Adieu, Wohnbebauung?
Das Hölzinger-Konzept für den Sprudelhof dürfte Geschichte sein: zumindest hinsichtlich der Wohnbebauung entlang der Ludwigstraße. Denn mittlerweile haben sich Grüne, CDU und FW/UWG klar dagegen ausgesprochen. Abwartend äußert sich hingegen die SPD-Fraktion, kritisch die FDP. Besonders scharf beanstandet die Bürgerinitiative „Pro Sprudelhofbebauung“ das Umschwenken. Und Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos) ist enttäuscht.
Zunächst große Mehrheit
Ende Januar hatte das Bad Nauheimer Parlament noch mit großer Mehrheit für das Gesamtkonzept zur Entwicklung des Sprudelhofs votiert. Mit Therme plus Anbindung ans Badehaus 2, Hotel und Tiefgaragen. Im Behälterraum zwischen den Badehäusern 3 und 4 soll ein Theater entstehen – und geplant war auch eine Wohnbebauung entlang der Ludwigstraße. Mit den Grundstücksverkäufen für die Wohnhäuser wollte die Stadt Einnahmen generieren, ein Erlös von bis zu zehn Millionen Euro stand im Raum. Damit wollte die Stadt auch den Bau der Therme finanzieren.
Zweifel angemeldet
Doch nun sind die Pläne für die Wohnbebauung wohl Makulatur. Die Grünen-Fraktion machte vor zwei Wochen den Anfang. Wie Fraktionsvorsitzende Claudia Kutschker ausführte, bezweifeln die Grünen, dass der Denkmalschutz eine Wohnbebauung der Ludwigstraße explizit zur Vorbedingung seiner Zustimmung für den Thermenbau macht. „An dieser städtebaulich herausragenden Grünfläche rund um das einmalige Juwel Sprudelhof sollten keine Wohngebäude entstehen“, meinen die Grünen.
„Nur für Wohlhabende“
Besagter Wohnraum werde letztlich nur sehr wohlhabenden Mietern oder Eigentümern eine Bleibe bieten. Und das entlaste nicht wirklich den „angespannten Wohnungsmarkt in unserer Stadt“. Die Absicht, einen Architekten- und Investoren-Wettbewerb zur Wohnbebauung der Ludwigstraße auszuschreiben, sollte die Stadt nach Ansicht der Grünen aufgeben. Das wollen CDU und FW/UWG ebenfalls. Wie CDU-Fraktionsvorsitzender Manfred Jordis betont, seien die erwarteten Einnahmen von 5 bis 10 Millionen Euro aus Grundstücksverkäufen unrealistisch.
„Einwohner wollen es nicht“
FW/UWG-Fraktionsvorsitzender Markus Theis erklärt: „Wir glauben, dass es weder bei den Einwohnern noch im Stadtparlament eine breite Mehrheit für eine Bebauung entlang der Ludwigstraße gibt oder geben wird.“ Alle Fraktionen fordern daher, sich nun Gedanken um die Schaffung des benötigten Parkraums zu machen.
„Hessenkasse“ ins Spiel bringen
Die Grünen wollen eine Machbarkeits-Studie beantragen, die CDU macht konkrete Vorschläge: „Wir fordern stattdessen, dass nur eine Tiefgarage entstehen soll, und zwar im nördlichen Teil nahe dem Neubau der Therme.“ Das Parkdeck im südlichen Teil sei sicherlich kein Schmuckstück, allerdings seien Abriss und Neubau nicht zu finanzieren. Um weiteren Parkraum zu schaffen, begrüße die CDU auch den Vorschlag, den Parkplatz Frankfurter Straße / Am Großen Teich im südlichen Bereich aufzustocken. „Diese Maßnahmen sollten durch Mittel aus der Hessenkasse finanziert werden.“
„Es ist ein Denkmodell“
Abwartend äußert sich die städtische SPD. Wie Fraktionsvorsitzender Axel Bertrand mitteilt, sei der Grundsatzbeschluss für das Gesamtkonzept, unter anderem mit einer Wohnbebauung, als Denkmodell zu begreifen. „Die Bebauung entlang der Ludwigstraße ist für uns keine unabdingbare Bedingung“, sagt er. Bringe diese keine überzeugenden Vorteile für Bad Nauheim, gebe es auch keine Zustimmung dafür. „Es steht für uns außer Frage: Eine Bebauung müsste sich architektonisch außergewöhnlich gut einfügen und darüber hinaus wirtschaftlich realisierbar sein.“
„Fundierte Bewertung nicht möglich“
Dem Denkmalschutz komme an dieser Stelle eine bedeutende Rolle zur Bewertung des Vorhabens zu. „Eine Subvention privater Investoren, etwa durch den Verkauf überaus wertvoller öffentlicher Flächen zu einem günstigen Preis, ist für uns nicht zustimmungsfähig, beispielsweise nur, um dadurch das Projekt wirtschaftlich zu machen“, betont der Sozialdemokrat. Mit den zum jetzigen Zeitpunkt verfügbaren Informationen zum Stand der Planung, unterstreicht Bertrand, sei eine dahin gehende Bewertung des Vorhabens nicht fundiert möglich.
FDP kritisiert „Kehrtwende“
„Mit einer gewissen Verwunderung“ nimmt die FDP-Fraktion die „Kehrtwenden der Grünen, der CDU und der FW/UWG“ zur Kenntnis. „Lediglich das gefühlte Stimmungsbild bei den genannten Fraktionen hat sich offensichtlich in Anbetracht der Landtagswahl geändert: bei den Grünen als offenbares Wahlkampfmanöver vor der Wahl, bei den beiden anderen Fraktionen offenbar bei der Analyse der Wahlergebnisse“, erklärt FDP-Stadtverordneter Tillmann Weber. Eine vernünftige Entscheidung nach Faktenlage sei nicht zu erkennen. „Sollte eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung den Grundsatzbeschluss kippen, reiht sich dies in der Geschichte rund um den Sprudelhof als weitere verpasste Chance ein.“
„Vorgeschobene Gründe“
Scharf bemängelt Klaus Ritt, Sprecher der BI „Pro Gesamtkonzept“ das Umschwenken und die genannten Argumente von Grünen, CDU und FW/UWG: „Dies sind alles Behauptungen, für die die Belege fehlen. Es sind vorgeschobene Gründe – sie haben einfach nur den Mut verloren.“
Das letzte Wort hat das Stadtparlament.
‚Damit wollte die Stadt auch den Bau der Therme finanzieren‘.
die aussage entspricht nicht den tatsachen und bedarf der unbedingten richtigstellung – danke!