Neues vom Keltenfürst

Zum Machtwechsel gehörte ein BeischlafKeltenfürst_Glauberg_Gesicht_

Von Klaus Nissen

Der Kelten-Experte Christoph Huth entziffert einige Rätsel um den Keltenfürst vom Glauberg.  Er glaubt, dass die reiche Bestattung des Herrschers vor fast 2500 Jahren ein Zeichen der Krise war.

Neues vom Keltenfürst

Eins ist sicher: Der Keltenfürst vom Glauberg war reich. Sein Grab am Glauberg-Plateau in der östlichen Wetterau hat fast 2500 Jahre ohne Plünderung überdauert. Im Juni 1996 fanden die Archäologen darin goldenen Schmuck, eine verzierte Schnabelkanne und hochwertige Waffen.  Wahrscheinlich regierte er die Bewohner des Glauberges – oder er war Chef des religiösen Zentrums, das aus zwei Hügeln und einer Prozessionsstraße bestand.

Grabhügel Glauberg foto Nissen - Kopie
Blick aufs nachgebaute Keltenheiligtum. In der Keltenwelt am Glauberg müht man sich, die Rätsel der Vergangenheit zu klären. Die Balken vor dem Hügel könnten vielleicht Fahnen oder andere Textilien getragen haben, mutmaßt die Direktorin Vera Rupp. Das Weben war bei den Kelten eine Aufgabe der Frauen aus den Herrscherfamilien. Foto: Nissen

Die Reste des Toten sind jetzt nebenan im Keltenwelt-Museum aufbewahrt – wie auch die 230 Kilo schwere und 1,86 Meter hohe Sandsteinfigur, die man im Juni 1996 in einem Graben der keltischen Anlage fand. Wahrscheinlich stand die Figur direkt vor dem Grab des Herrschers und stellt ihn auch dar, vermutet Christoph Huth. „Sein Grab war weithin sichtbar und monumental – richtig was zum hinschauen.“

Christoph Huth, Professor für Urgeschichte an der Universität Freiburg, hatte am 28. Juli 2016  noch weitere Thesen für seine rund 120 Zuhörer in der Keltenwelt parat. Die Statue wurde ohne Füße geborgen. Wahrscheinlich ist sie bald nach dem Tod des Fürsten vom Sockel gebrochen worden. Mindestens drei weitere Statuen gab es am Glauberg – sie wurden noch gründlicher zerschlagen und sind nur in einigen Teilen erhalten. Warum? „Es war ein Umsturz“, glaubt Christoph Huth.

Prof. Dr. Christoph Huth Glauberg Foto Nissen
Noch nach dem Tode haben die Keltenfürsten mit ihrem Reichtum posiert, sagte der Kelten-Experte Christoph Huth. Im Hintergrund die Statue eines noch älteren Keltenfürsten aus Hirschlanden. Foto: Nissen

In einem Kelten-Clan musste jeder Fürstensohn beim Tod des Vaters den Herrschafts-Anspruch über seine Untertanen neu begründen, so der Professor. Darüber berichten zwar keine Schriften – doch Reliefs auf Metall-Eimern (Situlen) aus Kelten-Orten in Italien und Slowenien zeigen die Zeremonie. Da sitzen zwei Männer auf einer Bank. Einer hat das Zepter mit Vogelkopf in der Hand, während ihm eine Frau – wahrscheinlich eine Priesterin als Symbol der göttlichen Ahnherrin – einen Trank reicht. Es dürfte Met sein. Am Glauberg war er in der gut zwei Liter fassenden Schnabelkanne, in anderen Fürstengräbern stand er in großen etruskischen oder griechischen Töpfen bereit. Im Fürstengrab von Hochdorf bei Ludwigsburg gab es  mindestens 400 Liter für den toten Fürsten und seine acht mit ihm bestatteten Zechkumpanen, berichtete Christoph Huth: „Das gab einen Bomben-Rausch!“ Wenn man sich im Jenseits wirklich betrinken kann.

Der Keltenfürst auf der Schnabelkanne

Der zweite Mann auf der Bank im Situlen-Relief ist der Nachfolger des toten Fürsten. Er vollzieht einen Beischlaf mit der Priesterin, während ein Tier geopfert wird und Männer Waffenübungen vollführen. Am Ende bekommt er den Trank gereicht und hält das Vogelkopf-Szepter. Der alte Herrscher wird prunkvoll beerdigt. Professor Huth ist sogar sicher, dass die kleine Menschenfigur auf der Glauberger Schnabelkanne den Keltenfürsten persönlich darstellt.

zweiter Keltenfürst Glauberg. Foto Nissen - Kopie
Reichlich zerschunden ist der Kopf einer weiteren Keltenfürsten-Statue, die man nur in Einzelteilen am Glauberg fand. Foto: Nissen

Einige Jahre später muss dann die Herrscherfamilie am Glauberg erloschen sein. Oder eine andere übernahm die Macht und stürzte die Sandstein-Statuen um. Nördlich der Alpen hat es laut Christoph Huth keine Keltensiedlung geschafft, länger als zwei oder drei Generationen lang ein stabiles Staatswesen zu bilden. Denn der göttliche Herrschaftsanspruch war immer auf die konkrete Person – nicht aber auf ein Volk oder eine Stadt bezogen. Heiligtümer mit allgemein gültigen Götterfiguren bauten die Kelten nur in ihren Städten südlich der Alpen. Und diese Siedlungen hielten länger. Der Glauburg wurde schon vor Ankunft der Römer einige Jahre vor Christi Geburt verlassen. „Wahrscheinlich aus wirtschaftlichen Gründen“, vermutet Professor Huth. Durch den Handel waren manche Kelten so reich geworden, dass sie sich in ihren Mini-Reichen gegenseitig bekämpften. Ihren Herrschaftsanspruch dokumentierten sie mit monumentalen Gräbern. Die griechischen und römischen Händler fanden es zunehmend unsicher in der Wetterau und zogen mit ihren Waren lieber woanders hin.

Der nächste Vortrag im Keltenwelt-Forum findet am 11. August 2016 statt. Vinzenz Brinkmann, Leiter der Antikensammlung im Frankfurter Liebig-Haus, spricht dann ab 19 Uhr über „Das Rätsel der Bronze-Krieger von Riace“.

Mehr auf keltenwelt-glauberg.de.

Über die Handelsbeziehungen der Kelten wurde am Glauberg auch schon geforscht. Mehr darüber hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert