Impfung gegen Grippe

In der Wetterau ist der Impfstoff alle

Von Klaus Nissen

Höher als vorhergesehen ist im Wetteraukreis die Zahl der Menschen, die sich für eine Schutzimpfung gegen Grippe bei ihren Hausärzten meldeten. In der zweiten Oktoberhälfte 2020 meldeten immer mehr Ärzte, dass sie keinen Impfstoff mehr haben. Der Apothekerverband versichert, dass Nachschub unterwegs sei.

Impfung gegen Grippe

Nur ein einziges Mal in seinem Leben hat sich Wilhelm Fritzges aus Lindheim gegen die Grippe impfen lassen. Als Vogelschützer und Naturfreund ist er sehr oft draußen und entsprechend widerstandsfähig. Doch in diesem Herbst häufen sich die Appelle, zur Schutzimpfung zu gehen. Fritzges steht kurz vor seinem 80. Geburtstag – er gehört also Risikogruppe derer, die bei einer Grippe und/oder Corona-Infektion stark gefährdet sind. Der Rentner griff also zum Hörer und rief seinen Hausarzt an.

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Doch der musste Fritzges vertrösten. Der Impfstoff sei ihm schon vor 14 Tagen ausgegangen. Wann Nachschub komme, sei noch nicht klar. „Ich halte das für einen Skandal“, schimpft Fritzges nun. Er fühlt sich verschaukelt, weil unter anderen die Wetterauer Gesundheitsdezernentin Stephanie Becker-Bösch öffentlich zum Impfen aufrief, obwohl das garnicht möglich sei. Von mehreren Seiten erhielt der Neue Landbote Hinweise, dass der aktuelle Grippe-Impfstoff momentan vergriffen ist. Gleichwohl wirbt der Hessische Apothekerverband noch immer auf seiner Facebookseite „Impfopoint“ dafür, sich impfen zu lassen.

Diese Werbung war wohl allzu erfolgreich, sagt der Vorsitzende des Wetterauer Hausärzte-Verbandes. Dr. Alexander Jakob aus Bad Nauheim berichtet, dass sich in den Praxen mehr Impfwillige als in früheren Jahren meldeten. „Wir haben zwar hohe Mengen an Impfdosen vorbestellt. Aber sie werden nur chargenweise geliefert.“ Noch sei bis Jahresende Zeit, um einen wirksamen Schutz gegen die Grippe zu bekommen. „Es wird schon“, glaubt Dr. Jakob. Problematisch sei wohl nur, dass sich in diesem Jahr auch mehr privat versicherte Menschen um einen Grippe-Impfstoff bemühen, als zu Jahresbeginn absehbar war.

Impfdosen werden nur chargenweise geliefert

Für die gesetzlich Versicherten müssen die Hausärzte normalerweise schon im Januar den neuen Impfstoff bestellen, sagt Jörg Schneider. Dieses Jahr war im April Bestellschluss, so der Chef der Stadt-Apotheke in Büdingen. Im Herbst wird der Impfstoff dann in großen Packungen vom Hersteller zu den Apotheken geschickt. „Was die Ärzte vorbestellten, ist zum größten Teil ausgeliefert“, so Schneider. Doch nun melden sich weitere Menschen für die Impfung. Darunter auch Privatversicherte, die den Impfstoff in Einzeldosen bekommen und zu ihrem Arzt mitnehmen. Diese Bestellungen stehen beim Apotheker jetzt auf einer Warteliste. Schneider weiß nicht, wann nachgeliefert wird. Den Frust der Kunden bekommt nun das Apotheken-Personal ab. Der Chef sagt: „Man sollte nicht bewerben, was nicht verfügbar ist.“

So sieht das dreidimensionale Modell eines Grippevirus aus. Illustriationen: Wikipedia

„Wir konnten regionale Logistikprobleme feststellen“, räumt Katja Förster vom Hessischen Apothekerverband in Offenbach ein. Ihr Verband habe 26 Millionen Grippe-Impfstoffportionen beim Hersteller bestellt. Davon wurden 22 Millionen freigegeben. Die könnten aber nicht alle auf einmal ausgeliefert werden. Förster: „Alle Apotheker können sicher sein, dass sie die bestellte Menge auch erhalten werden.“ Es gebe ja noch genug Zeit, um bei den Menschen einen Schutz gegen die aktuell umlaufenden Grippeviren aufzubauen. Katja Förster vermutet, dass außerdem die Corona-Kontaktbeschränkungen zu weniger Grippe-Infektionen führen werden als in anderen Jahren.

Falls der Impfstoff dennoch knapp bleibe, seien die Ärzte gut beraten, damit vorrangig ältere und gesundheitlich angeschlagene Menschen zu behandeln. Also Leute wie Wilhelm Fritzges und seine Frau. Das, versichert der Hausärztesprecher Alexander Jakob, tun er und seine Kollegen in der aktuellen Lage sowieso.

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