Büdingen: FDP schlägt Livestream vor
Rechts eine Tüte Chips, links eine Tüte Flips. Dazu Handy oder Laptop angeschaltet und live zuschauen, was die Stadtverordneten aushecken. So könnte die politische Teilhabe ein Stück weit aussehen, wenn Büdingen Parlamentsfernsehen bekäme. Einen Antrag der FDP-Fraktion soll der städtische Haupt- und Finanzausschuss beraten. Im Main-Kinzig-Kreis läuft ein entsprechendes Projekt schon lange, seit Kurzem etwa in Rodenbach.
Parlamentsfernsehen vom Sofa aus
„Meine Damen und Herren, sehen Sie nun die Übertragung der Stadtverordnetenversammlung Büdingen.“ So oder ähnlich könnte es klingen, sofern Büdingen Parlamentsfernsehen bekäme. Die FDP ist jedenfalls dafür, Bürgerinnen und Bürger künftig diese zusätzliche Möglichkeit zu geben, um die Wortbeiträge der Stadtverordneten zu verfolgen. Per Livestream vom heimischen Sofa aus statt vom Stuhl im Saal, pandemiebedingt momentan die Wolfgang-Konrad-Halle in Lorbach.
Parlamentsfernsehen: Effiziente Möglichkeit
Insofern beantragte die Fraktion jüngst, sich Gedanken über ein solches Angebot zu machen: dies unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Der Magistrat soll prüfen, wie die Stadt Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung künftig auf diese Weise übertragen kann. „Es ist eine effiziente Möglichkeit, die Bürger für kommunalpolitische Entscheidungen zu begeistern“, erklären die Liberalen dazu. Gerade in den vergangenen gut anderthalb Jahren sei die persönliche Teilnahme an den öffentlichen Sitzungen für Gäste nur eingeschränkt möglich gewesen.
In Maintal seit zehn Jahren
„Es ist für Büdingen an der Zeit, den längst überfälligen Schritt in Richtung Transparenz und Bürgerfreundlichkeit zu gehen“, betont Andrea Rahn-Farr. Die FDP führt Maintal im Main-Kinzig-Kreis an, wo die Offerte seit zehn Jahren besteht und gut angenommen werde.
Zuerst waren nicht alle begeistert
Eine Gemeinde, die seit Kurzem Parlamentsfernsehen hat, ist Rodenbach, ebenfalls im Main-Kinzig-Kreis. Die SPD, in Rodenbach stärkste Fraktion, brachte den Antrag in die Gemeindevertretersitzung ein. „Zuerst waren nicht alle begeistert“, erinnert sich Bürgermeister Klaus Schejna. Fragen nach Kosten und dem Recht am eigenen Bild standen im Raum, die Skeptiker hätten sich letztlich aber durchgerungen.
Politik erlebbar machen
„Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, sind durchweg positiv. Letztes Mal waren es über 350 Zuschauer, sonst hatten wir zwei, drei Zuschauer in der Sitzung der Gemeindevertretung“, sagt der Sozialdemokrat. Ziel ist dabei, wie er sagt, die Menschen wirklich zu erreichen und Politik erlebbar zu machen. Die Transparenz sei eine ganz andere. „Wir müssen eine neue Öffentlichkeit schaffen“, betont er. Nach den Themen kann der Zuschauer in den Aufzeichnungen mithilfe von Sprungmarken gezielt suchen. Rund 13 000 Euro hat die Gemeinde laut Schejna eingestellt, was auch eine Vorberichterstattung beinhaltet.
Seit Änderung der HGO
Der Film- und Medienproduzent Boris Kreuter ist Geschäftsführer des Unternehmens Trickfilmkinder, welches das Stadt- und Gemeindeparlamentsfernsehen trägt. Firmensitz ist in Maintal. „Wir haben dort vor knapp zehn Jahren mit dem Projekt angefangen“, erzählt der 50-Jährige. Als 2012 die Hessische Gemeindeordnung geändert wurde, war es laut Kreuter nun möglich, Liveaufnahmen in den politischen Gremien zu machen.
Braucht Überzeugungsarbeit
Wie er schildert, hatte er das Vorhaben seinerzeit schon zwei oder drei Jahre vorbereitet. Die Kommunen für das Parlamentsfernsehen zu gewinnen, sei damals wie heute nicht einfach. „Es braucht immer noch viel Überzeugungsarbeit“, sagt er. Zahlreiche Stimmen seien positiv. Damit sich die Politiker dafür entscheiden, sei aber Ausdauer vonnöten. Bisher zeichnen er und sein Team die Sitzungen in Maintal, Niederdorfelden, Rodenbach und aus dem Kreistag des Main-Kinzig-Kreises auf. Die Zusammenarbeit mit weiteren Kommunen, auch hessenweit, ist laut Kreuter in Planung. Er hat ein junges Team Mitwirkender. Den Nachwuchs akquiriert er, da er auch Kurse in Medienkompetenz anbietet.
Auf vier verschiedenen Plattformen
Auf vier verschiedenen Plattformen veröffentlicht das Unternehmen die Mitschnitte: auf seiner Webseite, Facebook, Vimeo und YouTube. Die Statistiken präsentiert Kreuter einmal im Jahr, aber auch nach Bedarf in den Haupt- und Finanzausschüssen der Kommunen. Was die Zahl der Aufrufe angeht, profitiere Rodenbach von den Stammzuschauern: „In Rodenbach waren es im Durchschnitt 328 im Livestream, die durchschnittliche Verweildauer war acht Minuten.“
Info
Den Antrag der FDP überwies das Stadtparlament bei seiner jüngsten Sitzung in den städtischen Haupt- und Finanzausschuss. Durch den Magistrat zu prüfen wären nach Ansicht der Liberalen Punkte wie Datenschutz, Persönlichkeitsrechte, Eigenausführung oder Beauftragung, personelle und organisatorische Voraussetzungen, rechtliche Rahmenbedingungen und finanzielle Auswirkungen. ihm