Corona Wetterau

Steigende Inzidenz – Ärzte warnen

In der Wetterau gab es am 18. März 2021 nicht weniger als 74 neue Corona-Infektionen. Aktuell sind 532 Menschen infiziert, meldet das Gesundheitsamt in Friedberg. Es gab drei weitere Todesfälle. Die Inzidenz steigt auf 80 neue Fälle pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Mehrere Ärzte warnen davor, den Präsenzunterricht auszuweiten. Oder in den Urlaub zu reisen.

Weitere Infektionen in vielen Kommunen

Neuinfektionen wurden gemeldet aus Altenstadt (1), Bad Nauheim (5), Bad Vilbel (24), Büdingen (1), Butzbach (12), Echzell (1), Florstadt (2), Friedberg (6), Gedern (2), Glauburg (1), Limeshain (2), Münzenberg (1), Nidda (6), Niddatal (1), Ortenberg (1), Reichelsheim (3), Rosbach (1), Wölfersheim (3) und Wöllstadt (1). In den letzten sieben Tagen haben sich im Wetteraukreis 249 Menschen mit dem Virus infiziert. Das ergibt eine Inzidenz von 80,1.

Die aktuelle Situation gebe Anlass zur Sorge und erhöhter Vorsicht; weitere Öffnungen in Schulen und Kitas sollten verschoben werden, hieß es bei einer Videokonferenz von Landrat Jan Weckler mit mehreren Wetterauer Hausärzten. Sie betonten, sie würden gerne ihre Patienten gegen Corona impfen.

Zu Hause geht die Disziplin flöten

Die Menschen halten sich im öffentlichen Raum zumeist an die Vorgaben und Regelungen, sagte Landrat Weckler. Das Problem liege überwiegend im privaten Bereich. Dort würden vielfach die Regeln nicht mehr befolgt. „Aus der Kontaktnachverfolgung wissen wir, dass sich die Menschen überwiegend im privaten, im familiären Bereich anstecken. Auch wenn es viele überdrüssig sind zu hören, wir brauchen Geduld und wir müssen es ein Stück weit ertragen, Feiern und Zusammenkünfte immer noch zu verschieben“, so Weckler.

Kinder und Jugendliche sind wohl wegen des britischen Virus jetzt mehr und länger ansteckend sind, sagte der Kinder- und JugendmedizinerArno Fuchshuber beim Treffen. In der jetzigen Situation solle man unbedingt darauf verzichten sollte, vor Ostern Schulen und Kitas weiter zu öffnen.

Die Videokonferenz der Wetterauer Hausärzte.

Eine erhöhte Ansteckungsgefahr sieht auch der Leitende Amtsarzt Reinhold Merbs: „Weil durch die höhere Ansteckung sich auch mehr Menschen infizieren. Das spielt sich alles in jüngeren Jahrgängen ab und die Übertragung findet dann in den Familien statt. Das sehen wir anhand der Cluster. Wenn einer in der Familie infiziert ist, sind es in der Regel auch die anderen. „

Die Inzidenz steige jetzt nicht durch Infektionen in Altenheimen, sondern über die Fläche verteilt. Das mache es wesentlich schwieriger, die Entwicklung in den Griff zu bekommen und die Kontaktnachverfolgung zu sichern.

Auf den Intensivstationen liegen jetzt Jüngere

Betroffen sei vor allem die Altersgruppe zwischen 30 und 70. Merbs: „Auf den Intensivstationen liegen jetzt deutlich mehr Menschen zwischen 40 und Ende 60, mit teilweise gravierenden Verläufen in sehr kurzer Zeit.“ Zugleich sind die Kapazitäten in den Krankenhäusern ziemlich weit ausgereizt, berichtete Merbs. „Deshalb muss es unser gemeinsames Interesse sein, die Geduld, die jedem abverlangt wird, noch für eine Weile aufzubringen, damit wir nicht nachher sagen, wir haben die dritte Welle verloren, weil wir keine Geduld mehr hatten.“

Absurd sei es, in der aktuellen Situation Urlaubsreisen nach Mallorca zu planen. „Wir sehen, dass aus einem kleinen Fünkchen ein Feuer wird. Ein Feuer, das wir dann nicht mehr beherrschen können. Wir brauchen Geduld und wir brauchen die Einhaltung der Regeln: Abstand halten, Hygiene einhalten, Kontakte vermeiden.“

„Schulöffnung ist ein großer Fehler“

Der Friedberger Hausarzt Marc de Groote sprach sich dafür aus, den Präsenzunterricht nicht vor den Osterferien wieder einzuführen. Diese Frage werde in den Schulgemeinden heftig diskutiert. Die einen fordern die Öffnung der Schulen so schnell wie möglich, andere sind da eher vorsichtig. Landrat Weckler dazu: „Fakt ist, wenn hessenweit die Inzidenz über 100 steigt, wird es vor Ostern keinen Wechselunterricht für die Sekundarstufe I geben. Bei der derzeitigen Entwicklung gehe ich davon aus, dass der Präsenzunterricht in den Schulen vor den Osterferien nicht mehr ausgeweitet werden wird.“

Dr. Wolfgang Pilz, Hausarzt in Friedberg/Ockstadt, hält die Öffnung von Schulen und Kitas für einen großen Fehler. „Aus meiner eigenen Praxis weiß ich, dass die Patientinnen und Patienten immer jünger werden und die ganze Familie anstecken. Um die weitere Verbreitung zu verhindern, brauchen wir einen Schnitt, indem wir alle Kitas und Schulen schließen. In einem Monat werden wir damit hadern, dass wir heute nicht umgesteuert haben.“ Wichtig sei die Schaffung weiterer Testcenter.

Apotheken machenSchnelltests

Was die kostenlosen Tests angeht, so gibt es mittlerweile eine Reihe von Apotheken, die solche Tests anbieten. Eine Liste der Apotheken gibt es im Internet unter www.wetteraukreis.de, Stichwort: Kostenlose Corona-Tests. Auch eine große Drogeriemarktkette hat mit Planungen begonnen, um an ihren Standorten solche Teststationen für so genannte Bürgertests einzurichten.

Testcenter des Kreises und der Kassenärztlichen Vereinigung in Reichelsheim ist laut Dr. Merbs an der Auslastungsgrenze. Dort wurden am 16. März binnen zweier Stunden 75 Tests vorgenommen. In diesem Zusammenhang bedauerte der Amtsarzt, die neue Regelung in Hessen, nach der ein positiver Schnelltest nur zur Quarantäne der Testperson führt. Bis zur Bestätigung durch den PCR-Test bleiben die anderen Mitglieder des Hausstandes von der Quarantäne ausgenommen: „Da die meisten positiven Schnelltests sich im PCR-Test bestätigen, halte ich das für eine falsche Entscheidung, die nicht zur Verlangsamung des Infektionsgeschehens beiträgt.“

Positive sollten die ganze Familie in Quarantäne nehmen

War es früher üblich, dass bei einem Corona-Schnelltest auch die anderen Mitglieder des Hausstandes in Quarantäne gehen, so bedarf es jetzt einer Bestätigung durch einen PCR-Test. „Das führt dann dazu, dass die anderen Familienangehörigen weiter in die Schule, zur Arbeit oder in den Kindergarten gehen und dabei ansteckungsfähig sind. Gerade bei der britischen Mutante ist das hochgefährlich, zumal man davon ausgehen kann, wenn ein Familienmitglied es hat, die anderen fast sicher ebenfalls angesteckt werden“, sagte Merbs.

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