Die Rotoren drehen sich später
Von Klaus Nissen
Mit gut einem Jahr Verzögerung sollen die drei geplanten Windmasten nördlich von Ulfa in Betrieb gehen. Das meldet eine Sprecherin der in Wiesbaden sitzenden Projektgesellschaft Abo Wind auf Anfrage. Sie nennt auch die Gründe für die Verspätung des Millionenprojekts.Für Windpark Ulfa liegen bald Pläne offen
Die Zeiten scheinen vorbei zu sein, in denen Windkraftprojekte starken politischen Gegenwind produzierten. Von 553 Windmast-Baugenehmigungen wurden im vorigen Jahr laut Landesregierung vor Gericht angefochten.
Geräuschlos wird gerade der Windpark Ulfa vorbereitet. Schon im Oktober 2021 kamen nur wenige Anwohner zur Informationsveranstaltung über die geplante Großbaustelle. Kaum ein Besucher stellte damals besorgte Fragen. Seitdem herrscht Windstille. Es gibt keine Proteste, so die Abo Wind-Pressesprecherin Kathrin Dorscheid auf Anfrage.
Vielleicht haben die meisten Menschen im Zuge der Gaskrise eingesehen, dass weitere erneuerbare Energiequellen dringend gebraucht werden. Die EU-Staaten vereinbarten im Dezember eine „Notfallverordnung“, um den Bau von Stromtrassen und Windkraftanlagen zu beschleunigen. Der Bundestag soll bald beschließen, dass einzelne Anlagen keine Umweltverträglichkeitsprüfung mehr brauchen, wenn so eine Prüfung schon für ein ganzes Vorranggebiet gemacht worden ist. Bis zum Jahr 2031 sollen neue Anlagen 263 Gigawatt zusätzlich ins Netz bringen. Dafür müssten jeden Tag sechs neue Windräder in Betrieb gehen, rechnete die Bild-Zeitung vor.
„Personalbedingte Ausfälle“
Drei dieser Rotoren werden sich auf dem Höhenzug nördlich von Ulfa drehen. Allerdings erst im Laufe des Jahres 2024. Ursprünglich sollte der Bau in den nächsten Monaten beginnen. Doch es gab „personalbedingte Ausfälle“ bei den Gutachtern, beim Regierungspräsidium Darmstadt (RP) als Genehmigungsbehörde und auch bei Abo Wind, so die Firmensprecherin Kathrin Dorscheid. Außerdem habe die Abstimmung mit den Naturschutzbehörden länger gedauert als vorher kalkuliert.
Der Genehmigungsantrag liege inzwischen beim RP in Darmstadt. Es werde die Unterlagen im kommenden Frühjahr veröffentlichen und danach eventuelle Stellungnahmen beurteilen. Für die Mitte dieses Jahres rechnet Abo Wind mit der Genehmigung des Windrad-Baus. Die Kräne und Monteure sollen 2024 anrücken, um bei Ulfa die Windtürme aufzurichten. Ein Jahr später als geplant.
Die Rotoren werden bis zu 246 Meter über den Boden aufragen. Die Naben liegen in 166 Metern Höhe. In den Gondeln arbeiten Generatoren vom Typ Enercon E-160. Die Fundamente der drei Windmasten werden viereinhalb Meter tief in den Boden reichen und jeweils rund 20 Meter durchmessen. Für den Bau müssen pro Windmast 1 800 Quadratmeter geschottert werden, heißt es in den Unterlagen.
Die Anlagen entstehen an der Grenze zum Kreis Gießen in einem Dreieck auf dem Katzenberg, vor dem Wald am Johannisküppel. Der Abstand zu den ersten Häusern von Ulfa wird auf 1300 Meter beziffert. Nach Stornfels beträgt der Abstand 1,8 Kilometer, nach Gonterskirchen 3,8 und nach Langd drei Kilometer.
Anwohner können sich finanziell beteiligen
Auf der Projekt-Webseite www.windpark-ulfa.de steht auch, wie viel Strom hier künftig ins Netz fließt: Die Generatoren können bei optimalem Wind jeweils bis zu 5,5 Megawatt liefern. Pro Jahr rechnet Abo Wind mit 36 Millionen Kilowattstunden Grünstrom – damit könne man 11 000 Haushalte versorgen. Also ganz Nidda und noch einige Nachbardörfer.
Profitieren sollen die Anlieger-Städte Nidda, Hungen und Laubach auch finanziell. Sie erhalten 0,2 Cent je Kilowattstunde Windstrom. Davon bekommt Nidda gut zwei Drittel – pro Jahr etwa 46 000 Euro, Hungen 19000 und Laubach rund 6 500 Euro. Interessierten Bürger aus der Umgebung können dem Unternehmen Geld für den Bau der Windanlagen leihen, so Kathrin Dorscheid. Die Konditionen werden aber erst festgelegt, nachdem die Ausschreibung der erwarteten Strommengen gelaufen ist. Ihr Ergebnis bestimmt, wie viel die Betreiber pro Kilowattstunde bekommen. Abo Wind will den neuen Windpark nicht selber betreiben, sondern ihn verkaufen.
Welche Summe Abo Wind in den Bau der drei Masten investiert, kann Kathrin Dorscheid noch nicht sagen. Als Faustformel galt vor Jahren eine Million Euro für den Aufbau eines Megawatts Windstromleistung. Im Windpark Ulfa wären das mehr als 16 Millionen Euro. Allerdings sind die Bau- und Materialkosten inzwischen deutlich gestiegen, heißt es bei Abo Wind.
Wo in der Wetterau noch Windmasten wachsen
Bisher drehen sich im Wetteraukreis 33 Rotoren im Wind. Es sollen bald mehr werden. Seit 2021 gibt es über den Kreis verstreut Vorrangflächen für Windenergie, auf denen noch viele Masten gebaut werden dürfen.
Im Gebiet von Nidda ist es neben dem Windpark bei Ulfa eine Fläche nördlich von Borsdorf und Harb und ein Areal östlich von Schwickartshausen. In der Büdinger Gemarkung ist ein 250 Hektar großes Waldgebiet östlich der Stadt für Windkraft reserviert. Bei Gedern stehen 120 Hektar zwischen Wenings und Gelnhaar und weitere 116 Hektar zwischen Wenings, Bindsachsen und Kefenrod bereit.
Im Westen der Wetterau sind neun Windmasten zwischen Wölfersheim-Melbach und Bad Nauheim beantragt. Nordöstlich von Wöllstadt sollen zwei Anlagen der Sechs-Megawatt-Klasse gebaut werden. Und auf dem Winterstein zwischen Rosbach und Wehrheim kann auf mehr als 400 Hektar gut ein Dutzend Windräder wachsen – wenn sich die Anliegerkommunen und der Hessenforst auf ein gemeinsames Projekt einigen.
Viele Details zur Solar- und Windkraftnutzung in Hessen nennt die Antwort auf eine SPD-Anfrage im Landtag aus dem Jahr 2022. Man findet sie über Suchmaschinen unter dem Begriff „Drucksache 20/8277“ auf der Parlamentsdatenbank starweb.hessen.de.