„Jeder kann Energiescheich werden“
Die Energie-Wende muss kommen – und das möglichst schnell. Insofern will die FDP-Fraktion eine Offensive für Photovoltaik in Bad Nauheim auf den Weg bringen. Einen umfänglichen Antrag der Liberalen schickte das Stadtparlament jüngst in den städtischen Bauausschuss. Den Überweisungsantrag stellte Manfred Jordis (CDU). Wie der Christdemokrat dazu anmerkte, sei vieles längst in der Umsetzung: Sei es durch Stadt, Stadtwerke oder MiEg (Mittelhessische Energiegenossenschaft). Jordis verwies auf das 100-Dächer-Programm der Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD.
Photovoltaik in Bad Nauheim: Tempo gefordert
FDP-Mann Sven Klausnitzer nannte einen Schlüsselpunkt. Der Koalitionsvertrag der „Ampel“ in Berlin sieht einen deutschlandweiten Zubau bis auf 200 GWp (Gigawatt peak) installierter Leistung vor. Die Regierung will das Ziel bis 2030 erreichen. „Das ist annähernd eine Vervierfachung“, unterstrich der Freidemokrat. Die aktuell installierte PV-Leistung beträgt in Deutschland 56 GWp. In Bad Nauheim bestehe derzeit nur eine installierte Leistung von 6,5 GWp, bezogen auf das Stadtgebiet.
Photovoltaik in Bad Nauheim: Öffentlich und privat
Wie die FDP beantragte, soll die Stadt möglichst alle geeigneten Fassaden- und Dachflächen identifizieren, die sich für die Solarstromerzeugung eignen. Öffentliche und private Flächen sollte die Kommune laut Klausnitzer gleichermaßen in die Offensive für Photovoltaik in Bad Nauheim einbeziehen.
Anreize schaffen
Dabei böte sich seiner Ansicht nach an, zusammen mit den Stadtwerken Anreize zu schaffen: durch Mieterstrommodelle und Mietprogramme beispielsweise. Partnerschaften mit Firmen seien anzustreben, aber auch Genossenschaften. Dann könnten sich die Bürger finanziell beteiligen – das erhöhe Finanzkraft und Akzeptanz. „Die Wertschöpfung bleibt in der Region“, fügte er hinzu.
„Ohne weiteren Zeitverlust vorgehen“
Klausnitzer nannte einen Punkt, der den Ausbau in Bad Nauheim momentan noch bremse. „Aktuell wird die Bebauung mit PV-Anlagen auf städtischen Dachflächen erst überprüft, wenn es zu einer bau- oder energetischen Veränderung am Gebäude kommt.“ Eine Bebauung mit PV-Anlagen sei ohne weiteren Zeitverlust aber sofort möglich.
Ökologisches und finanzielles Plus
Wie er weiter hervorhob, sind PV-Installationen auf Mehrfamilienhäusern sehr effizient nutzbar. Das liege an der Größe der Dachflächen und dem hohen Eigenstromverbrauch der Bewohnerschaft. Einerseits sei ein ökologisches Plus zu erzielen. Zudem biete das Mieterstrommodell einen finanziellen Vorteil für Bewohner und Eigentümer. „Die Möglichkeit muss beworben werden, Beratung und technisch Umsetzung können die Stadtwerke schon heute leisten“, fuhr er fort.
Hilfen bei der Bürokratie
Ein großes Potential sieht die FDP auch bei den Ein- und Zweifamilienhäusern. Die Bürokratie betrachteten viele Eigentümer aber als Hürde. Insofern sei kompetente Beratung wichtig.
Neue Geschäftsfelder erschließen
Nach Einschätzung von Klausnitzer wird das gewinnbringende Gas-Geschäft für die Stadtwerke abnehmen. Neue Geschäftsfelder sind seiner Ansicht nach daher zwingend notwendig. „Beispielsweise ein Geschäftsmodell Ladesäuleninfrastruktur“, sagte er. Am Kaufland in Nieder-Mörlen stapelten sich die Autos. Ein weiteres Geschäft könne die Photovoltaik werden.
Partnerschaften können helfen
Der diesbezügliche Planungs- und Installationsaufwand sei jedoch sehr groß. „Den werden die Stadtwerke allein nicht stemmen können.“ Partnerschaften könnten dabei helfen.
Visualisierung ist wichtig
Als wichtig bezeichnete er zudem, die Fortschritte des Projektes zu visualisieren. „Eine Möglichkeit ist die Veröffentlichung über die Bad Nauheimer Homepage oder/und öffentlich auf einem Display.“
Photovoltaik hat viele Vorteile
Klausnitzer nannte die fünf großen Vorteile der Photovoltaik: Sauberer und günstiger Strom, hohe Akzeptanz, ein konkreter Beitrag zur Energiewende, außerdem eine flexibel einsetzbare Technik. Er betonte: „Jeder kann sein eigener Energiescheich werden. Diese Chance sollten wir nicht den großen Konzernen überlassen.“
„FDP erfindet das Rad nicht neu“
Wie Manfred Jordis anmerkte, erwecke die FDP mit dem Antrag den Eindruck, als bedürfe es der Liberalen, um mit der Photovoltaik voranzukommen. Die FDP erfinde das Rad aber nicht neu. Insofern beantragte Jordis, den Antrag im Ausschuss für Bau und Planung zu beraten. „Sicher gibt es das eine oder andere, wo man sich anschauen muss, ob man sich mehr wünscht“, sagte er. Jordis: „Diese Prüfung gab es vor ein paar Jahren schon mal, da kam heraus, dass manche Gebäude nicht geeignet sind. Beispielsweise wegen der Statik oder des Denkmalschutzes.“
„Was ganz Konkretes“
Jordis verwies auf das 100-Dächer-Programm der Koalition, welches das Hohe Haus im September mehrheitlich beschlossen hatte: „Das ist was ganz Konkretes.“