Veronika Brendel über Oper in Friedberg
Warum Medea?
Wie viele Menschen schauten sich die Medea-Aufführungen im ehemaligen Jugendstil-Hallenbad an?
Das kann ich nicht genau sagen. Ich schätze pro Aufführung durchschnittlich 140, insgesamt also rund 560 Zuschauer.
Wie seid Ihr auf Medea gekommen?
Es gab mehrere Gründe. Wir versuchen, aus Kostengründen Opern zu spielen, bei denen wir keine Aufführungsrechte zahlen müssen. Dann muss die Chorpartie für den Chor singbar sein. „Klangbad“ ist ja unter der Leitung von Daniel Görlich ein Chorprojekt über das ganze Jahr, und die Chorsänger werden dann nicht extra für die Oper ausgewählt. Mich als Regie beschäftigt das Drama der Medea. Ich habe dazu auch ein Stück im Hinterkopf, das ich mit meinem Ensemble von der Theatercompagnie Die Tagträumer realisieren möchte.
Inhaltlich ist es ein zeitloses Thema: Eifersucht, Verlassenwerden und Rache. Dass jemand seine eigenen Kinder umbringt, ist ja eher ein männliches Verhalten. Ist Medea nicht eine tragische Figur beiden Geschlechts?
Das Schwanken zwischen den Gefühlsebenen, Eifersucht / Liebe, Verlassenwerden/ Festhalten, Rache/ Verzeihen zu erfassen und in Gesang und Worten auszudrücken, ist eine Herausforderung. Für mich zählt nicht die Tat des Mordens, sondern der Weg dorthin – und in der Oper ist der Weg sehr lang. Es geht um die schwankenden Gefühle.
Medea ist wütend und traurig, weil ihr Mann Giasone sie verlässt. Es dauert aber lange, bis sie handelt.
Woher kamen die Solisten und woher das Orchester?
Die Solistinnen und Solisten kommen aus ganz Deutschland, aus Holland und Südafrika. Die meisten sind vom Projekt so begeistert, dass sie auch beim nächsen Mal dabei sein möchten. Die Musiker des Orchesters arbeiten im Rhein-Main-Gebiet. Auch hier entsteht eine „Tradition“; sie schätzen es, mit dem Dirigenten Klaus D.Jung zu arbeiten. Cornelia Haslbauer, die die Medea sang, hatte für das ganze Projekt den Hut auf.
Wie groß war das gesamte Ensemble?
Mit all den Personen, die auch im Hintergrund arbeiten, sind es bestimmt 70 bis 80 Personen. Das Ensemble auf der Bühne besteht aus 52 Personen.
Es sind ja viele Laien dabei, die für mich ein erstaunliches Niveau erreicht haben. Was hat sie motiviert, so lange zu proben und für wenig Geld zu singen?
Wie gesagt, der Chor probt nicht nur vor der Aufführung, sondern es es ist ein Jahresprojekt. „Medea“ war meine dritte Operninszenierung im Hallenbad. Und ich glaube, mein Versuch, den Chor auch spielerisch und szenisch ins Geschehen einzubinden, ist für die Chorsängerinnen und -sänger reizvoll und spannend.
Wie groß war überhaupt das Budget für die Oper? Es wurde gesponsort vom Kultursommer Mittelhessen, von der Aventis-Foundation und der Initiative „KulturMut“. Und es gab ein Crowdfunding.
Die Frage kann ich nicht genau beantworten. Auf jeden Fall zu wenig. Es ist ein Opernprojekt, bei dem noch viel Eigeninitiative und ehrenamtliche Arbeit gefragt ist.
Kann man dem großen Aufwand nicht Rechnung tragen und noch einige Gastspiele geben?
Gastspiele sind schwierig. Es ist schwer, geeignete Orte sind zu finden. Und dann ist es ein finanzielles und zeitliches Problem.
Oder wenigstens im Aha ein paar Vorstellungen zusätzlich geben?
Das wäre möglich. Und ich würde es sehr befürworten, da die Inszenierung auf den Raum abgestimmt ist. Das Alte Hallenbad ist quasi die Bühne.
Im Aha wurde ohne eigenes Bühnenbild gesungen, und das Publikum hat es offenbar nicht vermisst. Geht das bei allen Opern?
Ich glaube, es ist schwierig bei großen Inszenierungen den Raum des Alten Hallenbades zu übersehen. Es ist spannend zu überlegen, auf eine Guckkastenbühne zu verzichten. Die Oper, das Stück, der Inhalt suggeriert in mir eine räumliche Vorstellung, die ich dann versuche mit dem Raum in Einklang zu bringen. Ich arbeite auch im Theater meist ohne großes Bühnenbild, ich „choreographiere“ die auf der Bühne agierenden Personen. Bei meinen Inszenierungen wird der Raum vor allem durch das Licht suggeriert. Auch die Kostüme in ihrer Farbgestaltung spielen eine große Rolle. Bei den Operninszenierungen waren auch meine Kostümbildnerin und mein Lichttechniker beteiligt, mit denen ich schon einige Jahre zusammenarbeite.
Ist schon eine Oper für 2019 ausgeguckt?
Wir denken im Moment eine Oper an. Mal schauen. Vielleicht „Aida“.
Über das Friedberger Medea-Projekt hat die Sängerin Cornelia Haslbauer im September 2018 dem Kultur-Radio hr2 ein Interwiew gegeben. Nachzuhören ist es hier: