Colletti und Kiesel sollen nach Berlin
Von Klaus Nissen
Bei den Wetterauer Grünen stehen nun die Direktkandidaten für den Bundestag fest. Die bei der Kommunalwahl gestärkte Partei schickt außerdem zwei Routiniers in die Kreisregierung- den Kreisausschuss.Zwei Grüne für die Kreisregierung
Auch wenn die CDU den Kreis wieder mit der SPD regieren will, bekommen die Grünen mehr Einfluss. Sie konnten ihre Wählerzahl am 14. März 2021 mehr als verdoppeln, erhielten 19 statt neun Prozent im Jahre 2016. Deshalb stellen sie nun zusätzliche Vertreter in wichtigen Gremien. Im Kreistag wächst die Fraktion von sieben auf 15 Köpfe. Und im 13-köpfigen Kreisausschuss, der Wetterauer Regierung, rechnen die Grünen mit zwei Mandaten.
Bei der Mitgliederversammlung am 24. April 2021 in Rosbach wählten sie dafür die Routiniers Brigitta Nell-Düvel und Carl Cellarius. Die 1953 geborene Diplom-Psychologin Nell-Düvel war bis Ende 2017 Erste Stadträtin in Bad Nauheim. Und der aus Schotten stammende, ein Jahr ältere Carl Cellarius gehört zu den Mitbegründern der Wetterauer Grünen. Seit Jahrzehnten engagiert sich der auch unter seinem Spitznamen „Flatter“ bekannte pensionierte Rettungssanitäter im Kreistag und im Friedberger Parlament. Nun sollen beide ehrenamtlich die laufenden Geschäften des Kreises mitbestimmen. Die bisher im Kreisausschuss sitzende Grüne Hannelore Rabl aus Bad Vilbel verlässt das Gremium bei der Sitzung am 11. Mai 2021.
Mehr Grüne im Ovag-Eignerparlament
Der Kreistag wird auch zusätzliche Vertreter in andere wichtige Gremien senden. Die Wetterauer Grünen stellen erstmals fünf Abgeordnete im Eigentümer-Parlament des OVAG-Konzerns, sagte Grünen-Sprecher Thomas Zebunke nach der Mitgliederversammlung. Die bisherigen Vertreter Marcus Stadler aus Nidda und Katja Dombrowski aus Friedberg bekommen Verstärkung durch Dr. Ina Neher aus Florstadt, Heiko Roth aus Butzbach und Priska Weller aus Bad Vilbel. Und im Verwaltungsrat der Sparkasse Oberhessen sind die Grünen künftig mit dem Bad Vilbeler Finanzberater Thomas Tilse vertreten.
Für die beiden Wetterauer Bundestags-Wahlkreise gibt es nun zwei grüne Direktkandidaten. Im Wahlkreis 175 für die östliche Wetterau, Schotten und Teile des Main-Kinzig-Kreises steht schon seit Monaten der Physikiker Knut Kiesel aus Maintal in den Startlöchern. Wer im Wahlkreis 177 für Echzell, Florstadt, Reichelsheim und die westliche Wetterau nach Berlin soll, klärten die Grünen per Kampfabstimmung. Drei Frauen hatten sich gemeldet. Bei der Versammlung in Rosbach zog die Niddatalerin Isabella McNicol ihre Kandatur zurück. Vorab hatte der Bad Vilbeler Ortsverband die 29-jährige Kommunikationsberaterin Jana Peters auf den Schild gehoben. Doch dann unterlag sie mit 24 zu 29 Stimmen der kurzfristig angetretenen Grünen-Kreissprecherin Michaela Colletti. Sie ist 1964 geboren, wuchs in Staufenberg bei Gießen auf und lebt seit 1990 in Rosbach. Colletti leitet seit 25 Jahren ein Übersetzungsbüro und trat 2019 zuerst im Rosbacher Stadtparlament auf die politische Bühne. Jetzt kommt sie auch in den Kreistag und repräsentiert gemeinsam mit dem Friedberger Thomas Zebunke den 360 Mitglieder zählenden Grünen-Kreisverband. Für die Direktkandidatur habe sie sich vorab mit Zebunke abgesprochen, teilte Colletti mit. Die beiden machten es also wie die Grünen-Spitzenleute Robert Habeck und Annalena Baerbock. Zebunke soll nun den Wahlkampf der Direktkandidatin Colletti organieren. Sie tritt am 26. September 2021 gegen den CDU-Mann Armin Häuser, die junge SPD-Frau Natalie Pawlik und den aktuellen FDP-Bundestagsabgeordneten Peter Heidt (alle aus Bad Nauheim) an.
Wahlkampf mit sozialen Themen
Während Jana Peters laut Zebunke in der Mitgliederversammlung eher Klima-Themen in ihrer Bewerbungsrede ansprach, redete Colletti mehr über Soziales: „Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich im letzten Jahr weiter verstärkt. Das müssen wir ändern.“ Gut 19 Prozent weniger als ein Mann verdiene eine berufstätige Frau in Deutschland. „ Mit Corona sitzt sie im Homeoffice. Sie macht den Rest. Kinder, Eltern pflegen, Haushalt und dann dazu verdienen. Wir brauchen eine verlässliche Kinderbetreuung in Kindergarten und Schule. Auch ich hätte ich es nicht geschafft ohne meine Eltern im Hintergrund. Daran hat sich bislang nichts geändert. Auch Chancengleichheit ist nach wie vor ein Fremdwort. Akademikerkinder kommen besser voran.“