GEWALT GEGEN FRAUEN

Aktionen aus traurigem Anlass

Am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, wird alljährlich darauf aufmerksam gemacht, dass Gewalt gegen Frauen insbesondere durch Partner und Ex-Partner noch immer eine der größten Gefahren für Frauen ist. Wie jedes Jahr hat das Büro für Frauen und Gleichberechtigung der Stadt Gießen aus diesem Anlass ein vielfältiges Programm zusammengetragen, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen.

Erschreckende Bilanz

Auch in diesem Jahr sind die Zahlen zu Gewalt an Frauen und häuslicher Gewalt erneut gestiegen. Trotzdem findet das Thema in Deutschland noch zu wenig Aufmerksamkeit – betroffene Frauen warten aus Scham über ihre Situation oft sehr lange, bevor sie sich Hilfe holen, schreibt die Pressestelle der Stadt Gießen.

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland insgesamt 360 Frauen und Mädchen ermordet – praktisch jeden Tag im Jahr ein Femizid.
247 dieser Morde zählen zu häuslicher Gewalt. 155 dieser Frauen wurden von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet, weitere 92 von anderen Familienangehörigen. Bei 113 Frauen und Mädchen waren die Täter nicht aus der Partnerschaft oder dem häuslichen Umfeld. 
155 Paar Schuhe vor dem Rathaus und dem Stadttheater markieren symbolisch die Leerstellen, die die von ihrem Ex- oder aktuellen Partner ermordeten Frauen hinterlassen haben.

360 Frauen wurden getötet, weil sie Frauen sind. Das Motiv hinter diesen Tötungen basiert auf stereotypen Geschlechterrollen, ungleichen Machtverhältnissen zwischen Männern und Frauen sowie der strukturellen Diskriminierung von Frauen und Mädchen. 

Häufig werden Taten bagatellisiert

Am meisten gefährdet ist eine Frau innerhalb eines Jahres nach der Trennung aus einer gewaltvollen Beziehung. Ein gängiges Muster ist, dass der Mann in dieser Zeit realisiert, dass er die von ihm beanspruchte Macht und Kontrolle über sie verloren hat und versucht, diese durch unterschiedliche Arten der Gewalt bis hin zur Tötung der Frau oder der Kinder wieder her zu stellen. 

Im Jahr 2023 wurden Laut BKA 180.715 Frauen als Opfer von Häuslicher Gewalt erfasst, 5,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Gezählt werden dabei nur die von der Polizei dokumentierten Fälle – das Dunkelfeld dürfte sehr viel größer sein. 

Häusliche Gewalt umfasst viele Taten: von Bedrohungen, dem Entzug von Ressourcen bis zu allen Formen körperlicher, psychischer und sexueller Gewalt.

Wenn Gewalt in einer Partnerschaft vorkommt eskaliert sie in aller Regel in kleineren oder größeren Schritten. Was mit anschreien und schubsen beginnt kann sich schnell zu körperlichen Angriffen steigern.

Daher zeichnen sich viele der versuchten oder vollendeten Morde schon lange Zeit vorher ab, die Gewalt eskaliert nach und nach. Frauen die häusliche Gewalt erleben aber auch andere Angehörige, Freund*innen oder Nachbarn sollten sich daher frühzeitig Hilfe und Unterstützung suchen.

Häufig werden Gewalttaten an Frauen als „Familientragödie“, „Beziehungstat“ o.ä. bagatellisiert. Es geht aber nicht um Taten von irregeleiteten oder kranken Einzeltätern – die gesellschaftlichen Strukturen ermöglichen erst ein Rollenverständnis, das von Hierarchien und ungleichen Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern geprägt ist – und das von manchen mit Gewalt immer wieder neu erzwungen und aufrecht erhalten wird. 

Beratung bei der Stadt Gießen

Der Internationale Völkervertrag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, die sogenannte „Istanbul-Konvention“, definiert viele Präventionsmöglichkeiten- von Hilfs- und Beratungsangeboten bis hin zu Anti-Gewalt-Trainings für Täter. 

Die Stadt Gießen hat eine Stelle geschaffen, um die Umsetzung der Istanbul Konvention zu koordinieren. Neben Präventionsangeboten werden zum Beispiel auch Angebote zur Verbesserung der Beratung und Begleitung oder zur Sensibilisierung erarbeitet.

Verschiedene Aktionen

Sensibilisieren heißt auch sichtbar machen: Auf dem Berliner Platz sowie vor dem Stadttheater und dem kleinen Haus des Stadttheaters werden am 25.11. 155 Paar Schuhe, die orange angesprüht wurden, als Erinnerung an die 155 von ihrem Partner oder Ex-Partner getöteten Frauen aufgestellt. Das Büro für Frauen und Gleichberechtigung der Stadt Gießen erinnert gemeinsam mit den Omas gegen Rechts und dem autonomen Frauenhaus an die Schicksale der ermordeten Frauen, macht darauf aufmerksam, dass es sich nicht um „Einzelfälle“ oder „Familientragödien“ handelt, sondern dass es ein großes strukturelles Problem mit männlicher Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen gibt. Gleichzeitig wird über die vorhandenen Hilfsangebote informiert. Auch die Serviceclubs Soroptimisten und Zonta werden mit Aktionen auf dem Berliner Platz präsent sein.

Farbe Orange als Signalfarbe

Die Farbe Orange steht als Signalfarbe für Gefahr und gleichzeitig als Farbe der Hilfe in Gefahr. Seitdem 2008 die Vereinten Nationen den 25.11. als „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ ins Leben gerufen haben werden weltweit am 25.11. Aktionstage und Gedenkveranstaltungen in Orange durchgeführt, öffentliche Gebäude in orange angestrahlt.

Oberbürgermister Frank-Tilo Becher wird die Aktionen auf dem Berliner Platz um 19 Uhr mit einem öffentlichen Gedenken beschließen. 
Im Anschluss lädt das Stadttheater, das Autonome Frauenhaus, die Omas gegen Rechts und das Büro für Frauen und Gleichberechtigung der Stadt Gießen um 20 Uhr zu einer Lesung aus dem Buch „Gegen Frauenhass“ von Christina Klemm im kleinen Haus des Stadttheaters ein. Ausgehend von Christina Klemms Buch gehen die Gießener Juristin Leah Salmanian (Deutscher Juristinnenbund), Maren Ampt (Koordination der Istanbul Konvention der Stadt Gießen) und Kerstin Pfeiffer (Vertreterin des Autonomen Frauenhaus Gießen) ins Gespräch.

Das ganze Programm zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen findet man als Broschüre auf der Seite des Büro für Frauen und Gleichberechtigung  https://www.giessen.de/Leben/Soziales-und-Gesellschaft/Frauen-LGBTI-Q/Veranstaltungen/Internationaler-Tag-gegen-Gewalt-an-Frauen.php?object=tx,2874.15926&ModID=11&FID=684.34082.1&NavID=2874.348&La=1 und unter den Veranstaltungshinweisen auf der städtischen Website.

Titelbild: Demonstrationen gegen Gewalt an Frauen gibt es auch in Italien (hier in Rom). (Foto: Wikipedia, Camelia.boban)


















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