So manche TV-Planung ein Ärgernis
von Jörg-Peter Schmidt
22.50 Uhr: Viel zu spät wurde im Ersten (ARD) eine wichtige Dokumentation über das erschütternde Schicksal einer jungen Iranerin gezeigt. Aber einige verantwortliche Fernsehmacher schaffen es noch, andere sehenswerte Filme im TV auch schon mal um 2 Uhr nachts zu senden. Sehr ärgerlich.Wichtige Doku erst zur Nachtzeit
Wie bereits erwähnt: Um 22.50 Uhr (!) am Mittwoch, 14. August 2024 lief erstmals im Ersten einer der bedeutendsten Dokumentationsfilme der letzten Jahre mit dem Titel „Sieben Winter in Teheran“: Geschildert wird das Schicksal von Reyhaneh Jabbari, einer iranischen Studentin. Sie hatte sich 2007 in Teheran gegen die Vergewaltigung durch einen Mann gewehrt, den sie in ihrer Verzweiflung erstach. Zwar hatte sie einen Rettungswagen gerufen. Allerdings konnte der Mann, der sich als Arzt vorgestellt hatte, nicht mehr gerettet werden. Angeblich soll der Verstorbene eine führende Funktion beim Geheimdienst gehabt haben.
Frau wehrt sich gegen Vergewaltigung
Reyhaneh Jabbari wurde im Iran zum Tode verurteilt, was internationale Proteste zur Folge hatte. Bis zur Hinrichtung durch den Strick vergingen sieben Jahre, in denen Reyhaneh sich für die Rechte von ebenfalls gefangenen Frauen einsetzte. Wie aus dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag hervorgeht, hätte nach iranischem Recht die Familie des von Reyhaneh Jabbari Getöteten das Todesurteil aufheben und Jabbari begnadigen können. Dafür verlangten sie allerdings die Rücknahme der Vergewaltigungsvorwürfe. Jabbari hatte dies bis zuletzt abgelehnt.
Schreiendes Unrecht im Iran
Diese deutsch-französische Dokumentation über schreiendes Unrecht hätte es verdient gehabt, zu einer früheren Zeit im TV gezeigt zu werden. Da hilft auch nicht das Argument, man könne diesen Film aus dem Jahr 2023 doch auch in der ARD-Mediathek abrufen. Es gibt noch immer genug Menschen, die sich einen solch wichtigen Film direkt im Fernsehen ansehen wollen.
Zweites Beispiel: Hervorragende Serie um 2 Uhr nachts
Nachfolgend ein zweites Beispiel für Filme, die im Fernsehen gezeigt werden, wenn die meisten Leute schon schlafen (müssen): Offenbar haben TV-Programmplaner eine englische Krimireihe, die meiner Meinung nach phantastisch ist, in ihrer Popularität unterschätzt. Es geht um die Serie mit dem Titel „Der junge Inspektor Morse“ (Originaltitel: „Endeavour“), die auf der Grundlage von Romanen des Autors Colin Dexter entstanden ist.
Polizei ermittelt in den 1960er Jahren
Morse (glänzend dargestellt von Shaun Evans), sein väterlicher Vorgesetzter Fred Thursday (ebenfalls hervorragend dargestellt von Roger Allam) sowie das weitere Team der Kriminalpolizei in Oxford ermitteln in oft ungewöhnlichen Fällen. Die Handlungen spielen in den 1960er Jahren. Auch gesellschaftliche Probleme dieser Zeit werden in der Serie angesprochen, beispielsweise die Benachteiligungen von Frauen, die in ausschließliche Hausfrauenrollen gedrängt werden. Die Serie lief dienstags in letzter Zeit auf ZDF-Neo nach 23 Uhr, meistens so um 23.15, 23.30 Uhr oder später. Mittlerweile war sie zuletzt auf ZDF-Neo um 2 Uhr nachts (!) zu sehen, also bereits am Mittwochmorgen. So versäumen viele Fernsehzuschauer, wie der junge Inspektor Morse wesentlich dazu beiträgt, scheinbar unlösbare Fälle doch zum Abschluss zu bringen.
Warum gute Filme zur Schlafenszeit?
Soweit also zwei Beispiele von vielen, über die man sich ärgert. Sicherlich gibt es auch positive Beispiele in der Fernsehlandschaft. Aber wirklich sehenswerte Filme im TV zur Schlafenszeit – das muss mit Rücksicht vor allem auf Menschen, die wegen ihrer Arbeit früh aus den Betten raus müssen, nicht sein.
Titelbild: So manche wichtige Filme laufen viel zu spät nachts im TV. Aber um diese Zeit ist die „Kiste“ meistens aus. Das Symbolfoto – hier im Ausschnitt – zeigt ein zweifelsohne nostalgisches Fernsehgerät. (Foto: Wikipedia, https://www.flickr.com/photos/63465486@N07/15783879484/Urheber: Ibsan73)
Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen.
Im Hauptprogramm laufen den ganzen Sommer über nur Wiederholungen, Krimis oder meistens sogar Wiederholungen von Krimis.
Gesellschaftlich relevante Reportagen und Dokumentationen vermisst man zu den normalen Sendezeiten und oft laufen sie auch noch in den weniger genutzten Nischensendern.
Manchmal kommt einem der Verdacht, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihrem Bildungsauftrag nur sehr ungern nachkommen und deshalb die entsprechenden Sendungen vor den Zuschauern zu verstecken suchen.
Ein dauerndes Ärgernis, denn es gibt sie schon, die engagierten und sehenswerten Filme und Dokumentationen. Nur leider nicht im Hauptprogramm, das von den meisten Zuschauern gesehen wird. Dabei wäre das in den politisch angespannten Zeiten sehr wichtig.
Die Mediathek scheint mir eher ein Abstellplatz zu sein, der nicht von besonders vielen Leuten genutzt wird, die abends einfach mal schauen wollen, was es im Fernsehen gibt.
Sehr geehrte Frau Bank. Herzlichen Dank für Ihren Leserbrief, der meiner Meinung sicherlich viele Fernsehzuschauerinnen und – zuschauern aus dem Herzen spricht – Jörg-Peter Schmidt, „Landbote“-Autor.