Es muss endlich wieder regnen
Nur etwa vier Prozent der üblichen Regenmenge gab es seit Mitte März 2020 in Deutschland. Wir sind auf dem Wege zu einer erneuten Dürre in Deutschland. Am Ostermontag fielen nachmittags für fünf Minuten einige Tropfen. Landwirt Andreas Müller aus Nidda-Harb sagt: „Die reichten noch nicht mal aus, den Staub zu binden.“ Auf seinen Feldern hat der Boden eine rissige, steinharte Kruste. In acht bis zehn Zentimetern Tiefe sei die Erde noch etwas feuchter. Trotzdem müsse es dringend regnen. Nicht nur Andreas Müller fürchtet einen Dürre-Sommer wie 2018 und 2019. Die Trockenheit macht den Bauern schon jetzt Probleme.Dürre in Deutschland
Etliche Felder sind noch hellbraun und kahl. Wenn der Landwirt auf dem Traktor sie eggt oder walzt, staubt es gewaltig. Andreas Müller hat gerade Sommergetreide gesät, andere Landwirte bringen die Maissaat in die Erde. Doch wenn es weiter so trocken bleibt, können die Pflanzen nicht keimen. Der Acker wird dann kahl bleiben.
Auch das im vorigen Herbst gesäte Wintergetreide und der gerade gelb anblühende Raps haben Probleme, meint Ortslandwirt Müller. Im Herbst hat es so stark geregnet, dass die schweren Maschinen tiefe Spuren auf den Feldern hinterließen. Die Saat sei damals im Schlamm regelrecht „abgesoffen“ und nicht überall gut aufgegangen. Nun haben die jungen Pflanzen Stickstoffdünger bekommen. Doch weil es nicht regnet, kommt die Nahrung nicht an die Wurzeln. Die Felder sind zwar noch grün, doch auf gute Erträge kann man laut Andreas Müller nur dann noch hoffen, wenn es spätestens im Mai ordentlich regnet.
Der Raps ist auch nach Ansicht von Karsten Farr gefährdet. Der Rinderbügener Ortslandwirt sagt: Die jungen Pflanzen haben lange, saftige Triebe gebildet, in denen viel Wasser steckt. Doch nun gibt es keinen Nachschub mehr. Deshalb bildet der Raps weniger Seitentriebe. Und dort, wo es in den letzten Frostnächten bis minus sieben Grad kalt wurde, platzen die Stängel auf. Die Rapspflanzen überleben das, doch die Wunden sind Einfallstore für Pilze.
Der Raps wird wieder häufiger angebaut
In der Wetterau und ganz Hessen steht der Raps in diesem Jahr auf mehr Feldern als 2019. Die Bauern pflanzten ihn häufiger, weil sie hoffen, dass die in den letzten Dürrejahren eingebrochenen Erträge in der neuen Saison wieder steigen. Trotzdem wächst die gelbe Pracht hessenweit nur noch auf gut sieben Prozent der Ackerflächen, fast halb so viel wie in früheren Spitzenjahren. Ein Lobpreis des Rapses kommt vom Hessischen Bauernverband. Er schildert, wie aus den gelben Blüten binnen zweier Monate unscheinbare Schoten werden, in denen während des Sommers mehr als 20 kleine schwarze Rapskörner heranreifen. Blätter fallen ab, die Stängel werden zu braunem und trockenem Stroh.
Nach der Ernte mit dem Mähdrescher, in der Regel im Juli, bleiben Stängel und Schoten als organischer Dünger kleingehäckselt auf dem Feld zurück. Von einem Hektar werden durchschnittlich 4000 Kilogramm Rapskörner mit einem Ölgehalt von rund 40 Prozent geerntet. 40 Prozent beträgt laut Bauernverband auch der Marktanteil des heimischen Rapsöls in den Speiseöl-Regalen der Supermärkte. In den letzten Jahren habe sich herumgesprochen, dass Rapsöl sehr gesund sei.
Die gepressten Reste der Rapspflanzen werden zu einem eiweißreichen Tierfutter verarbeitet. Aus der Rapsernte eines Hektars werden in Ölmühlen etwa 1600 Liter Rapsöl oder Biodiesel und aus dem Pressrückstand 2400 Kilo Rapsschrot gewonnen. Der ersetzt Soja-Importe aus Südamerika und trägt nach Ansicht von Bauernpräsident Karsten Schmal zum Schutz der dortigen Regenwälder bei.
Für den Rinderbügener Ortslandwirt Karsten Farr ist das allerdings kein Argument, selbst Raps anzubauen. Er habe damit aufgehört, weil die Frucht nicht wirtschaftlich genug sei. Wichtig ist für den Landwirt der Mais. In diesen Tagen sät er 80 Hektar auf eigenem Land, auf weiteren 80 Hektar von befreundeten Landwirten lässt er ebenfalls die aus Südamerika stammende Energiepflanze anbauen. Im Herbst wird der Mais gemäht und gehäckselt unter Luftabschluss vergoren. Nach und nach wandert die Silage dann in die große Biogas-Anlage der Familie.
Als Pionier in der Wetterau baut Karsten Farr jetzt auch Wickroggen an. Auf nicht weniger als 60 Hektar wächst in diesem Jahr Winterroggen gemeinsam mit den rankenden, gefiederten Blättern der Zottelwicke. Mitte Juni wird der unreife Wickroggen gemäht und in die Biogasanlage gesteckt. „Alternativ kann ich ihn an auch meine Tiere verfüttern“, sagt Farr. Dann nämlich, wenn das Gras wegen zu geringer Niederschlage knapp ist. Gut sei auch, dass der Wickroggen wenig Dünger und kaum Pflanzenschutzmittel brauche. Nach der Mahd bleibt eine Grasschicht übrig. Dieses Ackergras wurzelt bis zu zwei Meter tief und wächst príma, schwärmt Landwirt Farr. Es kann in den folgenden Monaten noch zwei- bis dreimal gemäht werden. Daraus wird dann Grassilage, oder es wandert direkt in die Tröge der Rinder. Im Folgejahr kommt dann wieder Mais auf den Acker.
Fußball auf dem Weizenfeld
Am Rande des Ballungsraums begegnen sich Menschen aus unterschiedlichen Welten. Davon kann Anke Krüger vom Regionalbauernverband Wetterau-Frankfurt ein Lied singen. Der Clash der Kulturen finde auf den Feldwegen statt, sagt sie. Besonders im Vordertaunus und der südlichen Wetterau sind wegen des Frühlingswetters und der Corona-Freizeit viele Fußgänger aus den Städten unterwegs. „Die sind leider nicht immer bereit, den Weg frei zu machen, wenn sie einem Landwirt mit seinen Geräten begegnen.“ Ihnen sei nicht klar, dass die Wege vor allem für die Bauern angelegt wurden. Bei Oberursel habe ein Landwirt jüngst sogar eine Gruppe von Städtern angetroffen, die auf dem seinem grünen Weizenfeld Fußball spielten. Als er sie zur Rede stellten, meinten Sie: „Wir dachten, hier wächst ein Rasen“.
Der Regionalbauernverband will nun 300 Schilder an häufig begangenen Feldrainen aufstellen. Die Botschaft: „Hier wächst das Getreide für Ihre Brötchen“. Das wissen halt nicht mehr alle. In der ganzen Wetterau, dem Hochtaunuskreis und an den Frankfurter Stadträndern zählt der Verband nur noch etwa 1600 Haupt und Nebenerwerbslandwirte.