Radverkehr

Zoff um die Fahrradstraße

Zahlreiche Fahrräder stehen vor dem Gymnasium Sankt Lioba in Bad Nauheim. Viele Schülerinnen und Schüler kommen morgens mit dem Drahtesel zum Unterricht, wobei ein Teil die Zanderstraße passiert. Der Fuß- und Radweg, der die obere Hälfte der Straße flankiert, ist allerdings sehr schmal und bei Regen matschig. Einen Vorschlag, etwas zu ändern, schob die Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD im Stadtparlament jüngst aber in die Warteschleife. So stellen es zumindest die Freien Wähler hin. Ungerechtfertigt sei das, wie sie meinen. Verkehrsdezernent Peter Krank (parteilos) ist ein Befürworter der Idee. Die Kenianer wollen sich auf Anfrage zu den Vorwürfen nicht äußern. Laut Wetterauer Zeitung trugen sie im Parlament ihre Argumente vor.

Radverkehr: Viele Räder parken vor der Lioba-Schule. (Foto: Petra Ihm-Fahle)
Radverkehr: Viele Räder parken vor der Lioba-Schule. (Foto: Petra Ihm-Fahle)

Radverkehr: FW fordern Mut

„Wir müssen endlich mal was machen! Mut haben, auch mal was auszuprobieren und sehen, was passiert!“ Dies erklärte Markus Theis, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, jüngst bei der Sitzung der Stadtverordneten. In einer Pressemitteilung mit dem Dateinamen „PM Aufschieberitis“ bringen die FW heftige Kritik gegen die Kenianer vor.

Radverkehr: Der Weg führt für viele durch die Zanderstraße. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
Radverkehr: Der Weg führt für viele durch die Zanderstraße. (Bild: Petra Ihm-Fahle)

Radverkehr: Unechte Fahrradstraße vorgeschlagen

Die Freien Wähler schlugen vor, die Zanderstraße zwischen Schwalheimer Straße und Sankt-Lioba-Schule in eine „unechte Fahrradstraße“ zu verwandeln: versuchsweise für 24 Monate. Ziel soll sein, das Problem des engen Fahrrad-Fußwegs zu beseitigen, um die Sicherheit für den Radverkehr zu erhöhen. Ersten Stadtrat Krank (parteilos), der Verkehrsdezernent ist, soll der Vorschlag überzeugt haben. Allerdings will er ihn laut der Wetterauer Zeitung nur ausführen, sofern ein Konsens im Parlament besteht – was nicht der Fall ist. Auf Anfrage des Neuen Landboten erklärt er: „Ich bin ein Befürworter der Fahrradstraße in Bad Nauheim, da sie eine Gleichberechtigung für alle Verkehrsteilnehmer bewirkt.“ Krank weist auf den Leitfaden des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIFU) hin. „Wie darin ausführlich beschrieben ist, erweisen sich die Fahrradstraßen als sicheres Element im Straßenverkehr. Das führt zu einer Gerechtigkeit von Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern.“

Radverkehr: Besondere Rücksicht nehmen

In einer „unechten Fahrradstraße“ dürfen neben den Fahrrädern auch Kfz fahren. Deren Lenker müssen dabei aber immer eine besondere Rücksicht auf die Fahrradfahrer nehmen. Letztere haben praktisch Vorfahrt.

Radverkehr: Am oberen Teil der Zanderstraße beginnt ein kombinierter Rad- und Fußweg. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
Radverkehr: Am oberen Teil der Zanderstraße beginnt ein kombinierter Rad- und Fußweg. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
FW: „Redner hießen Vorschlag gut“

Obwohl „nahezu alle Redner“ der Kenia-Koalition, insbesondere Bündnis 90/Die Grünen, die Idee gut geheißen hätten, habe „Kenia“ den Antrag ausgebremst. So legt es zumindest die FW aus. Stattdessen verwandelte die Koalition laut Theis den Antrag in einen Prüfauftrag an den Magistrat. „Sie wollen diese Maßnahme vom Fortschritt der Planung für den Radschnellweg abhängig machen. Der wird jedoch voraussichtlich erst in Jahren realisiert.“ Auch der Hinweis der Kenianer, erst die Ergebnisse der Mobilitätsbefragung abzuwarten, läuft nach Ansicht der FW ins Leere. „Weil genau die Fahrradstraße ein Vorschlag aus der Befragung ist.“

Radverkehr: Am oberen Teil der Zanderstraße beginnt ein kombinierter Rad- und Fußweg. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
Radverkehr: Am oberen Teil der Zanderstraße beginnt ein kombinierter Rad- und Fußweg. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
„Verlagerung des Autoverkehrs“

Wie aus der WZ hervorgeht, hatten die Koalitionäre den Antrag allerdings nicht „nur gelobt“, um ihn sinngemäß dann zu verschleppen, wie die FW meinen. Vielmehr forderte Manfred Jordis (CDU), mehrere Varianten zu prüfen, um das Problem vom Radverkehr im oberen Zanderstraßen-Teil zu lösen. Die Grünen befürchteten laut WZ eine Verlagerung des Autoverkehrs in die Kurstraße. SPD-Sprecher Sinan Sert nannte den Vorschlag der Freien Wähler einen Schnellschuss, wie die WZ berichtet. Es sei nicht gesagt, ob die Umwidmung der Zanderstraße wirklich mehr Sicherheit für Fahrradfahrer bringe.

Radverkehr: Am oberen Teil der Zanderstraße beginnt ein kombinierter Rad- und Fußweg. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
Radverkehr: Am oberen Teil der Zanderstraße beginnt ein kombinierter Rad- und Fußweg. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
Schiere Machtpolitik?

Auch in punkto Bewohnerparken sind Koalition und FW unterschiedlicher Auffassungen, fühlen sich die FW abgebügelt. In ihrer Pressemitteilung bezeichnen sie die Koalitionäre als „willkürliche Mehrheit mit verkrustetem politischen Denken“. Nur aus politischen Gründen verhindere das Bündnis sinnvolle Vorschläge. Es werde „schiere Machtpolitik“ zum Schaden der Stadtentwicklung betrieben. CDU und SPD seien „große Wahlverlierer“, die sich mit den grünen Wahlgewinnern verbündet hätten. Man schaue nicht mehr nach Inhalten, sondern nur, wer den Antrag gestellt hat, meinen die Freien Wähler.

Der Weg ist eng und bei Regen matschig. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
Der Weg ist eng und bei Regen matschig. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
FW fühlt sich blockiert

Insofern komme es zu einer Blockade „erster sinnvoller Schritte auf dem Weg zu der von allen gewollten Verkehrs- und Mobiltätswende“ in der Stadt. „Die Freien Wähler werden sich auch in Zukunft für eine vernünftige sachgerechte Politik im Sinne der Einwohnerinnen und Einwohner Bad Nauheims einsetzen und sich nicht an den alten und überholten Politikmustern beteiligen“, betont Markus Theis.

Radverkehr in der Zanderstraße führt zu Streit. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
Radverkehr in der Zanderstraße führt zu Streit. (Bild: Petra Ihm-Fahle)
Koalition schweigt

Diese Zeitung hat die Fraktions-Vorsitzenden von CDU, Grünen und SPD gefragt, was sie von der Kritik halten. „Wir werden uns hierzu nicht äußern“, erklärt Manfred Jordis (CDU).

Bei der Kommunalwahl holten die Freien Wähler die meisten Stimmen in Bad Nauheim ein, fanden trotz Gesprächen mit allen Fraktionen aber keine Bündnispartner. Da sich CDU, Grüne und SPD zusammenschlossen, mussten sich die FW mit der Oppositionsrolle begnügen. Ihrer Überzeugung nach entspricht das nicht dem Wählerwillen.

Streit um Fahrradstraße am Südpark (WZ)

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