Hoffnung auf Firmen – trotz Flaute
Von Klaus Nissen
Die Konjunktur trübt sich ein – ist der geplante Gewerbepark zwischen den Stadtteilen Borsdorf und Harb bei Nidda noch realistisch? Durchaus, meint Joachim Thiemig. Der Geschäftsführer des Zweckverbandes aus sechs Städten und Gemeinden berichtet über den Stand des Großprojekts.20 Hektar warten auf Firmen mit Öko-Konzept
Mal weiß glänzender Schnee, mal das Braun-Grün absterbender Kräuter und Gräser deckt die 20 Hektar große Ackerfläche im Winkel der B455 und der B457. Es ist still. Keine Bagger, keine Bauarbeiter sind in Sicht. Wird hier wirklich ein landesweit einzigartigen Öko-Gewerbegebiet entstehen?

Es tut sich was, versichert Joachim Thiemig. „Es gibt erste ansiedlungsinteressierte Unternehmen“. Für den Abschluss von Verträgen sei es aber noch zu früh. Thiemig treibt das Projekt von Biedenkopf aus voran. Dort war der Sozialdemokrat bis Januar 2023 zwölf Jahre lang Bürgermeister.
Die Pläne für das interkommunale Gewerbegebiet werden vor allem im Rathaus von Nidda gezeichnet. Man arbeitet dort an einem Bebauungsplan, den das Stadtparlament 2024 in Kraft setzen soll. Und an einem Zielabweichungsverfahren, mit dem die Regionalversammlung Südhessen die Umwandlung der Äcker und Wiesen in ein Gewerbegebiet mit Öko-Qualitäten erlauben soll.
Wenn das alles in trockenen Tüchern ist, kann die Verlegung von Wasser-, Kanal- und Stromleitungen beginnen. Der Bau der ersten Betriebsgebäude von Unternehmen beginnt laut Joachim Thiemig „nach derzeitiger Einschätzung etwa im Herbst 2025. Die Vermarkung wird jedoch bereits deutlich früher parallel zur Erschließung erfolgen können.“
Sechs Kommunen betreiben das Gewerbegebiet
Als Hilfe für die Vermarktung hat der Zweckverband dem Projekt das Motto „Grün statt Grau“ gegeben. Die Silhouette eines Grünfinks ist das Logo. Und das ganze Projekt trägt den schicken Namen „iGO GREEN“. Das „iGO“ steht für „Interkommunaler Gewerbepark Oberhessen“. Die Firmen sollen in einer parkähnlichen Landschaft siedeln und so wenig Energie und Wasser wie möglich verbrauchen.

Vor allem Unternehmen mit zukunftssicheren Arbeitsplätzen – beispielsweise Entwickler von Künstlicher Intelligenz – will der Zweckverband ins Areal locken. Das hat auch nach Ansicht der Wirtschaftsförderung Wetterau Potenzial, die das Projekt nach Kräften vorantreibt. Das Hessische Innenministerium half mit 100 000 Euro für die Anschub-Finanzierung. Das Wirtschaftsministerium in Wiesbaden stellt laut Zweckverband-Geschäftsführer Thiemig zwei Millionen Euro für die Erschließung in Aussicht. Man arbeite gerade am Bewilligungsantrag.
Tankstellen, Spiel- und Logistikhallen unerwünscht
Ansonsten verbreiten die Vermarkter und auf der Projekt-Webseite (www.igogreen.info) Marketing-Poesie. Man nehme „eine Leitbildfunktion in der ländlichen Entwicklung ein“, so Joachim Thiemig. „Hessenweit verfolgen wir damit einen einzigartigen Entwicklungsansatz, der eine qualitativ hochwertige, nachhaltige Gebietsadresse der Zukunft mit Vorbildfunktion für Hessen und darüber hinaus schaffen soll.“

Was ist konkret geplant? Auf 18 Hektar zeigt der vorläufige Plan etwa 50 Firmengebäude. Die Grundstücke werden in jeweils zwei Modulen bis 1300 Quadratmeter angeboten. Nicht siedeln dürfen Lagerhallen-Betreiber, Tankstellen, Spiel- und Logistikhallen oder Discos, auch keine Läden mit mehr als 200 Quadratmetern Verkaufsfläche. Willkommen sind alle anderen Betriebe und Verwaltungen, auch Freiberufler.
In der Mitte des künftigen Gewerbeparks soll es ein „Mobilitätszentrum“ mit Ladestation für Elektroautos geben. Im Zentrum wollen die Planer kleine Läden, eine Kita und Gastronomie ansiedeln. Dafür brauche man aber auch interessierte Betreiber, so Joachim Thiemig.
Ein passendes Wohngebiet wird nicht gebaut
Auf jeden Fall werde bei den Bauten ein hoher ökologischer Standard verlangt. Es soll fortschrittliche Heizungssysteme und viel Photovoltaik geben, außerdem viel Grün und komfortable Wege für Radfahrer. Welche der hoffentlich vielen ansiedlungswilligen Firmen zwischen Borsdorf und Harb bauen dürfen, soll ein Punkte-System entscheiden. Das ist schon ausgetüftelt worden.
Gibt es zum künftigen interkommunalen Öko-Gewerbepark auch ein neues, per Rad erreichbares Wohngebiet? Das könne man doch auf Freiflächen in Harb bauen, diskutierten die Niddaer Kommunalpolitiker vorübergehend. So eine Siedlung sei unwahrscheinlich, meldet nun Joachim Thiemig in Abstimmung mit Niddas Bürgermeister Thorsten Eberhard. Die Vermarktung käme die Stadt Nidda zu teuer. Zudem entwickle sie bereits Baugebiete in Bad Salzhausen und Ober-Widdersheim.
Interkommunaler Öko-Gewerbepark
Im vorigen Jahrzehnt entstand die Idee, zwischen Borsdorf und Harb ein interkommunales Gewerbegebiet anzulegen. Sechs Kommunen aus den Kreisen Gießen, Vogelsberg und Wetterau schlossen sich im September zu einem Zweckverband zusammen. Nidda und Echzell, Gedern und Hungen, Ortenberg und Schotten machen mit, um langfristig Arbeitsplätze und Gewerbesteuer-Einnahmen zu sichern.
Ein Vorbild dürfte der Zweckverband von Büdingen, Limeshain und Hammersbach sein, deren gemeinsames Gewerbegebiet an der A45 allerdings vor allem Logistikhallen trägt. Der Gewerbepark bei Borsdorf wird dagegen nach Nachhaltigkeits-Kriterien geplant. Wer ihn konkret baut, ist noch offen. Laut Geschäftsführer Thiemig steht nicht fest, ob es einen Generalunternehmer gibt. Direkt neben dem Areal liegt die Zentrale der Baufirma Lupp.