Windpark Winterstein

Rotoren drehen sich erst ab 2025

Von Klaus Nissen

Der Bau eines Windparks auf dem Winterstein wird konkreter. Der Landesbetrieb HessenForst will in den nächsten Wochen den Bau der Rotoren in seinem Wald oberhalb von Ockstadt ausschreiben. Das ärgert die Mitglieder des Bündnisses für Windkraft auf dem Winterstein. Sie fordern eine gemeinsame Ausschreibung für das gesamte Gebiet.

Hessenforst sucht separat Betreiber

Schon im Mai 2022 wollte der Landesbetrieb HessenForst öffentlich nach Erbauern und Betreibern von sieben bis acht neuen Windkraftanlagen in seinem Wald oberhalb von Ockstadt suchen. Das klappte nicht ganz; „möglichst zeitnah“ geht es aber los, kündigt nun Michelle Sundermann an, die Pressesprecherin der staatlichen Forstunternehmens.

Auf der Kuppe des Winterstein kann sehr viel Strom geerntet werden, finden die Mitglieder des Bündnisses Windpark Winterstein. Im Juni 2021 wiesen sie vor Ort darauf hin. Foto: Nissen

Die Mitglieder des Bündnisses für Windkraft auf dem Winterstein kritisieren diese Ausschreibung von HessenForst. Sie sei ein voreiliger Alleingang, schreibt Hans-Dieter Wagner im Namen des Bündnisses. Dessen Mitglieder sind unter anderen die Initiativen Querstellen Friedberg, Wetterau im Wandel, Fridays for Future, der Energiebildungsverein, der Bund für Umwelt und Naturschutz und die Grünen.

HessenForst soll nicht vorpreschen

Mit der schnellen Ausschreibung strebe HessenForst maximale Pachteinnahmen an, argwöhnt Hans-Dieter Wagner vom Winterstein-Bündnis. Das gehe zu Lasten von Bürgerbeteiligung,
günstigem Strombezug und zu Lasten der Einnahmen für die Kommunen. Es sei nicht gut, wenn sich mehrere Betreiber gegenseitig den Wind aus den Segeln nehmen. „Wir setzen auf maximal mögliche Beteiligung durch Bürgerenergie, die diese gemeinsam erzeugen lassen und gemeinsam vorteilhaft nutzen“, meint auch Werner Neumann vom BUND Wetterau. „Die Kriterien für Bürgerenergie und regionale Wertschöpfung hat HessenForst in seinen Ausschreibungen jedoch überhaupt nicht definiert. Dies behindert aber faktisch die Mitwirkung regionaler Stromanbieter, Kommunen und Energiegenossenschaften.“ Hessenforst solle den Alleingang abblasen und sich mit den anderen Winterstein-Besitzern an einen Runden Tisch setzen, fordert das Bündnis.

Stürme und Dürren haben die Quarzitkuppe an der Grenze von Hochtaunus- und Wetteraukreis zerrupft. Hier sollen künftig Windmasten in den Himmel ragen. Foto: Nissen

Das ist unnötig, so HessenForst-Sprecherin Michelle Sundermann. Der Landesbetrieb halte sich an den vor Monaten verfassten „Letter of Intent“ der Grundeigentümer am Winterstein. Das gemeinsame Ziel einer ganzheitlichen Entwicklung des Winterparks werde durch die separate Ausschreibung nicht beeinträchtigt. Es gehe Hessenforst auch nicht um maximalen Gewinn. Die Angebote von Betreibern würden zu 70 Prozent nach den bestmöglichen Pachterlösen sortiert. Zu 30 Prozent werde HessenForst die Chancen auf regionale Wertschöpfung und Bürgerbeteiligung in der Ausschreibung berücksichtigen.

Zweite Ausschreibung folgt noch im Sommer

Friedbergs Bürgermeister Dirk Antkowiak und sein Rosbacher Kollege Steffen Maar finden den Alleingang von HessenForst nicht tragisch. Man werde letztlich den gesamten Windpark gemeinsam beplanen, sagt Antkowiak. „Bei allen Gesprächen sitzt HessenForst mit am Tisch.“ In oder nach den Sommerferien wollen Friedberg, Rosbach und Ober-Mörlen dann eine eigene Ausschreibung machen. Der Wehrheimer Bürgermeister Gregor Sommer verfolgt das Verfahren. Wenn es für Wehrheim Chancen bietet, will er nach eigenem Bekunden dem Parlament eine Vorlage zur Beteiligung am Windpark schreiben.

Schon vor der Ausschreibung bekomme er wöchentlich Anfragen interessierter Betreiber, sagt Dirk Antkowiak in Friedberg. Im Moment sammle man Daten, wie der Windpark am besten zu betreiben und die Einnahmen zu verteilen wären. Im Sommer oder im Herbst entscheiden dann die Parlamente, ob man den Windpark an Pächter vergibt oder gemeinsam mit der Ovag eine kommunale Betreibergesellschaft gründet.

Verfahren dauert mindestens drei Jahre

Bis sich die ersten Rotoren drehen nach Schätzung von Michelle Sundermann mehr als drei Jahre. Zunächst werde für jede Fläche mindestens ein Jahr lang geprüft, ob der Artenschutz, die Flugsicherung, der Denkmalschutz oder andere Belange der Windkraftnutzung entgegen stehen. Dann folgt der Genehmigungsantrag nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, so die Sprecherin von Hessenforst. Schnell, so scheint es, gelingt in Deutschland nur das Autofahren.

Auf dem Winterstein weht es heftig – trotzdem kam die Planung für einen Windpark dort jahrelang nicht voran. Sie drohte gar zu scheitern. Die meisten Politiker in den vier Anlieger-Kommunen lehnten das Projekt ab. Noch im März 2020 legten sie einen Bebauungsplan vor, der höchstens drei Windmasten erlaubt hätte: zwei am Steinkopf in der Gemarkung Friedberg, einen auf dem Saukopf auf Rosbacher Land.

Friedberg besitzt die größte Fläche

Doch nun wird alles anders. Der Ukraine-Krieg ließ die Einsicht wachsen, dass wir heimische Energiequellen brauchen. Nun sind die meisten Lokalpolitiker für eine Windkraftnutzung auf dem knapp 500 Meter hoch liegenden Quarzitkamm des Vordertaunus, glaubt Rosbachs Bürgermeister Steffen Maar. Etwa 20 große Anlagen sollen in den von Stürmen und Dürren zerrupften Wäldern entstehen. Die Spitzen der Rotorflügel werden bis zu 250 Meter über dem Höhenzug aufragen. Der Erlös aus dem Stromverkauf soll zu möglichst großen Teilen den Anwohnern und ihren Gemeinden zukommen.

Die besten Karten hat dabei die Stadt Friedberg. Ihr gehören rund 140 Hektar in den höchsten Lagen, beispielsweise am Steinkopf – genug Platz für fünf bis sechs Anlagen. Je 110 Hektar können der Bund und das Land mit Windanlagen besetzen. Ihre Flächen liegen an den Hängen oberhalb von Ockstadt und Pfaffenwiesbach. Wehrheim besitzt nach 90 Hektar, im Windvorranggebiet, teils auf Rosbacher Gemarkung. Rosbach hat acht seiner insgesamt 1200 Hektar Wald im Vorranggebiet und könnte dort ein bis zwei Rotoren bauen lassen. Ober-Mörlen besitzt keine windhöffigen Flächen, liegt aber direkt daneben und soll an den Einnahmen teilhaben.

Ein Gedanke zu „Windpark Winterstein“

  1. Wie kann es sein, dass eine geplante Windkraftanlage auf der Hohen Wurzel bei Wiesbaden abgelehnt wurde und die Planungen für die Anlagen am Winterstein weiterlaufen.(…) Die Windindustrie-Planungen im Gebiet des Wintersteins sind hochbrisant. Betroffen sind ein Heilquellenschutzgebiet und mehrere Wasserschutzgebiete. Hochbrisant deshalb, weil es sich beim anstehenden Gestein um den Quarzit des Taunuskammes handelt. Dieses Gestein ist extrem geklüftet und hält keinerlei Kontaminationen zurück. Beim Wintersteingebiet ist die hydrogeologische Situation gleichzusetzen mit dem Gebiet um die Hohe Wurzel bei Wiesbaden. Dort wird von den Fachleuten des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie seit Jahren ein geplanter Windpark wegen des Quarzits abgelehnt. Der gesamte Taunuskamm von Lorch am Rhein bis Bad Nauheim ist wegen der Gefährdung des Trink- und Heilquellenwassers aus fachlicher Sicht für Windparks nicht geeignet. Personen wie diejenigen vom „Bündnis Windpark Winterstein“ wissen überhaupt nicht, was sie auf dem Taunuskamm anrichten würden.

    Rettet den Taunuskamm!
    Mit freundlichen Grüßen
    Alexander Stahr
    Dr. phil. nat. Dipl.-Geogr.
    Bodenkunde Geologie Grundwasserschutz

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