Finanzamt mit Mega-Dämmung
Von Klaus Nissen
Nur fünf Monate nach der Grundsteinlegung ragt der Rohbau des neuen Finanzamts an der Ludwigstraße in den Himmel. Zum Richtfest des riesigen Gebäudes gab es alkoholfreie Cola – und großes Lob für Daniel Beitlich.Finanzamt wird das größte Haus in Nidda
Der vierstöckige Rohbau links vom Eingang zum ehemaligen Hornitex-Werk ist fertig. Das ab jetzt wohl größte Gebäude Niddas ist ein langgestreckter Komplex mit vielen Fenstern. Auf dem Dach arbeiteten gestern die Handwerker. Darunter, im künftigen Sitzungssaal an der vorderen Schmalseite, schlug Werner Seipp am zielsicher einen Nagel ins Holz. Zuvor brachte der Chef der Rohbaufirma Kläs aus Haiger einen sperrigen Sachverhalt in Reimform: „Der Bauherr und Eigentümer Revion hat den Schritt gewagt – und die Oberfinanzdirektion Frankfurt hat Ja gesagt“ und dann: „Das dritte Glas des Weines voll, weil’s meinen Kollegen dienen soll.“ Tatsächlich nahm der Bauprofi einen Zug aus der Wasserflasche.
Die ersten Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten pirschten vor der Richtfeier schon mal durch den langen Korridor im Erdgeschoss. Es roch nach frischem Beton. Sie lugten links und rechts in die großen Büroräume. Einzelzimmer gibt es im Neubau nicht, die Wände sind aus Gipskartonplatten in Alu-Profilen in die trägerlose Etage eingebaut und können jederzeit versetzt werden. Einige Finanzbeamte verschlug es auch in die künftige Amtsküche mit der lichtdurchfluteten Kantine an der hinteren Schmalseite. „Sind hundert Parkplätze nicht viel zu wenig?“ fragte da eine Dame skeptisch. Hier sollen doch 220 Menschen arbeiten.
Das schon – aber so gut wie nie alle zugleich, erklärte der Wiesbadener Finanz-Staatssekretär Martin Worms. Er sprach von Multispace und Desk-Sharing: Die Niddaer Steuer-Fachleue nutzen ab Ende 2023 wechselnde Arbeitsplätze. Keiner hat mehr ein eigenes Zimmerhen. Worms:“Da es viele Möglichkeiten gibt, zeitweise auch im Heimbüro zu arbeiten, müssen nur noch 80 Prozent der Arbeitsplätze im Amt vorgehalten werden. Das spart nicht nur nachhaltig Grundfläche, sondern auch Material-, Strom-und Heizkosten.“
In Nidda wird die Steuer für Offenbacher erhoben
Mehr noch: Nach Nidda verlegt die Finanzverwaltung laut Worms gut 60 zusätzliche Bedienstete. Sie sollen im neuen Gebäude die Steuererklärungen aus Offenbach verarbeiten. Auch Betriebsprüfer für land- und forstwirtschaftliche Unternehmen aus Hessen arbeiten künftig von Nidda aus. Schon jetzt sei in Nidda eine von neun hessischen Finanzkassen angesiedelt. Die Arbeitsbedingungen des Personals würden sich deutlich verbessern. Das alte Finanzamt aus dem Jahre 1902 mit seinen diversen Anbauten an der Schillerstraße sei ja in einem „suboptimalen Zustand.“ Was aus der Immobilie künftig wird, ist laut Bürgermeister Thorsten Eberhard noch unklar.
Bevor die Richtfest-Gäste an die Lachs- und Camembertschnitten gelassen wurden, hörten sie mehrere Lobreden auf den Investor. Gut 17 Millionen Euro bringt Daniel Beitlich mit seiner Firma Revikon für den Bau des Finanzamtes auf. Er treibt das Projekt enorm schnell voran. Der erste Spatenstich war am 16. Mai, die Bodenplatte lag am 5. Juli, und seitdem wuchs der aus Betonfertigteilen montierte Bau schnell in die Höhe. Das gehe nur mit verlässlichen Handwerkern, meinte Beitlich. „Wir liegen im Zeitplan und haben keine Verletzten. Das ist mir das Wichtigste.“
Es gibt keine eigenen Büros mehr
Thomas Platte vom Landesbetrieb Bau und Immobilien hat mit der Revikon einen 15-jährigen Mietvertrag über das Amtsgebäude geschlossen, der auf 25 Jahre verlängert werden kann. Das Finanzministerium wird den Bau vom Landesbetrieb mieten. Und seine Bediensteten dann in Büros modernsten Standards arbeiten lassen. Die Außendämmung ist so dick wie die Betonwände selber. Alle Lampen sind stromsparende LEDs. Im ersten Stockwerk entstehen neben Büros auch Schulungsräume. Im zweiten Stock sind Besprechungsräume und die Vollstreckungs-Abteilung, und ganz oben werden „Jobfit und Flashraum“ Platz finden – was immer das auch ist. Wie heißt es im Richtspruch: „Da gelingt auf 4000 Quadratmetern so mancher Traum, hier macht das Steuer suchen bestimmt Freude, das sieht man heut schon, ihr Zahler und Leude.“