Parlament beklagt Parkplatznot
Zur Debatte über den Verkehrsentwicklungsplan (VEP) kam es jüngst durch einen Antrag der Bad Nauheimer CDU-Fraktion zum Thema Kleinstparkplätze. Ort war das Stadtparlament am Dienstag. 30. April 2019. Mehrere Redner legten der Stadtregierung nah, eine Stelle zu schaffen, um den VEP umzusetzen. Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos) wies Vorwürfe zurück, wonach der VEP in der Schublade liege.
Quer statt längs
Christian Trutwig (CDU) beantragte zunächst, zu prüfen, welchen Bedarf an Parkplätzen für Kleinstwagen wie den „Smart“ es gibt. Dabei solle die Stadt unter anderem untersuchen, inwieweit sie Stellplätze von Längs- in Querparkplätze für kleine Fahrzeuge umbauen kann. Das gebe mehr Stellfläche her. Straßen in Wohngebieten seien teilweise recht breit, weshalb sich dies einrichten lasse. Wie Trutwig bemängelte, begrenzen Pfosten und Stahlbügel mitunter Parkplätze. „Man könnte mal überlegen, ob das praktisch ist.“ Ferner gebe es hier und da „rechtswidrig errichtete“ Kübel an der Straße – auch das raube Platz. „Dem sollte nachgegangen werden“, meinte er. Parkplätze seien sehr wichtig, da Bad Nauheim beispielsweise am Wochenende des 27./28. April so voll wie eine Touristen-Stadt gewesen sei. Zwei Großveranstaltungen hatten stattgefunden. Vor allem in der Innenstadt gebe es zu wenige Stellplätze, sagte Trutwig.
„Unbefriedigende Parkplatzsituation“
Markus Philipp (FW/UWG) wunderte sich. Denn Minuten vorher hatte das Hohe Haus einen Radverkehrsbeauftragten beschlossen. Diesen Antrag der SPD hatte unter anderem die CDU befürwortet. Philipp: „Es hieß, wir brauchen mehr Fahrradverkehr. Fünf Minuten später heißt es: ‚Wir brauchen Parkplätze.‘“ Trutwig widersprach. „Es gibt Menschen, die auf ihren Pkw angewiesen sind. Auch viele ältere Leute.“ Es sei zwar richtig, „dass wir im Verkehr ersticken“. Gleichwohl könne man von den Bürgern nicht und schon gar nicht von Senioren erwarten, generell mit dem Lasten-Fahrrad vom „Einkauf im Langen Morgen auf den Kaiserberg oder sonst wohin“ zu strampeln. „Es geht darum, für die Anwohner eine Parkplatzsituation besser zu lösen, die ein Stück weit unbefriedigend ist.“
Ziele von Verkehrsentwicklungsplan anpacken
Philipp ging wieder nach vorn, kam nun auf den Verkehrsentwicklungsplan (VEP) zu sprechen. „Der liegt in der Schublade“, sagte er. Denn dem Rathaus fehle das Personal, um die Ziele des VEP umzusetzen. Gleichwohl mache es keinen Sinn, das Papier durch individuelle Anträge Seite für Seite auseinanderzureißen. „Stattdessen müssen Gelder fließen, da müssen wir ansetzen. Wir müssen versuchen, die Ziele des VEP anzupacken“, verlangte er.
Lebendiges Bad Nauheim
Wie Bürgermeister Klaus Kreß erklärte, sei das Wort „Touristenstadt“ richtig. Und es freue ihn, dass Bad Nauheim so lebendig sei. In punkto VEP konterte der Rathauschef: „Der VEP lag in der Schublade – aber er liegt nicht.“ Tempo 30 sei realisiert, nächstes seien jetzt die Fahrradschutzstreifen. Kreisel seien teuer, bedürften eines Etats. „Dass nichts passiert, stimmt nicht“, betonte er. Ein Problem sei das Anwohnerparken, doch diesbezüglich müsse die Stadt mit Augenmaß vorgehen. Erster Stadtrat Peter Krank (parteilos) wies auf gesetzliche Vorschriften zu Stellplatzgrößen hin. „Sie können nicht einfach einen Parkplatz aufmalen“, sagte er. Die angesprochenen Kübel stünden zum Schutz der Bäume, alles sei genehmigt. Und durch die Stadt zu gehen, um Parkplätze zu zählen, könne die städtische Straßenverkehrsbehörde nicht zusätzlich leisten.
„Verzweiflungstat eines Kurstädters“
Peter Heidt (FDP) wollte dem Antrag der CDU zustimmen, auch wenn dieser nicht „das Gelbe vom Ei“ sei. Trutwigs Vorstoß bezeichnete er als „Verzweiflungstat“ eines Kernstädters. Nach Ansicht von Heidt ist das „massive Parkplatzproblem“ in der City nicht wegzudiskutieren. Was den VEP angeht, tue die Verwaltung seines Erachtens zu wenig. Das Anwohnerparken halte er für wichtig, wie er betonte. Es signalisiere Auswärtigen: „In der Kernstadt kannst du keinen Parkplatz finden.“ Natürlich müsse es attraktive Ersatzangebote geben. Die Stadt müsse mit den Gewerbetreibenden sprechen. Und auch die Mitarbeiter des Rathauses parkten in der Stadt, wie Heidt anmerkte. Seinen Worten zufolge wäre das Parlament bereit, eine Stelle in der Verwaltung zu genehmigen, um das Problem zu lösen, sofern gut begründete Argumente vorliegen. Teile des VEP seien eventuell aber nicht gewollt – zumindest sei dies sein Eindruck.
Ressourcenproblem besteht
Manfred Jordis (CDU) meinte ebenfalls: „Sollte die Verwaltung nicht genug Personal haben, dann muss der Magistrat beantragen, jemanden einzustellen.“ Wie Erster Stadtrat Krank bestätigte, bestehe ein „Ressourcenproblem“. Krank: „Wir bauen ganz nebenbei eine Therme, entwickeln Bad Nauheim Süd. Wann soll das alles geschehen?“ Der Magistrat werde das Problem thematisieren, „dann wird das Parlament entscheiden“. Der Erste Stadtrat merkte an, dass die Stadt schon vor Jahren mit der Realisierung des VEP hätte beginnen können. Er sei es gewesen, der das Thema Verkehr letztes Jahr angesprochen habe.
Nicht gegeneinander ausspielen
Sofern die Stadt das Anwohnerparken realisiere, fuhr Krank fort, würden die Pkw einfahrender Arbeitnehmer verdrängt. In Bereichen wie der Lindenstraße setze die Stadt das Projekt deshalb erst dann um, wenn der Parkplatz Bahnhof Nord nach Bauarbeiten für die Lärmschutzwand wieder vollständig frei sei. Schwierig werde es mit dem Anwohnerparken in Straßen, die weiter oberhalb in der City liegen, wie die Burgallee. „Wo drängen Sie denn dort die Leute hin?“ Dies zu lösen sei nicht einfach. Gesellschaftliche Schichten wie einkaufende Menschen, Arbeitnehmer und Anwohner gegeneinander auszuspielen, wolle er nicht. Christdemokrat Jordis gab zu bedenken: „Oberstes Ziel muss sein, dass Menschen, die in Bad Nauheim wohnen, einen Parkplatz finden.“
Fundamente sind gegossen
Markus Theis (FW/UWG) betonte, dem Antrag nicht zuzustimmen. Was das Parlament gerade diskutiere, sei ein Sammelsurium an Themen. „Sie können nicht alle Parkplätze den Anwohnern lassen“, meinte er. Zudem bestehe ein Kapazitätsproblem, alles auf einmal zu lösen. „Sie haben aber Recht: Wenn wir den Verkehrsentwicklungsplan beschlossen haben, sollten wir den umsetzen. Die Fundamente sind gegossen.“ Aus Protest aber noch mehr Arbeit in die Verwaltung „zu kicken“ mache keinen Sinn. Und auch er lehne es ab, Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen.
Ganzheitliches Parkplatzkonzept
Dr. Martin Düvel kam auf einen weiteren SPD-Antrag zurück, den das Parlament an diesem Abend bereits einstimmig beschlossen hatte. Dabei geht es darum, den parlamentarischen Gremien bis Dezember ein ganzheitliches Parkplatzkonzept vorzulegen. Verkehrsvermeidung und -beruhigung sowie Förderung umweltschonender Verkehrsmittel sind Aspekte. „Der Antrag, mehr Parkplätze in der Innenstadt zu schaffen, widerspricht dem Antrag, den wir beschlossen haben“, erklärte Düvel. Britta Weber (FDP) stellte nun einen Ergänzungsantrag zum CDU-Vorschlag: Demnach soll Erster Stadtrat Krank den Aspekt der Kleinstparkplätze in das vorzulegende Parkraumkonzept einarbeiten. Mehrheitlich beschloss das Hohe Haus diese Vorgehensweise.