunden. Sie wird auf Betonsäulen ruhen. Repro: Nissen

Für all diese Maßnahmen seien allerlei wasser-, bau- und denkmalrechtliche Anträge zu stellen, berichtete Kunzmann vor dem Ausschuss. Die große Festspielbühne ist bereits demontiert. Darunter kam die urprüngliche, aus Steinen gemauerte Naturbühne zum Vorschein. Anfang 2023 werden hier nicht wieder die bisherigen Scherenpodeste aufgesetzt, sondern eine neue, durchgängige Konstruktion aus Holz in Metallrahmen.

Ende März 2023 muss alles fertig sein

Das neue Theaterdach wird ab Januar ebenfalls in Trapezform über den Burghof montiert. Das Dach wird sich ein wenig in Richtung der Zuschauertribüne neigen und eine Drainage bekommen, die das Publikum vor der Berieselung schützt. Das Prasseln von Regentropfen soll durch eine Dämmschicht unter dem Blechdach gemindert werden.

„Bis Ende März werden wir mit allem fertig sein“, glaubt der Burgfestspiel-Intendant. „Nur ein sehr strenger Winter könnte uns noch auf die Füße fallen.“ Das Budget für die gesamte Burgsanierung liegt bei 1,8 Millionen Euro. Davon kommen 400 000 Euro aus dem Etat des Landes Hessen. „Ich halte die Luft an, dass es nicht zu einer großen Kostensteigerung kommt.“ Die beteiligten Firmen seien sehr engagiert dabei, die Verträge einzuhalten und den Start der nächsten Burgfestspiel-Saison nicht zu gefährden.

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