Einfach den Vulkan rauf und runter
Von Klaus Nissen
Deutschland ist Autoland. Doch das Fahrrad wird als Verkehrsmittel immer wichtiger. Wie steht es mit den Radwegen in der Wetterau? Das beleuchtet der Neue Landbote in einer Sommer-Serie. Heute geht es um den längsten, bequemsten und attraktivesten Radweg der Region. Der Vulkanradweg hat sogar einen eigenen Buszubringer.Auch Untrainierte schaffen diesen Gipfel
Er ist der längste und höchstgelegene Radweg in Wetterau und Vogelsberg. Trotzdem können ihn auch untrainierte Tourenradler mühelos ganzer Länge abfahren. Denn der 94 Kilometer lange Vulkanradweg verläuft zumeist auf einer ehemaligen Bahnstrecke. Die hat eine Steigung von maximal drei Prozent – der kleinste Gang ist da sogar bei unmotorisierten Rädern arbeitslos. Auch Skater können den Vulkanradweg dank der Feinasphalt-Decke gut benutzen.
Außerdem gibt es für diesen Radweg im Sommerhalbjahr den Vulkan-Express – einen speziellen Zubringerbus, der einen bei Bedarf auch auf den 580 Meter hohen Scheitelpunkt bei Hartmannshain bringt. Oder auf den Hoherodskopf. Davon später mehr.
Wer den Premium-Radweg noch nicht gefahren ist, hat etwas verpasst. Denn er führt zwischen Altenstadt-Höchst und Schlitz durch eine schöne offene Wald- und Wiesenlandschaft. Als einen der schönsten Radwege in Deutschland lobt Achim Bartoschek auf seiner detailreichen Webseite bahntrassenradeln.de den Vulkanradweg.
Manchmal stehen Poller im Weg
Zu bemängeln hat Bartoschek nur die vielen Drängelgitter und Pfostensperren überall da, wo der Radweg querende Straßen kreuzt. „Gerade die Poller haben sich zu einem brisanten Unfallschwerpunkt mit zum Teil lebensgefährlichen Verletzungen entwickelt.“ Heikel wird es auch, wenn auf der schnellen Radstrecke die Pedaleure den Spaziergängern zu nahe kommen. Corinna W. ist bei Ortenberg oft zu Fuß unterwegs. Sie beklagt, dass von hinten kommende Radler entweder keine Klingel haben oder sie nicht benutzen. Gerade die Elektroräder seien bei der Annäherung kaum zu hören. Die Folge: „Wenn du nach links oder rechts gehen willst, musst du dich jedesmal vorher umdrehen.“
Vor fast 150 Jahren legte die Eisenbahn die Grundlagen für den Vulkanradweg. Im Oktober 1888 ging die neue Oberwaldbahn zwischen Stockheim und Gedern in Betrieb. 1901 folgte die planierte Strecke zwischen Grebenhain und Lauterbach, 1906 dann der höchste Abschnitt zwischen Gedern und Grebenhain. In den Siebzigerjahren wurde die Strecke unwirtschaftlich – die Bundesbahn legte den Wetterauer Abschnitt still. Ab 1994 fuhren die Züge auch nicht mehr im Vogelsberg.
Ab Mai 2000 wurde die Bahntrasse zum Vulkanradweg. Zuerst im Vogelsberg, ab 2002 auch auf der ehemaligen Niddertalbahn zwischen Gedern und Stockheim. 2006 ging der neue Radweg zwischen Glauberg und Höchst in Betrieb. Und im Juni 2019 schloss man den letzte Lücke bei Ober-Seemen.
Der Wegebau kostete Millionen
In der Wetterau finanzierten die Anlieger-Kommunen, der Kreis, das Land und der Flughafen Frankfurt den Bau des Vulkanradwegs. Er kostete 2,84 Millionen Mark. Im Vogelsberg kostete der Ausbau 3,2 Millionen Mark.
Viele Städte und Dörfer an der Strecke sind durch kurze Zubringer-Routen erreichbar und voller Sehenswürdigkeiten. Hier ein paar Beispiele.
Wer elektrisch fährt, oder starke Beinmuskel hat, sollte in Glauberg den 1,7 Kilometer langen Anstieg zur Keltenwelt am einst dicht besiedelten Bergplateau in Kauf nehmen. Dort wird im Museum (mit Café) gezeigt, wie die Menschen vor 2500 Jahren in dieser Region lebten.
Im Bahnhof von Stockheim ist die Miniaturversion der einstigen Vogelsbergbahn in Betrieb. In Lißberg lohnt der Besuch des Musikinstrumenten-Museums. Bei Ortenberg ist die gerade mit millionenaufwand restaurierte Klosterkirche von Konradsdorf zu besichtigen. Und wer beim Radeln lieber Abkühlung sucht, sollte von Gedern aus die 4,5 Kilometer aufwärts zum Gederner See nicht scheuen. Da kann man baden und dann am Strandcafé essen und trinken.
Genauso schön wie der niedereWetterau-Abschnitt des Vulkanradwegs durchs Niddertal ist der etwas ruppigere Nidda-Radweg. Er beginnt bereits in Frankfurt und führt via Florstadt und Nidda bis Schotten.
Details unter www.vulkanradweg.de und www.bahntrassenradeln.de