Immer nur Promis auf die Bühne?
Von Klaus Nissen
Wie interessiert man junge Menschen für Kultur? Und macht es Sinn, immer nur „Promis“ auf die Bühne zu holen? Solche Fragen diskutierten zwei Dutzend Menschen am Sonntagnachmittag in der neuen Reihe „Talk im Foyer“. Die Sonne schien durch die vielen Fenster des neuen Foyers, und gestärkt von Kaffee und Kuchen, kam man auf eine gemeinsame Forderung: Die Kreisverwaltung und manche Kommune müsse endlich mehr Geld und Arbeit in die Kultur investieren.Diskussion: Welche Kultur wollen wir?
Zum Beispiel würde ein „Förderlotse“ im Landratsamt helfen, sagte Martin Guth, der für die Stadt Nidda Lesungen, Ausstellungen und Konzerte organisiert. „Es ist ein Horror, die Leader-Anträge zu stellen“, assistierte Sebastian Göbel aus Wölfersheim. Die beiden kommunalen Kulturmanager hätten gerne mehr Zeit für inhaltliche Arbeit. Sarkastisch behauptete ein Zuhörer, der Wetteraukreis mache Ausstellungen im Landratsamt nur deshalb, damit der Landrat mit Foto in die Zeitung komme.
Auch gegen andere wurde an diesem idyllischen Spätsommertag ausgeteilt. Ein Friedberger im Publikum spottete: Das von Ehrenamtlern mit minimalem Etat organisierte Programm des Alten Hallenbades sei ja „Hochkultur, die nur ein bestimmtes Klientel anspricht.“
Gut fände er es, wenn die Stadt basisnah Kultur fördern würde. Also dem „Pastis“ an der Hanauer Straße hülfe, bei den tollen Jam-Sessions ein volles Haus zu bekommen. Bei der improvisierten Abrißparty im früheren Kaufhaus Joh „habe ich so viele junge Leute gesehen wie noch nie“, so der Zuhörer. „Einfach mal die Leute machen lassen“, empfahl auch Moritz Herrmann. Die Stadt kann etwas ermöglichen. „Aber als Jugendlicher möchte ich mir auf keinen Fall reinreden lassen.“ Es sei auch nicht gut, so der freischaffende Musikmanager und Volksbildungsvereins-Vorsitzende, wenn Städte und Gemeinden mit eigenen Veranstaltungen der örtlichen Kulturszene Konkurrenz machen.
Wie bekommt man junge Leute in den Saal?
Wie bekommt man junge Leute in den Saal? Mit Kindertheater, beantwortete Alexa Busse vom Alten Hallenbad die Frage des Moderators Harald Schuchardt. „Ich erreiche die Kinder über die Schulen. Und indem ich Inszenierungen hole, die die Sprache der jungen Leute sprechen.“ Doch mit der Pubertät sind die Teens dann endgültig weg, sagte Sebastian Göbel. Dann komme das jüngere Publikum nur zu angesagten Comedians und Musikern.
Erfolgreiche Clubbetreiber engagieren deshalb nur Interpreten mit den meisten Followern im Netz, berichtete Moritz Herrmann. Gebabbel und Stimmungsmusik zieht Publikum. Ikke Hüftgold statt Kammermusik. „Wir machen in Wölfersheim nächstes Jahr eine Malle-Party“, kündigte Sebastian Göbel an. Er hoffe, dass das begeisterte Publikum dann auch mal zu einem Kabarett-Abend kommt.
Im Publikum gab es skeptische Blicke. Den Schlagerstar Roland Kaiser auf die Seewiese zu holen sei nicht Aufgabe der Stadtverwaltung, meinte einer. Martin Guth glaubt dennoch, dass Veranstalter mit gelungenen Promi-Auftritten eine Vertrauensbasis zu ihrem Publikum aufbauen können. Das komme dann auch zu Abenden mit guten, aber unbekannten Künstlern. Beispielsweise mit Sebastian Göbel, der dem Publikum im Alten Hallenbad eine Kostprobe seines Könnens als Liedermacher gab:
Und wie installiert man eine gute Kulturvorschau? Damit es nicht mehr an einem Abend zwei Veranstaltungen der gleichen Art gibt? Das sei schwer zu verhindern, glaubt Moritz Herrmann. Es gebe zu viele Eigeninteressen, meinte auch Sebastian Göbel. Ein Stammtisch der Wetterauer Kultur-Macher könne da helfen, schlug Martin Guth vor.
Vielleicht auch ein fortgesetztes „Talk im Foyer“. Dieses neue Format sollte die Kultur-AG des Alten Hallenbades unbedingt fortsetzen, empfahl André Haußmann, der für die Stadt Butzbach das „Innenstadtmanagement“ betreibt. Kommunen müssten begreifen, dass ein guter Kulturbetrieb und Stadtmarketing zwei Seiten der selben Medaille sind.