Ein Wetter-Radweg für die Wetterau
Von Klaus Nissen
Deutschland ist Autoland. Doch das Fahrrad wird als Verkehrsmittel immer wichtiger. Wie steht es mit den Radwegen in der Wetterau? Das beleuchtet der Neue Landbote in einer Sommer-Serie. Heute geht es um den Wetter-Radweg, der offiziell überhaupt nicht existiert. Das kann nicht sein, meinten der Münzenberger Bruno Rieb und der Rockenberger Anton Seib. Und haben ihn einfach erfunden.Den Wetter-Radweg gibt es offiziell nicht
Mehr als tausend Quadratkilometer zwischen Bad Vilbel, Kirch-Göns und Kefenrod sind seit dem Jahr 722 nach der Wetter benannt. Das Flüsschen entspringt nicht weit von Laubach dem Vogelsberg. Es fließt dann 68 Kilometer weit nach Lich, durch Muschenheim, Gambach, Rockenberg, Steinfurth, Schwalheim und Dorheim.
Bei Ossenheim nimmt die Wetter die aus dem Taunus kommende Usa auf und mündet dann selber in einem Kleingartengebiet bei Assenheim in die Nidda. Pro Sekunde fließen im Durchschnitt knapp 3000 Liter so ganz gemütlich durch die Wetterau. Am Ufer gibt es viele Weiden, Erlen, idyllische Wiesen und romantische Ausblicke auf die Münzenburg, auf Vogelsberg und Taunus. Die Bezeichnung „Wetter“ geht laut Wikipedia auf den indogermanischen Begriff „uedhor“ zurück, der „Wasser“ bedeutet.
Warum gibt es hier eigentlich keinen Wetter-Radweg? Schließlich ist die ganze Wetterau engmaschig von Radwegen durchzogen. Peter Hünner guckt überrascht, als wir ihn danach fragen. Der Radwegeplaner des Wetteraukreises denkt kurz nach und sagt dann: Die Wetter mäandert ja ausgiebig. Wenn man an ihrem Ufer einen Radweg anlegen würde, dann hätten die Benutzer stets den Drang, diese Flussschleifen abzukürzen.
Zwei Journalisten hatten die Idee
Bruno Rieb widerspricht: „Wenn das so wäre, müsste man ja auch den Mosel-Radweg schließen. Die Wetter mäandert doch nur in ziemlich kleinen Kurven.“ Nein: „Ich würde mir wünschen“, sagt der Mann aus Gambach, „wenn die Strecke als Radweg ausgeschildert würde.“ Bruno Rieb hat das allerdings nie offiziell beantragt.
Der ehemalige Wetterau-Redakteur der Frankfurter Rundschau hat den Wetter-Radweg vor zehn Jahren gemeinsam mit seinem 2015 verstorbenden Kollegen Anton Seib selber geschaffen. „Wir machten damals eine Tour an der Usa entlang und waren überrascht, dass hier ein Usa-Radweg ausgeschildert ist“, erinnert er sich. „Und da fragten wir uns, warum es so etwas am namensgebenden Fluss der Wetterau nicht gibt.“ Rieb: „Die Usa mäandert übrigens auch.“
Nach der Usa-Radtour gingen die beiden Journalisten und Hobby-Radler ans Werk. Sie sicherten sich die Internet-Domain Wetter-Radweg.de und beschrieben darauf die beste Route von der Mündung bis zur Quelle. Alles ist genau nachzulesen – wo man wie abbiegt. Demnächst will Bruno Rieb auch den GPX-Track zum Download auf die Radweg-Seite stellen. „Als ich sie baute, hatte ich noch nicht die Möglichkeit, GPX-Daten aufzuzeichnen.“
Alles auf www.wetter-radweg.de
Auf der Webseite zeigen Detailkarten, wo der von Seib und Rieb ausgedachte Weg verläuft. Er ist meistens von bester Qualität, meint Bruno Rieb. „Eine Schwachstelle gibt es nur am Anfang. Da muss man entweder entlang der Nidda von Assenheim bis Wickstadt über den Hügel nach Ossenheim radeln. Oder auf der Straße über Bruchenbrücken nach Friedberg.“ Eine leichte und sichere Route wird zum Ende des Jahrzehnts der gerade in Planung stehende Radweg an der Görbelheimer Mühle entlang schaffen.
Auf Wetter-Radweg.de haben die beiden Entdecker auch Hinweise auf Attraktionen entlang des Weges eingestellt. Toni Seib fügte Filmszenen vom Schwalheimer Rad, vom Rosendorf Steinfurth, vom Kloster Arnsburg hinzu. Zusätzlich gibt es nützliche Hinweise. „Die Quellen von Wetter und Nidda liegen nicht weit auseinander“, sagt Bruno Rieb. „Man kann nach der Wetter-Tour gut entlang der Nidda zurück radeln.“
In der Spalte für Aktuelles ist die Wetter-Radwegseite ein wenig hintendran. Der letzte Eintrag firmiert vom Juni 2021. Es ist ein Hinweis auf die neue Freizeitkarte des Regionalparks Rhein-Main zur Niddaroute. Der Seiten-Betreuer Bruno Rieb ist Rentner (Jahrgang 1953) und hat als solcher wenig Zeit – zumal er mit Gleichgesinnten auch den Regional-Blog „Landbote.info“ betreibt.
Obwohl er überhaupt keine Werbung für den Wetter-Radweg macht, klicken laut Rieb gerade vor Sommer-Wochenenden bis zu hundert Internet-Nutzer auf seine Seite. Sie landen auf der Suche nach passenden Fahrradrouten wohl über Suchmaschinen auf dem Wetter-Radweg. „Ich habe an der Wetter öfter schon Leute mit großen Packtaschen gesehen. Das sind Weitstrecken-Radler, die die Wetterau eben auf meinem Wetter-Radweg durchqueren.“