Klimastreik und Bodenschutz in Gießen
Fridays For Future ruft für Freitag, 25. März 2022, zum zehnten globalen Klimastreik auf. Unter dem Motto #PeopleNotProfit sind auch in Deutschland Aktionen geplant. In Gießen wollen Schüler einen „großen bunten Streik“ organisieren. Auch Landwirte und Bodenschützer wollen an diesem Tag gegen „Flächenfraß“ in der Regionalplanung demonstrieren.Der Klimastreik beginnt um 12.05 Uhr an den Schulen und der Universität. In einem Sternmarsch geht es von dort zum Berliner Platz. Dort startet die Hauptdemonstration um 13 Uhr. Der Demonstrationszug führt um den Anlagenring und trifft schließlich auf die Traktordemo der Bodenschützer. Schließlich ist um 14.50 eine gemeinsame Kundgebung vor dem Regierungspräsidium geplant, denn an diesem Tag endet auch die Frist zur Stellungnahme zum Regionalplan Mittelhessen.
Die „Initiativen für Bodenschutz – kein Quadratmeter mehr“, die zu der Demonstration aufrufen, kritisieren den Regionalplan scharf wegen der darin vorgesehnen enormen Bodenvernichtung. Alleine die festgelegte Fläche für Siedlung und Gewerbe betrage 26,75 Millionen Quadratmeter in den nächsten zehn Jahren, Boden, der durch eine dauerhafte Versieglung verloren zu gehen drohe.
Protest gegen enorme Bodenvernichtung
Hinzu kämen aus „der Zeit gefallene Straßenbauprojekte“, die weitere Flächen in Anspruch nähmen. Kostbare Wälder, Äcker und Wiesen würden zerstört. „In Anbetracht des sich verschärfenden Klimawandels und rückläufiger Bevölkerungszahlen in der Region Mittelhessen ist diese exorbitante Flächenneuinanspruchnahme untragbar“, erklären die Initiativen. Es verwundere, dass dieses Maß an Flächenversiegelung und die damit einhergehenden negativen Folgen auf das Klima und die Biodiversität trotz Ausrufen des Klimanotstands und der Klimanotlage in mehreren mittelhessischen Städten nicht nur in Kauf genommen, sondern sogar aktiv vorangetrieben werde, meint Simone Stolz, die sich im Lahn Dill Kreis für Bodenerhalt und die Verkehrswende einsetzt.
Die Initiativen für Bodenschutz haben gegen diese „rückwärts gewandten Entwicklungen“ die Petition „Kein Quadratmeter mehr kostbares Land für Straßenbauprojekte, Gewerbe- und Industrieflächen und Siedlungsbau“ gestartet. Sie kann auf openpetition.de/keinm2mehr unterzeichnet werden.
Laut Marc Strickert, der die Petition mit auf den Weg gebracht hat, ist sie nicht nur ein konkreter Forderungskatalog an die Regionalversammlung und die Landesregierung, sondern zeige auch den gemeinsamen Einsatz von Initiativen für Bodenschutz „kein m2 mehr“ für den langfristigen Erhalt unserer Lebensgrundlagen. Er hoffe, dass die Petition viele Menschen für die Bedeutung des Erhalts gesunder Böden empfänglich mache und Verantwortliche in Politik und Verwaltung zum Umsteuern aktueller Fehlplanungen bewege. Wenn dies nicht geschehe, würde die sich zuspitzende Umweltkrise zukünftige Handlungsmöglichkeiten noch weiter einschränken und durch immense Folgekosten auch zu sozialen Zerreißkräften in der Gesellschaft führen.
Lebensgrundlagen erhalten
Dass Landwirte gemeinsam mit der Fridays for Future Bewegung auf die Straße gehen, hält der Nebenerwerbs-Landwirt und Bodenschützer Stephan Kannwischer für den Erhalt der Lebensgrundlagen für höchst wichtig. Viele Betriebe würden durch den Verlust von Betriebsflächen geschwächt oder sogar zum Aufgeben gezwungen. Äcker und Wiesen gehen dabei nicht nur durch die direkte Bebauung verloren, sondern auch noch gleich doppelt durch die Ausweisung von Ausgleichsflächen für die Baumaßnahmen. Außerdem gefährde der Klimawandel mit Dürren wie beispielsweise in 2018, oder mit Starkregen in hohem Maße die Ernten.
Fridays For Future fordert unter dem Motto #PeopleNotProfit, dass Profite und Lobbyinteressen großer Unternehmen, wie etwa Automobil- oder Gaskonzerne, nicht länger über das Leben von Menschen gestellt werden. Stattdessen sollen Perspektiven und Forderungen von Menschen aus schon heute stark von der Klimakrise betroffenen Staaten zur Basis klimapolitischer Entscheidungen gemacht werden. Weiterhin fordert die Bewegung eine sozial gerechte Ausgestaltung jeglicher Klimapolitik und die Bereitstellung von Ressourcen für die am stärksten betroffenen Gemeinschaften als Kompensation für Verluste und Schäden. Zur Begrenzung der Erderhitzung unterhalb der 1,5 Grad Celsius-Marke braucht es jedoch auch das entschlossene Handeln auf
allen weiteren politischen Ebenen unterhalb der Regierungen.
Frei sein von Krieg und Menschenverachtung
Mit Blick auf den Regionalplan fordert Fridays for Future Gießen deshalb, diesen strikt nach Klimaschutzbelangen auszurichten. Auch gefährden die vielen vorgesehenen Versiegelungen die Möglichkeit einer Klimaanpassung. Intakte Böden und ein funktionierender Wasserhaushalt sind für die Zukunft um so wichtiger.
Die Invasion Putins in die Ukraine soll ebenfalls auf der Demo thematisiert werden, denn diese ist nur aufgrund der Abhängigkeit von einem fossilen System möglich. „Wenn wir also über eine gerechte, lebenswerte Zukunft sprechen, dann muss diese frei sein von Krieg, weg von fossiler Abhängigkeit und weg von der Unterstützung menschenverachtender Regime. Wir sagen #StandWithUkraine und fordern eine Politik, die Menschen statt Profitinteressen in den Mittelpunkt stellt. Wir brauchen einen sofortigen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas – Frieden ist in einem fossilen Wertesystem nicht möglich“, heißt es im Aufruf zum Klimastreik in Gießen.