Dürre

Wenn Wasser kostbar wird

Von Dietrich Jörn Weder

Der Rhein ist zu einem Rinnsal geworden, und neben manchem Müll treten die sogenannten Hungersteine hervor. Heute würde es der legendäre Mainzer Bischof gar nicht mehr versuchen, sich wie einst in den Binger Mäuseturm vor einer Mäuseplage zu flüchten. Die gefräßigen Nager könnten ihm trockenen Fußes dahin folgen, ohne sich dafür ins Rheinwasser stürzen zu müssen.

Hat man es schon erlebt, dass Schweizer Militärhubschrauber die Tränken der Almkühe mit Seewasser füllen, um sie vor dem Verdursten zu bewahren? Sind wir es doch gewohnt, dass die Alpen viele Flüsse auf die Reise schicken, aus denen auch wir schöpfen. Entzückt über das überall hinabgurgelnde Schmelzwasser im hohen Wallis, sagte mein damals zehnjähriger Sohn 2001, das reiche doch, „um ganz Europa davon trinken zu lassen“.

Weniger Wasser vom Dach der Welt

Aber was folgt erst, wenn das tibetische Hochland nicht mehr die Ströme speist, aus denen in Süd- und Ostasien Milliarden Menschen schöpfen. „Die Wasserspeicher des Dachs der Welt sind in den letzten 20 Jahren rapide geschrumpft – im Schnitt um mehr als zehn Milliarden Tonnen pro Jahr, entsprechend dem fünffachen Volumen des Chiemsees.“i Von ausbleibendem Schmelzwasser gravierend bedroht sehen die Autoren dieser Abschätzungen den Zufluss zum Indus-Becken, das doch Pakistan mit seinen 230 Millionen Menschen im doppelten Wortsinn tränkt und speist.

Dürre oder Überschwemmung

Wasser, an dem es bisher nicht mangelte, ist auch in unseren Breiten zu einer Kostbarkeit geworden, wie es das in Palästina schon lange ist. Heißt es doch bei Jesaja im 58. Kapitel als rühmenswerte Gottesgabe hervorgehoben: „Du wirst sein wie ein gewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es niemals an Wasser fehlt.“ –Und auch bei uns ersehnen die Menschen nun Regen, der Felder und Wälder tränkt oder mit seinem Ausbleiben ausdörren lässt.

Größter Fehler der Klimavorhersagen

Große Hitze lässt uns leiden, aber ohne Wasser zum Trinken, Kühlen und Baden wird sie zur Tortur. In frühen Klima-Vorausschätzungen hieß es noch, dass wir in Mitteleuropa weiterhin mit ausreichenden Niederschlägen rechnen dürften, zumal die wärmere Luft mehr Feuchtigkeit transportieren werde. Das hat sich für uns so nicht bewahrheitet. Die offene, immer neue Frage ist, wo und wann die Feuchtigkeit herunterkommt.

Der Niederschlag ist räumlich und zeitlich extrem ungleich verteilt. Über Kentucky und Belutschistan sind dieser Tage Regenfluten herabgestürzt. 2018 war es schon einmal ähnlich trocken, wie wir es heuer erleben. Ergiebiger Regen kam im vergangenen Jahr nieder.

Sparen und Stauen

Die einzige gescheite Antwort auf spärlichen und ausbleibenden, immer weniger berechenbaren Regen heißt Wasser sparen und aufstauen, wo immer möglich. Da müssen wir die Fantasie blühen lassen. Es muss und es wird uns viel dazu einfallen, dem Einzelnen zu Hause und der Politik im Großen und Ganzen. Wer jetzt schon viele gute Antworten weiß, ist weiter als ich. Ich suche sie noch und hoffe auf ein fruchtbares Nachdenken der Leserschaft, der dabei aber wahrscheinlich nicht wie dem Großen Panda in einem südchinesischen Zoo eine Stange Gefriereis untergelegt wird.

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten

Es lohnt sich zur Veranschaulichung meines Artikels ein Foto von C. Jung anzuschauen, das der SWR am 15. August zur Illustration der Meldung “ Zu Fuß zum Mäuseturm ist verboten“ verbreitet hat. Das Foto zeigt sehr anschaulich den trockenen Fuß des Turms. swraktuell

Titelbild: Ein Landwirt wirbelt mit seinem Traktor auf einem ausgerockneten Acker mächtig Staub auf. (Foto: Klaus Nissen)

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