Wie viele überwintern hier?
Der Naturschutzbund (Nabu) möchte herausfinden, warum immer mehr Weißstörche in Deutschland überwintern. Er ruft dazu auf, „Winterstörche“ zu melden.Störchen macht Kälte wenig aus
Als „Langstrecklenzieher“ überwintere der Weißstorch eigentlich in Afrika. „Wir beobachten aber schon seit Jahren, dass sich das Zugverhalten ändert“, wird Bernd Petri von der Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz in einer Pressemitteilung des Nabu Hessen zitiert. Von den Vögeln, die auf dem Zug das Mittelmeer westlich umfliegen, den sogenannten „Westziehern“, würden inzwischen immer mehr auf der Iberischen Halbinsel bleiben statt weiter nach Afrika zu fliegen. Auch in Deutschland werden laut Petri vermehrt zwischen November und Januar „Winterstörche“ beobachtet. Petri: „Das regelmäßige Monitoring der Nabu-Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz ergab jeweils mehrere hundert Vögel in den letzten Jahren, die hiergeblieben sind.“ In Hessen überwinterten besonders viele Störche. „Allein im Hessischen Ried ließen sich im letzten Winter über 300 Weißstörche beobachten“, sagt Petri. Der Weißstorch-Experte geht davon aus, dass auch in anderen Landesteilen Störche die kalte Jahreszeit überbrücken.
Man muss sich laut Petri nicht darum sorgen, dass die Weißstörche erfrieren. „Dem Storch als großem Vogel macht die Kälte kaum etwas aus, da er die Wärme wesentlich besser speichern kann als kleine Singvögel wie Meise und Spatz – und die überwintern schließlich auch bei uns“, sagt der Storch-Experte.
Angepasstes Zugverhalten
Über die Gründe für das veränderte Zugverhalten ist bisher nur wenig bekannt. Nahe liegend ist, dass die Klimakrise eine Rolle spielt. In immer milderen Wintern mit wenig Schnee finden Weißstörche als Nahrungsopportunisten inzwischen meist auch bei uns ausreichend Mäuse, Würmer, kleine Fische und Abfall auf offenen Mülldeponien. Denn Weißstörche treten ihren Zug in den Süden nicht etwa wegen der Kälte, sondern vor allem wegen der Nahrungsknappheit im europäischen Winter an. Petri: „Bleiben die Vögel hier, ersparen sie sich zum einen den kräftezehrenden Zug. Zum anderen sind sie früher als ihre ziehenden Artgenossen in den Brutgebieten und können so die besten Neststandorte besetzen.“ Ein angepasstes Zugverhalten kann also Vorteile bringen. Möglicherweise spielen bei den „Winterstörchen“ auch Zufütterung sowie Prägungen durch Wiederansiedlungsprogramme eine Rolle. Mit dem neuen Meldeportal erhoffen sich die Weißstorchschützende mehr über die in Deutschland überwinternden Störche zu erfahren.
Hier können vom 1. November 2023 bis 31. Januar 2024 Winterstörche gemeldet werden: nabu-naturgucker.de/weissstorch