Pro Bahn kritisiert Krisenmanagement
Der Landesverband Hessen des Fahrgastverbandes kritisiert die Deutsche Bahn AG (DB) wegen ihres Managements bei den unvorhersehbaren Streckensperrungen und Zugausfällen. Auf der
Main-Weser-Bahn Frankfurt-Gießen-Marburg-Kassel beispielsweise gebe es in den letzten Monaten fortwährend Oberleitungsschäden. Beispiele seien hier aktuell die Situationen am 6. Juli 2017 zwischen Bad Nauheim und Friedberg sowie am 19. Juni 2017 zwischen Borken und Wabern und am 12. September 2016 bei Stadtallendorf, bemängeln von Pro Bahn Detlef Neuß (Bundesvorsitzender) und Thomas Kraft (Hessischer Landesvorsitzender).
Keine eigenen Busse mehr
Pro Bahn kritisiert, dass die Bereitstellung von Schienenersatzverkehr immer schlechter funktioniere. Nachdem die Deutsche Bahn ihre eigenen Bahnbusgesellschaften abgetreten hat, verfüge die DB seit Jahren über keine eigene Busflotte mehr. Völlig unzureichende Verträge wurden stattdessen mit kleinen privaten Busunternehmen geschlossen. Diese können den erforderlichen Fahrzeugbedarf überhaupt nicht erbringen, so dass im Präzedenzfall oftmals kein Schienenersatzverkehr für die gestoppten Züge bereitgestellt wird. „Dem nicht genug. So gut wie immer steht an den betroffenen Bahnstationen kein Personal zur Information der Fahrgäste bereit“, stellt Thomas Kraft fest.
Pro Bahn fordert daher, dass flächendeckend in Deutschland seitens der Eisenbahnverkehrsunternehmen Personaleinheiten bereit gehalten werden, welche innerhalb einer angemessenen Zeit von max. 30 Minuten vor Ort an den betroffenen Bahnstationen eintreffen, um gestrandete Fahrgäste zu informieren. Mittlerweile seien Abschnitte von über 100 km wie zwischen Marburg und Kassel im Alltag ohne jedwedes Auskunftspersonal. Der Fahrgastverband fordert den Bundesgesetzgeber auf, die Deutsche Bahn und die weiteren Eisenbahnverkehrs- und
-infrastrukturunternehmen zu verpflichten, ausreichend Busdepots als „stille Reserve“ mit während der Betriebszeit bereit stehenden Bussen einzurichten und zu unterhalten. Hierzu müsse der Gesetzgeber der Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen die dazu notwendigen Mittel zur Aufbringung der Betriebskosten dieser Maßnahme zur Verfügung stellen.
Erheblicher Nachholbedarf
Nicht nur bei der Personal- und Busbereitstellung habe die Deutsche Bahn Nachholbedarf. Auch müsse für alle störanfälligen Strecken ergründet werden, warum es so häufig zu Oberleitungsschäden komme. Die Elektrifizierung der Main-Weser-Bahn erfolgte im Jahr 1967, also vor genau 50 Jahren. Eine grundhafte Erneuerung habe auf dieser rund 200 km langen Strecke in Hessen ebenso wenig stattgefunden wie an anderen Stellen in Deutschland. Kraft und Neuss erläutern: „Die Zuggattungen haben sich in den letzten fünf Jahrzehnten entscheidend verändert. Heute fahren, wenn auch auf der Main-Weser-Bahn als Ausweichroute, große ICE, welche einen viel stärkeren Druck mit ihren Bügeln auf die Oberleitung ausüben aber auch S-Bahnen und ahverkehrstriebwagen.“ Die Technik an der Strecke hätte sich angesichts dieser verschiedenen Produkttypen auch verändern
müssen. Das sei nicht geschehen, so dass man auch aus diesem Grund immer mehr Oberleitungsschäden zu beklagen habe. Die Situation dürfe nun von der DB nicht ausgesessen werden. Es müsse noch im Jahr 2017 eine offene Gesprächsrunde gestartet werden, um zeitnah für Veränderungen und Verbesserungen im Sinne der Fahrgäste zu erreichen. Ein weiter so ist nicht hinnehmbar.