Ovag-Wasserampel

Grundwasserschützer entsetzt

Die Oberhessische Versorgungsbetriebe AG (Ovag) will mit Beginn des Jahre 2021 eine Wasserampel einführen, die die Verfügbarkeit von Trinkwasser signalisieren soll. Die Schutzgemeinschaft Vogelsberg (SGV) und die Aktionsgemeinschaft „Rettet den Burgenwald“ sind entsetzt. Sie sorgen sich um das Grundwasser in ihren Regionen, das durch die Trockenheit der vergangenen Jahre stark gelitten hat. In einer auf „Grün“ gestellten Ampel sehen sie einen Aufruf zur Wasserverschwendung.

Einfluss auf Trinkwasserverbrauch

„Mit Einführung der Ovag-Wasserampel erhalten die Kommunen ein Informationssystem an die Hand. Dieses ermöglicht es ihnen, frühzeitig auf den Trinkwasserverbrauch in ihrem Verantwortungsbereich Einfluss zu nehmen und ihre Bürger zur verantwortungsvollen Trinkwassernutzung zu bewegen, sodass eine nachhaltige Verfügbarkeit bei sorgsamen Gebrauch gewährleistet werden kann“, erklärt Ovag-Chef Joachim Arnold. Die Ovag gehört den Landkreisen Wetterau, Vogelsberg und Gießen. Trinkwasser kann die Ovag nur innerhalb der wasserrechtlichen Erlaubnisse und Auflagen des Landes Hessen fördern. Die Ovag will mit ihrer Ampel den Kommunen helfen, der Wasserversorgung ihrer Einwohner nachzukommen. Arnold: „Ich gehe davon aus, dass viele Kommunen in der nächsten Zeit dem Beispiel der Ovag mit der Einführung einer Wasserampel folgen und sich zudem mit der Erstellung eines Wasserkonzeptes befassen werden. Vor allem aber muss in der Bevölkerung ein Umdenken hin zu einem sensibleren Umgang mit dem Lebensmittel Nummer eins, dem Trinkwasser, stattfinden, denn der Klimawandel entfaltet jetzt schon seine Auswirkung auch auf die Wasserressourcen.“

SGV und AG Burgenwald sehen dagegen in der Wasserampel eine Aufforderung zur Wasserverschwendung. „Wer in diesen Zeiten einer katastrophal abnehmenden Grundwasserneubildung eine selbstkonstruierte ‚Verfügbarkeitsampel‘ auf ‚Grün‘ stellt, gefährdet grob fahrlässig die Grundwasservorräte. Denn mit ‚Grün‘ würden Verbraucher wie zum Beispiel jene, die in Frankfurt das Vogelsberg- und Burgwaldwasser sogar in extremen Trockenperrioden für die Grünbewässerung missbrauchen, mit großer Sicherheit ‚freie Fahrt für eine ungehemmte Wasserverschwendung‘ verbinden. Eine solch grüne Ampel darf es daher keinesfalls geben. Ganz im Gegenteil muss so viel wie möglich Grundwasser im Boden gelassen und dort bevorratet werden“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der beiden Organisationen.

Sorge um Grundwasservorräte

Niemand könne voraussagen, ob und wann sich die abgesunkenen Grundwasservorräte wieder auffüllen oder wann sie erneut sinken. Neu Strukturen in der Wasserversorgung sind laut SGV-Vorsitzende Cécilie Hahn nötig, weil beim aktuellen Versorgungssystem das Einsparen von Trinkwasser nicht funktioniere. SGV und AG Burgenwald wundern sich, dass die Ovag „auf einmal glaubt, bei ‚guter Grundwasserverfügbarkeit‘ wieder grünes Licht für eine Grundwasserübernutzung geben zu können, und dass sie mit einem Ampelsystem genug für die Klimaanpassung tut“.

Die Ovag dürfe als Fernwasser-Dienstleistungsunternehmen, das mit Grundwassergewinnung und Wasserhandel Geld verdient, nicht darüber bestimmen, ob eine ausreichende Grundwasserverfügbarkeit gegeben ist. Es sei auch in Hessen eine hoheitliche Aufgabe der Behörden, über das Grundwasser, das die Grundlage der Daseinsvorsorge für Mensch und Natur ist, zu wachen, und über notwendige Beschränkungen der Fördermengen der Ovag zu befinden. Hahn: „Es ist uns völlig unverständlich, dass die Regierungspräsidien der Ovag nicht schon längst klargemacht haben, dass die betriebseigene Wasserampel auf keinen Fall ein Maßstab für den Verbrauch von Grundwasser sein kann“.

SGV und AG Burgenwald befürchten, dass die Ovag versuchen wird, die Ampel so oft wie nur irgend möglich auf ‚Grün“ und möglichst nicht auf ‚Rot‘ zu stellen – ganz im Sinne des Rhein-Main-Gebietes, wo 500.000 Menschen neu angesiedelt werden sollen. „Damit sollen wohl in den Gewinnungsgebieten die berechtigten Sorgen um die Grundwasservorräte beschwichtigt und der Wasserverkauf hochgehalten werden“, sagt Anne Archinal, Vorsitzende der AG „Rettet den Burgwald“. Mit ihrer Ampel will die Ovag dem Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke (ZMW) und den Behörden einen Vorwand liefern, ihr trotz fehlender Rechtsgrundlage und Klimawandel noch mehr Grundwasser aus der Burgwaldregion zu schicken. Die Ovag habe selbst festgestellt, dass ein trockener Winter 2020 / 2021 das Vogelsberger Grundwasser so hart treffen würde, dass es dort im Sommer weniger zu holen gäbe. „Dann sollen wohl die Brunnen im Wohratal und in Stadtallendorf stärker ausgebeutet werden. Obwohl auch dort die Grundwasserneubildung immer schlechter wird, die Brunnen in Stadtallendorf Qualitätsprobleme haben und Marburg künftig wesentlich mehr Wasser unter anderen für die Biontech-Impfstoffproduktion beziehen will“, vermutet Archinal.

Grundwasserexport reduzieren

Um Wassernotstände in den Landkreisen Wetterau, Vogelsberg und Gießen dauerhaft zu vermeiden, müsse die Ovag lediglich den Export von heimischem Grundwasser nach Rhein-Main reduzieren und auf Teile der Verkaufsgewinne verzichten, erklären SGV und AG Burgenwald. Damit könne sie auch auf den Zukauf von Grundwasser aus der Burgwaldregion verzichten. Das sei ohne weiteres möglich, da Frankfurt, das durch den Import von Vogelsberg- und Burgwaldwasser lukrative Einnahmen erzielt, seine Eigenversorgung erheblich steigern könne.

SGV und die AG Burgwald haben der Ovag schon mehrfach, auch jüngst entlang des neuen hessischen Leitbildes für ein integriertes Wassermanagement, eine fachliche Zusammenarbeit beim Grundwasschschutz angeboten. Doch Ovag-Vorstand Joachim Arnold habe eine solche Kooperation als ’nicht erwünscht‘ zurückgewiesen, berichten SGV und AG Burgenwald. „Dabei wäre es für die Ovag relativ einfach, ein konsequentes Sparprogramm für eine rationelle Wasserverwendung aufzulegen – schließlich hat sie solche Maßnahmen in der Vergangenheit sogar finanziell gefördert. Und sie könnte Transparenz über die Grundwasserstände in ihren Wasserwerken zu schaffen, wenn sie diese fortlaufend veröffentlichen würde. Die mittlerweile veröffentlichte ‚Ovag-Wasserampel‘, die nach nicht nachvollziehbaren Kriterien geschaltet wird, ist dafür jedenfalls ungeeignet“, erklären SGV und AG Burgenwald.

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