Aktivist Ingo Helge jetzt in Büdingen
Die NPD in der Wetterau kann ihre rechtsextreme Propaganda neuerdings mit einem erfahrenen Helfer verbreiten. Der selbsternannte „Weltnetzverwalter“ Ingo Helge wird in Büdingen aktiv. Parallel dazu verkündete der NPD-Stadtverordnete Rüdiger Pabst seinen Parteiaustritt. Und nannte auch die Gründe dafür.
Neues von der NPD
Die öffentlichen Auftritte der NPD und der AfD in Büdingen schaden allmählich dem Image der Stadt. Im Tourismusbüro fragten Anrufer schon, ob man die schöne Altstadt ohne Gefahr besuchen könne, berichtet Bürgermeister Erich Spamer. Dabei hat es keine Übergriffe auf fremde Touristen gegeben – aber viele Kundgebungen von erklärten Flüchtlings-Feinden.
Nun hat die mit vier Abgeordneten im Stadtparlament sitzende NPD einen rührigen Helfer bekommen. Er heißt Ingo Helge. Der aus Bingen stammende Mann mit dem markanten Kinnbart kommt laut Antifa Saar von den „Nationalen Sozialisten Mainz-Bingen“. 2009 kandidierte er in Mainz bei der Bundestagswahl und kam in der Rheinland-Pfälzischen Landeshauptstadt auf 1,1 Prozent der Wählerstimmen. Bis Januar 2013 führte er den NPD-Kreisverband „Naheland“. Später agitierte er in Niedersachsen. Auf Youtube sind Hetzreden von Ingo Helge gegen Flüchtlinge zu sehen, die er in Schneverdingen, Goslar und zuletzt im vorigen Dezember in Dillenburg hielt. Dort agitierte auch die Rechtsextreme Melanie Dittmer, die im Januar 2016 den Büdinger Fackelzug von Rechtsextremen organisiert hatte.
Ingo Helge lebe jetzt in Hessen, sagt der Büdinger NPD-Chef Daniel Lachmann auf Anfrage. Auf einem Hessenschau-Beitrag vom 17. Januar ist Helge zu sehen, wie er an einem Büdinger NPD-Infostand ein Plakat mit der Botschaft „Lügenpresse abschalten!“ vor die Kamera hält. Und beim Büdinger NPD-Neujahrsempfang kümmerte sich Helge um die Videoaufzeichnung der Rede des NPD-Bundesvorsitzenden Frank Franz. Im Internet ist Ingo Helge unter dem Titel „Weltnetzverwaltung“ als Eigentümer der hessischen und anderer NPD-Webseiten aufgeführt. Auch die Homepage des früheren Parteivorsitzenden und heutigen NPD-Europaabgeordneten Udo Voigt gehört demnach Ingo Helge. Partei-Ämter bekleidet er in der Wetterau laut Daniel Lachmann nicht.
In der Büdinger Parlamentsfraktion gibt es derweil einen Wechsel. Der stellvertretende Fraktionschef Rüdiger Pabst erklärte am 25. Januar 2017 seinen Parteiaustritt. Zugleich gab der 50-Jährige aus dem Stadtteil Diebach sein Stadtverordneten-Mandat zurück. Die NPD ersetzt Pabst durch den 50-jährigen Landschaftsgärtner Dieter Glanz aus Büdingen.
Anlass für seinen Austritt ist laut Pabst das jüngste Gerichtsurteil zur NPD. Dass es die Partei verfassungsfeindlich, menschenunwürdig und antidemokratisch nannte, habe ihn zum Nachdenken gebracht. Er sehe die aktuelle Flüchtlingspolitik zwar kritisch – aber niemals würde er einen Menschen nur aufgrund seiner Herkunft oder Religion ablehnen. Er habe sehr viele Menschen ausländischer Herkunft unter seinen Facebook-Freunden, sagte Pabst. „Ich habe mit dem Nazikram nichts zu tun“.
Ein Motiv für seinen Rückzug aus der Politik sei auch, dass er sich als NPD-Politiker von Andersdenkenden stigmatisiert gefühlt habe. Sein politisches Engagement habe ihn den Job als Kraftfahrer gekostet. Auch sein neunjähriger Sohn sei betroffen. Außerdem habe die Büdinger NPD nach seinem Geschmack zu wenig echte Sozialpolitik geleistet.
NPD-Chef Daniel Lachmann hatte Rüdiger Pabst im Januar 2016 nach dessen flüchtlingskritischen Facebook-Einträgen zur NPD geholt. Bei der Kommunalwahl zwei Monate später bekam die NPD in Pabsts Wohnort Diebach 24,4 Prozent der Stimmen.
Das jüngste Verfassungsgerichts-Urteil zur NPD könnte der Partei demnächst auch im Wetteraukreis und in Büdingen finanzielle Nachteile bringen. Hessens Innenminister Peter Beuth kündigte Veränderungen bei der Parteienfinanzierung an, nachdem das Gericht der NPD Verfassungsfeindlichkeit bescheinigt hatte. Das gibt dem Staat die Chance, weniger Geld an die Rechtsextremen zu überweisen. Im Parteiengesetz heißt es in Absatz drei des fünften Paragraphen: „Öffentliche Leistungen (…) können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu erfüllende Voraussetzungen gebunden werden.“ Nach neuer Lesart könnte man demnach also Fraktionsgelder kürzen, wenn eine Partei wie die NPD nicht so verfassungstreu ist wie andere.
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