Trockenheit im Wald

Alarmstufe A für Wetterauer Wälder

Von Klaus Nissen

Kommunen verbieten das Feuermachen und Forstleute fahren verstärkt auf Patrouille. Trotz der Trockenheit gab es 2019 noch keine Waldbrände in der Wetterau. Die Gefahr ist aber groß. Auch ohne Feuer wird sich der Wald stark verändern, prophezeit der Niddaer Forstamtsleiter Bernd Reißmann.

Trockenheit in der Wetterau

In Büdingen darf kein offenes Feuer mehr brennen. Wer im eigenen Garten mehr als eine Kerze anzünden will, bekommt dafür angesichts der aktuellen Trockenheit keine Erlaubnis. Feuer-Anmeldungen würden bis auf Weiteres nicht mehr angenommen, heißt es in einer amtlichen Bekanntmachung der Stadt. Bereits erteilte Genehmigungen seien ausgesetzt.  Die Gefahr größerer Brände ist einfach zu groß.

Das Kraut unter den Waldbäumen welkt bereits dahin. Foto: Nissen

Das Hessische Umweltministerium hat die Alarmstufe A ausgerufen. Damit können in Waldnähe Grillplätze gesperrt werden, auch die Nutzung von Waldwegen. Wer im Wald raucht, bekommt Ärger. Ebenso gedankenlose Autofahrer, die ihre Gefährte in Waldnähe über trockenem Gras abstellen. „Wir fahren verstärkt Patrouillen“, sagt Bernd Reißmann. Der Chef des Forstamts Nidda schickt seine Leute nun auch an Wochenenden auf Kontrollen. Besonders im Süden und in anderen dicht besiedelten Gegenden der Wetterau. Hier soll weiter eine Null in der Waldbrandstatistik stehen. In anderen hessischen Landkreisen gab es diesen Sommer schon 40 Waldbrände.

Die Feuergefahr ist in der Wetterau etwas geringer, weil sie mit 30 Prozent der Flächen relativ wenig Waldanteile hat. Und weil laut Reißmann  nur noch etwa fünf Prozent der Waldflächen reine Fichtenforste sind. Fichten vertrocknen und brennen leichter als Laubbäume. Viele von ihnen stehen seit dem Dürresommer von 2018 völlig kahl in den Wäldern. Wenn irgendwo Gras brennt, können sie die Flammen wie Zunder in doe Kronenbereiche bringen, befürchtet Chefförster Reißmann. Mit Hochdruck sind aktuell gut 50 Waldarbeiter in drei Teams dabei, abgestorbene Bäume aus dem Wald zu räumen. Sie wollen damit auch verhindern, dass sich die Borkenkäfer explosionsartig vermehren. Doch auf  den insgesamt 18000 Hektar Wald zwischen Ober-Seemen und Bad Vilbel, Gambach und Büdingen geht das nicht von einem auf den anderen Tag.

Unter den Baumkronen welkt das Springkraut viel früher als sonst,  beobachtete Bernd Reißmann. Und an manchen Stellen bekomme der Boden Risse. Der Klimawandel wirke sich vielfältig aufs Ökosystem Wald aus. „Die Bäume müssen nun sechs bis acht Wochen länger Blätter tragen. Sie brauchen also mehr Wasser.“ Und das sei knapp. Fichten, Lärchen, aber auch Buchen kommen laut Reißmann schlecht damit zurecht. Eichen halten die Trockenheit besser aus, wenn sie nicht gerade auf Bergkuppen stehen. Man müsse mehr experimentieren als bisher, meint der Förster. Mit Linden-Pflanzungen im Wald, mit Platanen, aber auch mit Libanonzedern. Man habe schon gelernt, dass Douglasien eher in Mulden gepflanzt werden. Der Wald sei internationaler geworden. Er müsse durch importierte Baumarten erhalten werden.

Zwischen Oppershofen und Münzenberg gibt es seit einigen Jahren einen weitgehend naturbelassenen Wald. Foto: Nissen

Einen anderen Ansatz zur Waldrettung in Zeiten des Klimawandels setzt die Forstverwaltung auf Anordnung der Landesregierung um. Die grüne Umweltministerin Priska Hinz verfügte die Stilllegung einiger Staatsforsten. Seit diesem Frühjahr betrifft das 177 Hektar links der Straße von Ulfa nach Gonterskirchen, weitere 500 Hektar im westlich angrenzenden Wald auf Hungener Gemarkung. Hier dürfen gestürzte oder abgestorbene Bäume nicht mehr weggeräumt und keine hiebreifen Stämme mehr gefällt werden, so Reißmann. Buchen dürfen also 400 Jahre alt werden und werden nicht mehr mit 150 Lenzen abgeschnitten. Jungbäume werden dort nicht mehr gepflanzt, sondern wachsen von selber oder gar nicht. In Hessen gibt es solche künstlichen Urwälder erst wenige Jahrzehnte. Die Zukunft wird zeigen, ob sie oder eher die mit importieren Baumarten gestalteten Wälder besser mit dem Klimawandel zurechtkommen.

Die Trockenheit wirkt sich nicht nur auf den Wald aus. Sie wird auch den Wetterauer Feuchtgebieten gefährlich. Die Wiesenbrüter im Bingenheimer Ried finden keine Deckung mehr, beklagt der amtliche Betreuer Walter Schmidt. Man überlege gerade, wie das Auengebiet künftig feucht gehalten werden kann. Diskutiert würden Brunnen neben der Horloff, aus denen Solarpumpen das Wasser in die Wiesen fließen lassen. Aber das drohe der Horloff  Wasser zu entziehen.

Der Wetteraukreis verbietet diese Woche die Wasserentnahme aus den Bächen und Flüssen, teilt Pressesprecher Michael Elsaß mit. Sie sind zwar noch nicht zu Rinnsale vertrocknet wie von einem Jahr – doch die Tendenz geht in diese Richtung. Die Ulfa führt nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt und Geologie (HLNUG) mit 150 Litern pro Sekunde nur noch halb so viel Wasser wie im Juni. Der Durchfluss der Nidder bei Glauberg ist in den letzten Tagen auf 500 Liter pro Sekunde gesunken. In der Nidda fließen bei Nieder-Florstadt keine 2000 Liter pro Sekunde mehr durch das Flussbett. Und das bei einem Einzugsgebhiet von 526 Quadratkilometern. Allerdings führt die Nidda noch doppelt so viel Wasser wie im vorigen Sommer. Nach heftigen Regenfällen im Mai, dem einzigen feuchten der letzten 13 Monate, transportierte die Nidda für kurze Zeit sogar mehr als 14 000 Liter pro Sekunde.

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