Wohnungen aus Containern
Von Klaus Nissen
Es muss schnell gehen. Bad Vilbel braucht bis Jahresende 2023 Wohnraum für bis zu 54 weitere Geflüchtete. „Wir haben keine Unterbringungskapazitäten mehr“, sagte Sozialdezernentin Ricarda Müller-Grimm vor dem Kernstadt-Ortsbeirat. Es werde also noch enger in den Unterkünften. Und ab April 2024 gibt es ein neues Container-Wohnhaus.Unter 36 000 Einwohnern leben 730 Geflüchtete
Rund 730 Geflüchtete aus 20 Nationen leben momentan im knapp 36000 Menschen zählenden Stadt Bad Vilbel. Fast 280 sind privat untergebracht. Die Stadtverwaltung beherbergt 453 Menschen – davon 115 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in 15 eigenen und sechs angemieteten Immobilien. 59 Familien mit 116 Kindern sind so in der Obhut der Stadt, berichtete Stadträtin Müller-Grimm im Pfarrsaal der katholischen Nikolaus-Gemeinde. Viel mehr zusammenrücken könne man für die weiteren Neuankömmlinge nicht.
Deshalb baut die Stadt kurzfristig ein weiteres Haus für Geflüchtete. Das Stadtparlament stimmte am 12. Dezember dafür, ein zweistöckiges Container-Gebäude auf dem Parkplatz der früheren Rotkreuz-Zentrale an der Friedrich-Ebert-Straße erbauen zu lassen. Es soll schon im April 2024 bezugsfertig sein und bis zu 39 Menschen aufnehmen.
Container werden zu kleinen Wohnungen gruppiert
Das Gebäude soll auf dem Parkplatz hinter der früheren DRK-Zentrale entstehen, in der die Stadt bereits seit zwei Jahren zwei Familien mit insgesamt elf Mitgliedern unterbringt.
Laut Müller-Grimm entstehen aus jeweils zwei längs- und einem quergestellten Container kleine Wohnungen. Die Menschen aus jeweils zwei Wohnungen teilen sich ein Bad und eine Küchenzeile. Insgesamt sind acht Wohnungen geplant – sechs mit zwei und zwei mit drei Räumen. Zugänglich werden sie durch eine Außentreppe und einen überdachten Laubengang.
Diese Bauweise mit separaten Wohneinheiten bieten mehr Privatsphäre als in den bisherigen Container-Unterkünften mit langen Fluren, so Ricarda Müller-Grimm. Man wolle ja vermeiden, dass die auf engem Raum zusammenlebenden Menschen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen Konflikte miteinander haben.
Kostenpunkt: 1,2 Millionen Euro
Das neue Container-Haus kostet die Stadt laut Verwaltung rund 1,2 Millionen Euro. Das sei langfristig günstiger, als die Container zu mieten. Den Kaufpreis bekomme die Stadt weder vom Land, noch vom Bund erstattet.
Das neue Flüchtlingshaus an der Friedrich-Ebert-Straße wird nicht lange ausreichen. Schon Ende Februar soll deshalb ein von der Stadt gekauftes Wohnhaus in Gronau für die Aufnahme von Geflüchteten umgebaut sein. Parallel halte man Ausschau nach weiteren Immobilien. „Bei diesem Vorhaben ist es mir wichtig, Sie alle mitzunehmen“, sagte die Sozialdezernentin mit dem SPD-Parteibuch. „Wir schaffen es nur gemeinsam, all die Geflüchteten bei uns zu integrieren.“
Etwa 800 Geflüchtete wird der Wetteraukreis im laufenden Quartal aufnehmen müssen. Diese Nachricht kommt aus dem Kreishaus in Friedberg. Von Januar bis Oktober wurden bereits 1959 Menschen aufgenommen – 1341 von ihnen kamen aus der Ukraine.
Der Zustrom scheint etwas abzuebben. Denn zusammengerechnet dürften in diesem Jahr offenbar weniger als 3000 Geflohene im Kreis eintreffen. Im vorigen Jahr waren es noch 4898 Frauen, Männer und Kinder.
Anders als im Jahr 2015 scheinen professionellere Strukturen die Aufnahme der vielen Neubürger leichter zu machen. In der früheren Friedberger US-Kaserne werden zunächst alle Ankömmlinge für etwa zwei Wochen untergebracht, bis alle Papiere und Untersuchungen erledigt sind. Es gibt zwar noch viel Bürokratie, aber auch ein „Wellcome-Office Wetterau“, das ab 2024 beispielsweise in Büdingen und Friedberg Sprachkurse für Frauen mit Kinder anbieten soll.
Weniger neue Geflohene kommen in die Wetterau
Der Zugang zu den Integrationskursen wurde erleichtert. Allerdings gab es von Januar bis August nur knapp 900 Plätze für 1730 Berechtigte. Gut 30 Integrationskurse werden parallel angeboten. Im neuen Jahr kann man auf Antrag an Online-Kursen teilnehmen. Die Evangelische Familienbildungsstätte organisiert erstmals Integrationskurse in Karben, später auch in Rosbach, Wölfersheim und Butzbach.
Trotz ihrer großen Zahl sind die Geflüchteten nur eine Minderheit in der schon länger multikulturellen Wetterau. Von den 317 000 Einwohnern haben 52 200 Menschen keinen deutschen Pass. Die Ausländerbehörde registriert auch zahlreiche hier arbeitende EU-Bürger, Amerikaner und Menschen aus nahezu allen anderen Ländern dieser Welt.