Gedenkstätte Behrungen

Die grausame Grenze

Von Michael Schlag

Spurensicherungsstreifen, Kfz-Sperrgraben, Erdbeobachtungsbunker, Grenztruppen, Staatsgrenze der DDR. Diese Grenze ist Geschichte und manchmal weist ein Schild darauf hin, dass hier einmal ein Todesstreifen namens Staatsgrenze der DDR war. Die Anlagen sind fast überall aus der Landschaft getilgt. In Behrungen im südlichen Thüringen an der Grenze zu Bayern wurde ein Originalabschnitt erhalten. Und vermittelt in seiner Sachlichkeit ein intensives Erlebnis, wie diese grausame Grenze tatsächlich war.

Originalobjekte am Originalstandort

Die Sicherungsanlagen begannen schon mehrere hundert Meter vor der tatsächlichen Grenze zur BRD, nach Westdeutschland. Der Weg zum Todesstreifen ging durch ein Durchlasstor mit einem vorgelagerten Grenzsignal- und Sperrzaun, mit Stahlseilsperre und Schaltanlagen und einer Anschlusssäule zum Grenzmeldenetz. Sich hier unbefugt aufzuhalten war vor vierzig Jahren schon lebensgefährlich. Heute steht das ehemalige Durchlasstor Nr. 21 als Baudenkmal unter Denkmalschutz.

Durchlasstor Nr. 21, heute Eingang zur Mahn- und Gedenkstätte Behrungen

Daran vorbei geht es zu den eigentlichen Grenzanlagen des deutsch-deutschen Freilandmuseums mit der Mahn- und Gedenkstätte Behrungen. Sie zeigt einen der wenigen original erhaltenen und gepflegten Grenzabschnitte als Zeitzeugnis deutsch-deutscher Geschichte. Und man merkt als Besucher, wie schnell diese Geschichte verblasst und schon in Vergessenheit gerät. In Behrungen kann man heute die komplette Grenzstaffelung der ehemaligen DDR anhand der Originalobjekte am Originalstandort nachvollziehen.

Alles echt, keine Ablenkung

Diese einfache Sachlichkeit bringt ein enorm intensives Erlebnis mit sich. Es gibt keine Cafeteria, keinen Eisstand, kein Restaurant und keinen Souvenirverkauf, nicht mal einen Getränkeautomaten, nichts was ablenken könnte von der historischen Wirklichkeit. Man geht über die Wiese von Thüringen aus rüber nach Bayern und genauso unbehelligt zurück – und merkt bedrückend, auf diesem Weg wäre man vor vierzig Jahren ziemlich sicher erschossen oder von einer Mine zerfetzt worden. Originalschilder auf der bayerischen Seite warnen eindringlich vor der Gefahr.

Warnschild auf bayerischer Seite
Gewissenhaft und korrekt

Markant erscheint eine schwarz-rot-gelbe DDR-Grenzsäule, diese markiert die Grenze, ab dann ist man in der DDR, der Zaun selber steht schon etliche Meter in der DDR. Dieses Museum will, so schreibt ein Begleittext, „gewissenhaft und korrekt“ mit der Teilungsgeschichte umgehen, gerade mit dieser Nüchternheit soll die militärische Bedrohlichkeit den Betrachter erreichen.

Zaun, Graben, Kfz-Sperre, Minenfeld
Engmaschige Grenzstaffelung

Der Ausbau der Staatsgrenze der DDR begann bereits Anfang der 1950er Jahre mit einem zehn Meter breiten Kontrollstreifen und ersten Sperranlagen. Die Grenze wurde dann immer tiefer ins Land hinein abgesichert, mit Fünf-Kilometer-Sperrgebiet, einer engmaschigen Grenzstaffelung, man konnte von Osten aus nicht einfach mal hierherfahren. Schließlich der Grenzzaun mit sechs Meter breitem Spurensicherungsstreifen und Kfz-Sperrgraben. Der Grenzzaun in Behrungen ist etwa zwei Meter hoch (in anderen Regionen sind es bis zu 3,50 m), damals elektrisch geladen, oben mit Stacheldraht bewehrt, nach unten Betongitter im Boden.

Noch heute ein ungutes Gefühl

Davor, Richtung Westen, eine Wiese, die sich sehr lang und schmal in die Landschaft zieht: Das 23 bis 30 Meter breite Minenfeld. Und obwohl man doch weiß, dass die Minen längst geräumt sind, hat man ein ungutes Gefühl, bewegt sich hier nicht ganz unbefangen. Nicht ohne Grund: Noch 2001 fand ein Junge hier eine intakte Mine, die Sache ging zum Glück gut aus.

Grenzturm mit Kommandeur-Führungsstelle
Grenzabschnitt 44

Der von weitem sichtbare Anziehungspunkt des Mahnmals ist der ehemalige Grenzturm mit Kommandeur-Führungsstelle, erbaut 1978 im ehemaligen Grenzabschnitt 44, Sicherungsabschnitt Hammelbad. Zehn Meter hoch, massiver Betonplattenbau, Außenmaße 4×4 Meter. Im Innern ist heute eine Dokumentationsstelle mit historischer Ausstellung von Originalexponaten. Besichtigung ist in Verbindung mit einer historischen Führung möglich dann ist auch die Aussichtsplattform für Besucher zugänglich. Überwacht wurde das Gelände aber nicht nur von oben, in einer Mulde am Waldrand gut getarnt, findet sich ein Erdbeobachtungsbunker, ursprünglich 1966 an dieser Stelle erbaut.

Erdbeobachtungsbunker
Zeithistorisches Ensemble

Die Mahn- und Gedenkstätte Behrungen ist Teil des deutsch-deutschen Freilandmuseum mit historischen Anlagen der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Zu dem „zeithistorischen Ensemble“, so die Eigenbeschreibung, gehören außerdem der Beobachtungsturm in Berkach, der Grenzturm mit Führungsbunkermuseum bei Gompertshausen und das Grenzdenkmal Schweickershausen. Auf der bayerischen Seite gehört dazu die frühere Grenzinformationsstelle in Rappershausen mit Grenzaussichtsturm Richtung Osten. Das Museum bietet dazu eine „Drei-Landkreis-Fahrt zu den Schauplätzen des Kalten Krieges“. An einem Tag kann man mit historischer Führung die Stätten besuchen, dann sind auch die Dokumentationsstellen geöffnet.

Mehr Informationen und Buchungsmöglichkeiten unter

www.deutsch-deutsches-Freilandmuseum.de

Hier ist auch nachzulesen, wie die Gedenkstätten vor dem Verfall und Abbau gerettet wurden. Es war kein öffentliches Vorhaben, sondern im Wesentlichen die private Initiative einer Familie.

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