SPD-Frauen gegen CDU-Männer
Von Klaus Nissen
Kommenden Sonntag ist es so weit: Knapp 241 000 Menschen im Wetteraukreis können und sollen ihre Abgeordneten für den neuen Bundestag wählen. Ebenfalls am Sonntag wählen die Menschen in Büdingen, Glauburg und Ranstadt neue Führungskräfte in die Rathäuser. Hier ein Überblick.Gesucht: Leute für Bundestag und Rathäuser
Die Wetterau teilt sich in zwei Bundestagswahlkreise: 175 im Osten und 177 im Westen. In beiden nutzten schon 2017 viele Menschen per Urnengang oder Brief ihr Wahlrecht. Knapp 138 200 waren es im Osten, 154 000 im Westen – das sind 77,1 und 78,4 Prozent aller Wahlberechtigten.
Zum Wahlkreis 175 gehören die Wetterau-Kommunen Altenstadt, Büdingen, Gedern, Glauburg, Hirzenhain, Kefenrod, Limeshain und Ortenberg. Außerdem die Stadt Schotten und 15 Main-Kinzig-Kommunen mit Wächtersbach und Gelnhausen. 2017 gewann hier die CDU mit 31,7 Prozent der Zweitstimmen. Die SPD bekam 23,6, die Grünen 7,1 Prozent.
Mit der Erststimme können die Menschen entscheiden, wer direkt in den Bundestag einziehen soll. Die CDU hofft auf den 28-jährigen Juristen Johannes Wiegelmann aus Bad Soden-Salmünster. Der schlanke junge Mann mit dem exakt gescheitelten Haar ist Referendar am Landgericht Düsseldorf. Zuvor arbeitete er im Wahlkreisbüro des früheren CDU-Generalsekretärs Peter Tauber. Der hat sein 2017 direkt gewonnenes Bundestagsmandat im vorigen Mai aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt.
Im aktuellen Wahlkampf besucht Wiegelmann viele Unternehmen in der Region. Wichtig, schreibt er, sei ihm die Erneuerung kommunaler Einrichtungen, die Sanierung heimischer Denkmäler und die Aufwertung der Innenstädte. Die Mobilität der Menschen werde sich stark verändern müssen. Das gelte auch für die digitale Infrastruktur in den Kommunen und den Schulen. Falls Wiegelmann am Sonntag nicht die meisten Direktstimmen bekommt, hat er auf Platz 21 der CDU-Landesliste kaum eine Chance auf einen Sitz im Bundestag.
Die 2017 unterlegene SPD-Direktkandidatin Bettina Müller dagegen sitzt schon seit 2013 im Bundestag. Sie ist aktuell mit dem hessischen Listenplatz 4 gegen eine Wahlniederlage abgesichert. Müller, Jahrgang 1959, wohnt mit ihrer großen Familie in Flörsbachtal. Die frühere Krankenschwester und Rechtsanwältin ist viel in der Wetterau unterwegs und Mitglied des Gesundheitsausschusses im Bundestag. Im Wahlkampf befasst sie sich beispielsweise mit dem Glasfaser-Ausbau in Limeshain, mit umstrittenen Wohnungsverkäufen in Schotten und der ärztlichen Versorgung ländlicher Regionen in ihrem Wahlkreis.
Weitere Direktkandidatin in der östlichen Wetterau ist die AfD-Frau Mariana Harder-Kühnel. Die Gelnhausenerin sitzt schon im Bundestag und ist hessische Spitzenkandidatin ihrer Partei. Für die Grünen kandidiert der Unternehmensberater Knut Kiesel aus Maintal, für die FDP die Landwirtin Andrea Rahn-Farr aus Rinderbügen. Die Linkspartei nominierte die Niddaer Studentin Stella Luise Smith. Die Freien Wähler haben den Vertriebsmitarbeiter Carsten Hildebrandt aus Erlensee zum Direktkandidaten gemacht, die neu kandidierende Corona-Skeptikerpartei „dieBasis“ nominierte die Hanauer Unternehmerin Brigitte Meyer-Simon.
Wetterau-West wird von Nachrückern vertreten
Den Wahlkreis 177 Wetterau-West gewann zuletzt die CDU mit 31,9 Prozent der Zweitstimmen. Die SPD bekam 22,6, die Grünen 9,7 Prozent. Hier wählen auch die Menschen aus Nidda, Ranstadt, Reichelsheim, Florstadt und Echzell.
Im Bundestag werden sie zurzeit durch den CDU-Mann Bernd Siebert aus dem nordhessischen Gudensberg vertreten, weil der direkt gewählte Abgeordnete Oswin Veith im März 2020 in den Vorstand des Versorgungsunternehmens OVAG wechselte.
Am Sonntag will der frühere Niddaer Stadtrat und Bad Nauheimer Ex-Bürgermeister Armin Häuser für die CDU das Berliner Mandat erringen. Fast täglich berichtet seine Pressestelle über die Wahlkampfauftritte des Wetterauer Kreistagsvorsitzenden. Als wichtigste Ziele nannte er zuletzt die Entbürokratisierung und eine schnellere Digitalisierung Deutschlands. Den Endspurt des Wahlkampfs leitete die CDU mit einer Party in Wöllstadt ein – mitsamt Brathendln, Weißwürsten und einer Dirndl-Prämierung.
Für die SPD kandidiert zum zweiten Mal die 29-jährige Natalie Pawlik aus Bad Nauheim. Sie ist Kind von Spätaussiedlern aus Sibiren, studierte Kulturwissenschaften und leitet aktuell das Büro des SPD-Europaabgeordneten Udo Bullmann. Im Wahlkampf besuchte sie unter anderem den Frauen-Notruf Wetterau, die Zonta-Kleiderkammer und ein Startup-Unternehmen in Bad Vilbel. Programmatisch nennt die frühere Kreisschulsprecherin und aktuelle SPD-Kreistagsabgeordnete vor allem soziale Themen – etwa gleiche Bildungschancen für alle und bessere Arbeitsmöglichkeiten für Frauen.
Von den weiteren Direktkandidaten hat bestenfalls die Rosbacher Grüne Michaela Colletti eine kleine Chance auf das Direktmandat. Sie leitet ein Übersetzungsbüro und strebt erst seit kurzem politische Ämter an. Für die FDP kandidiert der Jurist Peter Heidt aus Bad Nauheim, der momentan als Nachrücker für Nicola Beer der einzige Wetterauer im Bundestag ist. Als Vertreter der Afd will der Bad Nauheimer Landtagsabgeordnete Andreas Lichert nach Berlin, für die Linkspartei der Auszubildende Julian Eder aus Wöllstadt. Für die FWG kandidiert der Gastronom Cenk Gönül aus Reichelsheim, für die Piraten der Programmierer Stephan Flindt, der seinen Wohnort nicht nennt. Und für die „dieBasis“ tritt die Projektmanagerin Eva Rosen aus Karben an.
Sechs Bürgermeister-Bewerber in Büdingen
Zusätzlich wählen die 17 000 wahlberechtigten Büdinger ihren neuen Bürgermeister. Amtsinhaber Erich Spamer (FWG), seit 2004 im Amt, verzichtete im Juli überraschend auf die Kandidatur.. Nun konkurrieren sechs Männer um den Chefposten im Rathaus. Der 44-jährige Sozialversicherungsangestellte und CDU-Politiker Benjamin Harris aus Calbach hatte schon 2015 kandidiert und war Spamer damals nur knapp unterlegen. Weitere Bewerber sind der 1968 geborene Angestellte Rolf Kleta (SPD) aus Büdingen, der 1992 geborene Robin Nepomuk (FDP) aus Michelau, der 177 geborene Ulrich Majunke (FWG) aus Büdingen, der 40-jährige NPD-Funktionär Daniel Lachmann aus Wolf und der 1975 geborene Einzelbewerber Stefan Zielenkiewitz aus Orleshausen.
Zwei Kandidatinnen in Glauburg
Auch in Glauburg wird die Bürgermeister-Position frei. Amtsinhaber Carsten Krätschmer (SPD) macht nach zwölf Jahren den Platz frei für die Kandidatur seiner Parteifreundin Henrike Strauch. Die in Glauburg aufgewachsene und in Effolderbach wohnende 49-Jährige ist momentan Erste Stadträtin in Büdingen. Als Konkurrentin tritt die 42-jährige Dagmar Ringwald aus Stockheim auf. Sie arbeitet als Stadtpolizistin in Frankfurt und hat keine Partei hinter sich. Rund 2500 Wahlberechtigte entscheiden, wer Bürgermeisterin wird.
Ranstadt wählt die Bürgermeisterin noch einmal
Im benachbarten Ranstadt ist es jetzt schon klar: Amtsinhaberin Cäcilia Reichert-Dietzel ist am Sonntag einzige Kandidatin. Die 49-jährige Sozialdemokratin wuchs in Glauburg und Ranstadt auf. Bevor sie 2009 Bürgermeisterin gewählt wurde, arbeitete sie als Rechtsanwältin in der eigenen Kanzlei. In Ranstadt sind rund 4100 Menschen zur Wiederwahl aufgerufen.