Standortsicherung ist Ziel
Die Ergebnisse eines zweiten Gutachtens zur Wertermittlung des Gesundheitszentrums Wetterau (GZW) liegen vor. Dies teilte der Bad Nauheimer Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos) am Donnerstagabend dem städtischen Haupt- und Finanzausschuss mit, wo Dirk Fellermann (Geschäftsführer GZW) einen Sachstandsbericht zum GZW lieferte. Oberste Priorität hat laut Kreß die Standortsicherung.
Zweites Wertgutachten
Bevor der Rathauschef die Einschätzung der Luther Rechtsanwälte (Frankfurt) zum Wert des GZW bekanntmachen wird, will er am Dienstag im Magistrat darüber beraten. Die erste Expertise eines anderen Büros hatte den Wert des GZW auf 2,7 bis 4,3 Millionen Euro beziffert – durchschnittlich 3,5 Millionen Euro. „Dieser Wert ist aus Sicht der Stadt nicht akzeptabel, weil der Buchwert anders ist“, unterstrich Kreß. Deshalb habe der Magistrat das Alternativgutachten beauftragt, das nach einem anderen Bewertungsverfahren vorgehe. Es gebe aber auch Parallelen zu Gutachten Nummer eins, räumte er ein. Das oberste Ziel sei nach wie vor die Standortsicherung in Bad Nauheim, bekräftigte Kreß, ebenso wie die Standortsicherung der Kerckhoff-Klinik, eines Herz- und Rheuma-Krankenhauses, das mit dem GZW kooperiert.
Umfangreicher Bericht
Geschäftsführer Fellermann lieferte dem Gremium einen umfangreichen Sachstandsbericht. Hintergrund sind die jüngsten Entwicklungen: Zum einen die Aufregung um Kassenkredite, die der Wetteraukreis dem GZW gewährt haben soll und die er wegen der Auflagen der Hessenkasse nun zurückhaben will. Das bringt die Stadt als Mitgesellschafterin in Schwierigkeiten, da sie nun eventuell ihre Anteile verkaufen muss (diese Zeitung berichtete). Zum anderen referierte Fellermann über den Neu- und Umbau des Hochwaldkrankenhauses (HWK) in Bad Nauheim, einer von sechs Standorten des GZW, welches einen Jahresumsatz von 110 Millionen Euro schreibe. 2024 soll das Bauprojekt abgeschlossen sein, in das 60 Millionen Euro investiert werden, bei einer Förderquote von bislang 72 Prozent. Lediglich für die Aufbringung von 16,7 Millionen Euro müsse noch eine Lösung gefunden werden, schilderte Fellermann.
„Kredite waren verbucht“
Er und Kreß beklagten Presseberichte, die das Thema Kassenkredite ihrer Ansicht nach reißerisch in die Öffentlichkeit gebracht hätten. Dazu habe auch die erbitterte Diskussion in den politischen Gremien beigetragen, in der über „strafrechtliche Relevanz“ der Vorgänge um die Kassenkredite und ihre mutmaßliche Verwendung spekuliert worden sei, angeblich zu Investitionszwecken. Bei solcherlei Unterstellungen werde er künftig „Maßnahmen ergreifen“, bekräftigte Kreß, der Aufsichtsratsvorsitzender ist. Wie Fellermann meinte, sei die öffentliche Debatte bei der Akquise von Fördergeldern eine Erschwernis gewesen. Laut dem Geschäftsführer seien die Kassenkredite, anders als unterstellt, ordnungsgemäß verbucht gewesen und in den Präsentationen der Wirtschaftsprüfer dargelegt worden. Allerdings sei dies unter dem Bilanzposten „Sonstige Verbindlichkeiten“ geschehen, was der eine oder andere in der Vielzahl von Informationen vermutlich übersehen habe.
Kehrtwende zum Positiven
Im November 2016 habe Fellermann, wie er rückblickend berichtete, bei Ex-Landrat Joachim Arnold (SPD) und Ex-Bürgermeister Armin Häuser (CDU) angefragt, die Kassenkredite zu erhöhen. Das ehemalige Stadtoberhaupt habe sich über die Höhe des Darlehens gewundert und auf Transparenz gedrungen. Daraufhin habe Fellermann mit Hilfe der Stadtverwaltung den Bericht erarbeitet, den er nun mehr als zwei Stunden lang vortrug. Zu den Kassenkrediten sei es gekommen, fuhr er fort, weil das GZW zwischen 2009 und 2012 viel aus Eigenmitteln investiert habe, beispielsweise in den Bau des Facharztzentrums. Anschließend seien die liquiden Mittel verbraucht gewesen, weshalb Ende 2011 der Kreis den ersten Kassenkredit gewährte. „Bis Ende 2015 gingen die Kassenkredite hoch auf 11 Millionen Euro“, jedes Mal habe der Kreisausschuss dazu einen Beschluss gefasst. Aktuell lägen diese Verbindlichkeiten nur bei 5,5 Millionen Euro. Wie Fellermann durchblicken ließ, musste er sich seit Beginn seiner Tätigkeit als Geschäftsführer des GZW insbesondere mit einem hohen Defizit des HWK befassen – es sei aber eine Kehrtwende gelungen.
Grundstücke wurden überlassen
Fellermann kam auch auf die Überlassung der Grundstücke und des HWK-Gebäudes zu sprechen, die auf Beschluss des Stadtparlamentes aus dem Eigentum der Stadt an die Kliniken des Wetteraukreises erfolgte. Dies war im Vorfeld der angestrebten Fusionierung mit den Lahn-Dill-Kliniken geschehen. Der Zusammenschluss platzte, der Gang zum Notar erfolgte nie – allerdings gab es bislang noch keinen Beschluss der Stadtverordneten, die Grundstücke und Immobilien wieder zurückzuholen.
Um die Kassenkredite abzulösen, erläuterte Fellermann, agiere er abgestimmt mit Kreß und Landrat Jan Weckler (CDU): „Wir haben Banken kontaktiert und nach Konditionen gefragt“, ein Ergebnis stehe noch nicht fest. Er ging auf eventuelle Handlungsmöglichkeiten ein: Wolle die Stadt ihre Anteile verkaufen und entschließe sich eventuell, von den 50 Prozent zehn zu behalten, werde eine Minderheitenbeteiligung in einer gemeinnützigen Klinikgesellschaft wohl kaum interessant für einen privaten Klinikbetreiber sein. Sollte hingegen das gesamte GZW verkauft werden, empfahl Fellermann, die Standortsicherung vertraglich festzuklopfen. Das gelte auch in Sachen Kerckhoff-Klinik, denn ein Privater dürfte seiner Ansicht nach umgehend in die Kardiologie einsteigen.
Wenn die Verhandlungen zwischen den Gesellschaftern weitergehen, soll das nach Ansicht von Rathauschef Kreß nicht öffentlich erfolgen, sonst könne dieser Prozess nicht erfolgreich verlaufen: „Anschließend werden wir es transparent machen.“