Schulden

Schwarz-Rot finanziell entfesselt

Von Dietrich Jörn Weder

Die wahrscheinliche, neue, schwarz-rote Koalition wird nicht unter der finanziellen Beengung leiden, an der die Ampel-Regierung zerbrochen ist. Für die nationale Verteidigung und die Ukraine-Hilfe kann sie, wenn nötig, praktisch unbegrenzt Schulden machen. Aus einem Sondervermögen von 500 Milliarden Euro lässt sich der Klimaschutz und – neben anderen Investitionen – die Modernisierung der Bundesbahn zu einem erheblichen Teil bezahlen. Der lahmenden Wirtschaft kann ein Kanzler Friedrich Merz damit Beine machen.

Neue Soziallasten meiden!

Aber nur ohne neue Sozial-Geschenke für Mütter-Renten oder Pendlerpauschalen wird daraus ein konzentrierter Anschub. Verteilt man das Sondervermögen, wie vorgesehen, auf zwölf Jahre, kommen pro Jahr tatsächlich nur gut 40 Milliarden als zusätzlicher Impuls ins Spiel. „XXL-Schulden“, von denen die Bildzeitung schreibt, sind eine ganz andere Größenordnung.

Lohnende Investitionen für das Gemeinwohl

Christian Lindners rundum gescheiterte FDP prangert den künftigen Schuldendienst für 500 Milliarden Staatsanleihen als eine unerträgliche Last an, die wir der jüngeren Generation aufbürden. Ausgerechnet eine wirtschaftsnahe Partei verkennt, dass große Vermögen zumindest anfänglich mit Kredit aufgebaut werden. Eine runderneuerte Bundesbahn, auch mit Schulden finanziert, böte doch eine nachhaltige Annehmlichkeit, die auch noch viele nach uns von Vorteil wäre Und kluger Klimaschutz zahlt sich schon auf mittlere Sicht auch wirtschaftlich aus.

Pazifismus hält Putin nicht auf

Mit den Linken und Sarah Wagenknecht gäbe es kein zusätzliches Geld für die Bundeswehr. Aber nach Putins Überfall auf die Ukraine ist Frieden in Freiheit ohne ein starkes Militär leider nicht mehr zu haben. Nach der Wiedervereinigung haben wir lange von der sogenannten Friedensdividende gezehrt. Und gerne bliebe man Pazifist, wenn es den bösen Nachbarn Putin mit seinem Expansionsstreben nicht gäbe. Weil Frankreich für einen Krieg nicht gerüstet war, hatte Hitlers Wehrmacht 1940 bei ihrem Marsch auf Paris leichtes Spiel.

Schlüsselwort „kriegstüchtig“

Im Londoner Exil nennt die französische Philosophin Simone Weil ihre frühere radikalpazifistische Einstellung „meinen verbrecherischen Irrtum vor 1939“. Si vis pacem, para bellum, sagt der Lateiner. Zu deutsch: Wer Frieden will, sei für den Krieg gerüstet. Drei Viertel der Deutschen sprechen sich für einen ausreichend großen Wehretat aus, auch wenn er mit Schulden finanziert wird. Und ich bin umständehalber plötzlich einer von ihnen. Ein Mann, der das Wort Kriegstüchtigkeit in den Mund genommen, Boris Pistorius, ist der beliebteste deutsche Politiker .

Als Kanzler-Anwärter klüger geworden

Gestern sprach sich der Oppositionspolitiker Friedrich Merz noch gegen jede Lockerung der Schuldenbremse aus. Heute tut der Anwärter auf das Kanzleramt Merz das Gegenteil. Man darf, ja man muss klüger werden, wenn es die kritische Veränderung der Lage verlangt.

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten

Titelbild: Bildquelle: Wikipedia

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