Fassadengrün soll Logistikhalle retten
Von Klaus Nissen
Mit Solarmodulen und Fassadenbegrünung soll die dritte Logistikhalle am Rasthof Langenbergheim doch noch legalisiert und erweitert werden. Ein Vertrag mit der Dietz AG beschränkt zudem die Osterweiterung des interkommunalen Gewerbegebiets auf knapp elf Hektar. Doch der BUND will weiter klagen. Und ZWIGL – der Zweckverband Gewerbegebiets-Betreiber Hammersbach, Büdingen und Limeshain, gab am 18. Dezember 2023 ein eindeutiges Sigal zum Multi-Millionenprojekt.Das riesige Gebäude ist nicht genehmigt
Seit elf Monaten steht sie ungenehmigt im gemeinsamen Gewerbegebiet von Hammersbach, Büdingen und Limeshain: Gut 300 Meter lang und 15 Meter hoch ist die dritte Logistikhalle der Dietz-AG neben der A45. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat ihre Nutzung gestoppt.
Denn die Westerweiterung des Gewerbegebiets war 2016 nicht wie vorgeschrieben einstimmig vom Zweckverband Interkommunales Gewerbegebiet Limes (ZWIGL) beschlossen worden. Es gab damals drei Gegenstimmen. Nun klagt der BUND sogar auf den Rückbau der Riesenhalle. Das Areal solle wieder Acker, die 200 000 Tonnen abgeschobenen Mutterbodens zurückgebracht werden.
Ein Elektro-Großhändler will einziehen
Trotzdem herrscht gerade Betrieb in der Halle mit ihren 26 Lkw-Toren. Die saarländische Hager-Group will sie als Verteilzentrum für ihre Elektro-Artikel nutzen und baue gerade die Regale ein, berichtet Hammersbachs Bürgermeister Michael Göllner (SPD) auf Anfrage.
Göllner ist auch ZWIGL-Vorsteher. Zusammen mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Heiko Kasseckert und anderen schmiedete er seit Monaten einen Plan, das Chaos zu ordnen. Die Hammersbacher Gemeindevertretung hat ihn am Dienstagabend abgesegnet. Nur die Grüne Irmgard Beck stimmte dagegen.
Auf insgesamt 19 Seiten eines Vergleichs und eines Städtebaulichen Vertrages beschreiben die Gemeinde, der Zweckverband und die Dietz AG ihren Plan. Die dritte Logistikhalle wird demnach verlängert. Dieser Anbau war bisher unmöglich, weil der Grundbesitzer nicht verkaufen wollte. Er soll über den neuen Bebauungsplan notfalls auch gegen seinen Willen mit einem anderen Grundstück entschädigt werden. Der Anbau wird maximal zwölf Meter hoch, Die Fassade muss zu mindestens 30 Prozent mit Rankpflanzen belebt werden. Auf drei Viertel der Dachfläche sind Solarmodule zu installieren.
Investor muss Fernfahrer-Toiletten bauen
Auf den noch übrigen 2,5 Hektar direkt östlich der A45 bleibt laut Vertrag noch Platz für kleinere Unternehmen. Die Dietz AG verpflichtet sich, bis zu 600 000 Euro für die nötige Verbreiterung der Autobahnabfahrt zu zahlen. Außerdem muss sie Toiletten und Duschen für die vielen Fernfahrer bauen, die das Logistikzentrum ansteuern.
Auch die Erweiterung des Gewerbegebiets nach Osten soll im neuen Vergleich festgezurrt werden. Allerdings will man weniger Äcker als ursprünglich geplant versiegeln: Am Friedberger Weg soll die Osterweiterung enden.
Osterweiterung des Gewerbegebiets wird kleiner
Damit stehen 10,7 Hektar für weitere Gewerbe-Ansiedlungen zur Verfügung, sagt Verbandsvorsteher Göllner. Dort hatte der Zweckverband der Dietz AG den Bau einer vierten Logistikhalle in Aussicht gestellt. Die soll nun nicht mehr erlaubt sein. Die Dietz AG als Generalinvestorin verzichtet auf ihr Ankaufsrecht der Grundstücke im Osten. Sie bezahlt die Kosten der Umplanung. Und: Sie verzichtet laut Vertrag darauf, vom Zweckverband Schadenersatz für die Verzögerungen beim Bau und der Nutzung der dritten Halle zu verlangen.
Auch der zweite Legalisierungsversuch geht schief
Am Montag, 18. Dezember 2023 sollten die 15 Vertreter der ZWIGL-Eigentümer Büdingen, Limeshain und Hammersbach im Langendiebacher Bürgertreff den Kompromiss einstimmig absegnen. Diese Einstimmigkeit ist in der Satzung des Zweckverbandes vorgeschrieben, damit die Erweiterung des Gewerbegebiets zustande kommen darf. Doch das hatte man schon bei der ersten Abstimmung im Jahr 2016 übersehen. Deshalb kam es auch zum gerichtlichen Baustopp.
Auch beim zweiten Versuch ging es schief. Schon Tage zuvor hatte die auch im Zweckverband sitzende Grünen-Gemeindevertreterin Irmgard Beck die Westerweiterung im Hammersbacher Parlament abgelehnt. Sie verließ aus Protest sogar die Grünen-Fraktion – womit die schwarz-grüne Koalition in Hammersbach ihre Ein-Stimmen-Mehrheit verlor.
Neben Beck stimmten im Zweckverband auch die Limeshainer Vertreter Eric Duda (Grüne) und Dr. Hendrik Kamps (UBL) gegen die rückwirkende Heilung des Beschlusses von 2016. Sie waren verärgert, weil der Vorstand kurzfristig auch wollte, dass künftig auch eine 80-Prozent-Mehrheit für Satzungsänderungen reichen solle. Die geforderte Einstimmigkeit sei doch sehr hinderlich, sagte Vorsteher Michael Göllner zur Erklärung.
Was nun? Ohne den Beschluss zur Gewerbegebiets-Westerweiterung hat die schon stehende dritte Logistikhalle keine Chance, in Betrieb zu gehen. Doch Bürgermeister Göllner hatte vorab angedeutet, wie er das Projekt retten will:
Per „Abstimmungsweisung“ hatte die Mehrheit im Hammersbacher Parlamehnt die Grüne Irmgard Beck verpflichtet, auch gegen ihre eigene Überzeugung für die Westerweiterung des Gewerbegebiets zu stimmen. Verbandsvorsteher Göllner: „Wenn sie dagegen verstößt, ist es möglich, dass sie ihre Pflichten verletzt hat und aus der Zweckverbands-Versammlung abberufen wird.“ Dann könne der Zweckverband vier Wochen später erneut versuchen, einstimmig die Westerweiterung zu beschließen.
So wird es wohl kommen. Der Zweckverband vertagte sich auf die zweite Januarhälfte 2024. Die Zeit drängt. Laut Vergleich muss die Logistikhalle bis zum 31. März legalisiert sein. Wenn nicht, ist der Vertrag hinfällig. Und Investor Dietz könnte vom Zweckverband Millionen an Schadenersatz fordern.
Der Umweltverband BUND wird weiter gegen den Bebauungsplan und die dritte Logistikhalle klagen, kündigte ihr Kreisvorsitzender Werner Neumann an. Ihr Bau sei ein „immenser Verstoß gegen Bodenschutz, Grundwasser und Naturschutz.“ Leider seien CDU und mehrheitlich die Grünen in Hammersbach „umgefallen“, mit dernen man bisher gute Erfolge gegen Bau und Planung der Halle erreicht habe. Neumann: „Faktisch regieru nun die Dietz AG und gibt den Ton an zu Lasten der Umwelt und auch der Gemeinden.“
„Schatzboden“ will Nutzung der Halle durch kleine Betriebe
Auch die Bürgerinitiative „Schatzboden“ kritisiert den Plan des Investors und des Zweckverbandes. Im Vergleich fehle eine Kontroll-Instanz für die Einhaltung der Umweltauflagen durch die Dietz AG, so BI-Sprecher Kim Sen-Gupta auf www.schatzboden.org. „Wir fordern die Umwandlung der Halle 3 in ein Gewerbezentrum für kleine und mittlere, handwerklich geprägte Betriebe – mit wenig Lkw-Verkehr, dafür aber produktiven, langfristigen Arbeitsplätzen und nennenswertem Steueraufkommen für die Gemeinden.“