Paris-Brest-Paris 2023

Das Festival für Radler

Von Bruno Rieb

Rambouillet bei Paris war vom 20. bis 24. August 2023 das Mekka der Langstreckenradler der Welt. An die 7000 Radler waren angereist, um die gut 1200 Kilometer von Paris nach Brest und zurück zu fahren. Es war ein Festival für die Freunde des muskelbetriebenen Fahrrads.

Nur Muskelkraft erlaubt

Unter den Langstreckenradlern, die sich in den ausgedehnten Parks des Pariser Vororts versammelten, waren gut 700 Deutsche, darunter eine kleine Gruppe aus Hessen, die ihre Qualifikationstouren beim Christian Schulz in Gießen absolviert hatte. Schulz betreibt den Andax Randonneurs Allemagne (ARA) Mittelhessen und bietet darüber die Qualifikationsbrevets an.

Rambouillet platzte aus allen Nähten. Aus allen Winkeln und Ecken quollen Radler mit ihren Fahrzeugen, darunter Tandems, Liegeräder und sogar Velomobile. Alles ist bei dieser Tour erlaubt, was per Muskelkraft über eine Kette betrieben wird. Es dominierten Kreuzungen zwischen Rennrädern und Mountainbike, Gravel Bikes genannt, an deren Rahmen kleine Taschen befestigt sind, in denen die Radler alles verstauen, was sie für die ausgedehnte Tour benötigen. Die Tour ist damit auch Fahrradmesse: Es ist zu sehen, was weltweit an Ausrüstung auf dem Markt ist. Das Fachsimpeln beginnt oder endet damit, dass der bestaunte Drahtesel angehoben wird: Das Gewicht zählt.

Kein Rennen, ankommen zählt

Paris-Brest-Paris wurde 1891 zum ersten Mal ausgetragen und ist damit älter als die Tour de France. Ursprünglich war es ein Radrennen, das 1951 zuletzt ausgetragen wurde. Daraus entwickelte sich der Fahrradmarathon, bei dem nur zählt, die Strecke in 90, 84 oder 80 Stunden zurückzulegen. Die Radler sind von durchtrainiert bis füllig, sogar Bierbäuche sieht man gelegentlich. Auch etliche Frauen stellen sich der Herausforderung. Zwei Tage lang werden die Radler in Blöcken in alphabetischer Folge auf die Reise geschickt. Jeder Block umfasst mehrere Hundert Radler. Zwischen dem Start der Blöcke liegen 15 Minuten. Die Stimmung ist wie in einer Diskothek. Unterwegs warten auf die Radler zahllose Verpflegungsstationen und ein Publikum in Feierlaune. Zurück kommen die in recht unterschiedlicher Verfassung. Den einen mekrt man die Strapaze kaum an, andere können sich kaum noch auf den Beinen halten.

Diesmal soll einer die Strecke in 41 Stunden geschafft haben. Der Sohn des Verfassers dieser Zeilen, Jannis Rieb, legte sie in 66 Stunden zurück.

Claus Czycholl am 20. August abends in Ramboullet

Claus Czycholl, der 1991 zu den beiden ersten deutschen Startern bei Paris-Brest-Paris gehörte, hat das Langstreckenradeln in Deutschland bekannt gemacht. Als er die erste Fahrt über 300 Kilometer anbot, kamen vier Teilnehmer, erzählte er bei einem Treffen der deutschen Teilnehmer in Rambouillet. „Zur 600-Kilometer-Rour kam nur einer, das war ich“, sagte er. Er ist inzwischen 80 Jahre alt und saß diesmal statt im Sattel in den bequemen Stühlen der Gaststätten in Rambouillet.

Titelbild: Der Block O startet am Sonntagabend gegen 20 Uhr. (Fotos: Rieb)

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