Infektion mit dem Erreger bestätigt
Nach dem Ausbruch der Geflügelpest in Hungen-Utphe, über die auch der „Landbote“ berichtete, müssen alle Haltungen in angrenzenden Gebieten strikte Vorkehrungen gegen eine mögliche weitere Ausbreitung der Tierseuche treffen. Dies regelt eine Allgemeinverfügung, die das Veterinäramt des Landkreises Gießen erlassen hat.Besondere Maßnahmen sind notwendig
Die Verfügung tritt am Donnerstag (10. November 2022) in Kraft und gilt bis auf Weiteres.
Nachdem bisher ein Verdacht auf eine Infektion mit dem Erreger H5 der Geflügelpest in dem betroffenen Betrieb in Utphe bestand, hat das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) für Tiergesundheit den Befund nun bestätigt. 8500 infizierte Puten mussten getötet werden. „Weil der Erreger nun im Gegensatz zu früheren Nachweisen in der Region nicht einen Wildvogel, sondern eine große Haltung betroffen hat, sind besondere Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen nötig“, erklärt Christian Zuckermann, Dezernent für Veterinärwesen und Verbraucherschutz des Landkreises in einer Pressemitteilung des Landkreises.
Welche Haltungen von Regelungen betroffen sind
Die vom Veterinäramt festgelegten Vorkehrungen betreffen alle Haltungen in einem Umkreis von bis zu zehn Kilometern um Utphe. Betroffen sind damit das Stadtgebiet Hungen, Teile von Lich, Laubach und Teile des angrenzenden Wetteraukreises. Die genauen Grenzen dieses Gebietes sind einzusehen über eine interaktive Karte des FLI unter visualgeoserver.fli.de
Festgelegt wurde eine sogenannte Sperrzone – diese wiederum umfasst eine Überwachungszone (zehn Kilometer rund um den betroffenen Betrieb) sowie eine Schutzzone (drei Kilometer rund um den betroffenen Betrieb). Innerhalb der Schutzzone gelten nochmals verschärfte Regelungen.
Betroffen sind sämtliche Haltungen von Geflügel – egal ob privat oder gewerblich und unabhängig von der Größe. Darüber hinaus alle Haltungen von anderen Vogelarten, die über eine private Haltung innerhalb des Hauses – zum Beispiel von Ziervögeln im Zimmer – hinausgehen. Darunter fallen zum Beispiel Zuchten von Ziervögeln und auch Haltungen von Tauben oder Greifvögeln
Welche wesentlichen Regelungen gelten?
Wer seine Haltung noch nicht beim Veterinäramt angezeigt hat, muss dies so schnell wie möglich nachholen. Dafür gibt es online ein Meldeformular unter lkgi.de
Es gilt die Pflicht zur Aufstallung. Das heißt: Die Vögel müssen dauerhaft in geschlossenen Ställen oder unter einer Abdeckung bleiben, die Einträge von oben und ein Eindringen von Wildvögeln von der Seite verhindert.
Verantwortliche von Haltungen haben täglich zu überprüfen, ob Vögel erkrankt oder gestorben sind. Erhöhte Todesraten müssen sofort dem Veterinäramt mitgeteilt werden.
An Ein- und Ausgängen von Ställen müssen funktionierende Desinfektionsmöglichkeiten vorhanden sein. Betriebe dürfen nur mit Schutzkleidung betreten werden, die nach dem Verlassen gereinigt, desinfiziert oder – wenn es Einwegkleidung ist – unschädlich entsorgt wird. Schuhe müssen vor und nach dem Gang in den Stall gereinigt und desinfiziert werden. Verantwortliche haben festzuhalten, wer wann den Betrieb besucht hat – auf Anforderung sind diese Listen dem Veterinäramt vorzulegen.
Es ist nicht zulässig, Vögel aus der Sperrzone heraus- oder in die Sperrzone hineinzubringen. Vogelschauen oder ähnliche Veranstaltungen sind nicht möglich.
Eier dürfen nicht aus den Betrieben herausgebracht werden. Lediglich die Abgabe über EU-zugelassene Packstellen ist mit besonderer Genehmigung und nach Prüfung durch das Veterinäramt möglich. Auch Frischfleisch darf nur auf dem Gelände des jeweiligen Betriebs verbleiben.
Weiter gelten besondere Regelungen für die Entsorgung toter Tiere: Diese müssen unter bestimmten Schutzanforderungen durch das Fachunternehmen in die Tierkörperbeseitigungsanstalt gebracht werden – dies muss dem Veterinäramt jeweils angezeigt werden
Situation in den anderen Gebieten
Die beschriebenen Schutzvorkehrungen gelten nur innerhalb des Zehn-Kilometer-Radius um Utphe. Wer in anderen Gebieten des Landkreises Geflügel hält, ist dennoch zur Wachsamkeit aufgerufen. Das Veterinäramt rät grundsätzlich, konsequent die sogenannten Biosicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Dies sind Vorkehrungen, die eine Übertragung des Virus verhindern sollen – egal ob von außen in den eigenen Bestand oder zwischen einzelnen Geflügelhaltungen. Eine gute Übersicht, was generell von Geflügelhalter:innen gefordert wird und jetzt zusätzlich zu beachten ist, geben die Merkblätter des Hessischen Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) und des Friedrich-Löffler-Instituts, abrufbar unter: umwelt.hessen.de
und openagrar.de
Die Merkblätter wenden sich an alle Geflügelhalter:innen, insbesondere jedoch an die Verantwortlichen von kleineren Geflügelhaltungen mit weniger als 100 Tieren.
Besteht ein Risiko für Menschen?
Erreger der Geflügelpest sind Influenza-Viren, die grundsätzlich auch auf Menschen übertragen werden können. Insgesamt ist das Risiko laut Robert Koch-Institut bei der aktuellen in Deutschland kursierenden Variante aber als sehr gering einzuschätzen. Gefährdet sind demnach nur Personen mit engem Kontakt zu infiziertem Geflügel.
Eier oder frisches Fleisch von Vögeln dürfen – wie beschrieben – nicht die jeweiligen Betriebe innerhalb der Sperrzone verlassen, denn der Erreger der Vogelgrippe könnte so verschleppt werden und andere Vögel befallen. Für Menschen ist der Verzehr von Geflügelfleisch, Eiern und sonstigen Geflügelprodukten aber unbedenklich, wenn diese Lebensmittel bei der Zubereitung durcherhitzt werden – bei 70 Grad werden die Erreger abgetötet.
Wie ist Veterinäramt zu errreichen?
Bei Fragen ist das Veterinäramt zu erreichen unter Telefon (0641) 9390-6200, E-Mail poststelle.avv@lkgi.de.
Die Allgemeinverfügung ist im Wortlaut nachzulesen unter lkgi.de
Titelfoto: Eine Putenfamilie. (Wikipedia, Jakobfriede)