Widerständiges in Mittelhessen
37 Filme zu globalen Herausforderungen zeigt die Globale Mittelhessen 2019 vom 1. bis 16. November. Sie will ihrem Publikum „alternative, widerständige und aus dem Ländern des globalen Südens stammende Perspektiven“ präsentieren, „denn entwicklungspolitische Kurskorrekturen braucht nicht nur der globale Süden, sondern vor allem der globale Norden“, teilen die Veranstalter mit. Gleich fünf neue Spielorte sind im zehnten Jahr des Festivals dazu gekommen, 16 sind es nun.Ungerechtigkeit bekämpfen
In Marburg, Gießen, Wetzlar, Bad Nauheim, Biebertal-Königsberg, Braunfels-Neukirchen, Dillenburg, Gladenbach, Herborn, Lohra-Damm, Nesselbrunn, Niederwetter, Oberursel, Reiskirchen-Saasen, Rödgen und Weilburg sind die Filme zu sehen. Die Auswahl orientierte sich unter anderem an den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen, die Kernpunkte der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung formuliert, um innerhalb einer Generation extreme Armut zu beenden, Ungerechtigkeit zu bekämpfen und den Planeten vor einer ökologischen Katastrophe zu bewahren.
Die 37 internationalen Dokumentarfilme werden in 70 Veranstaltungen in den 16 Spielorten gezeigt. In den Filmen werden „die Probleme, das Denken, die Lösungsansätze und das Handeln von Menschen an anderen Orten unseres Planeten“ gezeigt. Durch das gemeinsame Anschauen und die Gespräche im Anschluss könnten aus Zuschauern Akteure werden – nach dem Motto: global denken, lokal handeln, erklärt Susanne Delattre, eine der Mitwirkenden des Festivals.
Ein Schwerpunkt: Brasilien
Brasilien ist in diesem Jahr mit drei Filmen ein regionaler Schwerpunkt des Festivalprogramms. Am 1. November wird das Festival in Marburg mit der kraftvollen brasilianischen Dokumentation „Espero tua (Re)volta“ eröffnet. Er zeigt die Protestbewegung von Schülern und Studente in Sao Paulo ab dem Jahr 2015 und ihren beeindruckenden Kampf für das Recht auf Bildung und gegen Rassismus. Ein weiterer Schwerpunkt in diesem Jahr sind Filme über die massive Bedrohung der Regenwälder in Lateinamerika und Westafrika.
Aber auch ganz und gar positive Filme mit zukunftsweisenden Lösungsansätzen fehlen bei der Globale nicht. Da ist zum Beispiel der Film „Zeit für Utopien – Wir machen es anders“, mit dem das Festivalprogramm in Gießen am 2. November im Rathaus eröffnet wird. Anhand von Beispielen aus aller Welt zeigt der Film realistische Alternativen für Landwirtschaft, Wohnen, Arbeit und Konsum auf. Ein besonders spannendes Beispiel: Die solidarische Landwirtschafts-Organisation „Hansalim“ in Südkorea. 1,5 Millionen Menschen bekommen durch sie regionales Gemüse und Obst, sowie Fisch, Fleisch, Getreide-, Soja- und Milchprodukte von kleinbäuerlichen Produzierenden aus dem ganzen Land. Und eine ehemals dem Großkonzern Unilever gehörende Teefabrik funktioniert nun sehr gut in Selbstverwaltung. Bei den beiden Eröffnungsveranstaltungen in Marburg und Gießen zeigen bei einem Markt der Möglichkeiten Projekte aus Mittelhessen vorgestellt.
Der Film Commander Arian führt an die Front des Syrienkrieges 2018, wo die 30-jährige Kommandantin Arian ein Frauen-Bataillon Richtung Kobane führt. Es handelt sich um eben die Region, in die der türkische Präsident Erdogan gerade seine Truppen schickte, um angeblich gegen die terroristische PKK vorzugehen. Der Film zeigt ein anderes Bild: Er die Zuschauer mit in die Reihen der „Women‘s Protection Unit (YPJ)“, der weiblichen Einheit innerhalb der kurdischen Miliz, die in Rojava versucht, die Bevölkerung aus dem Griff des IS zu befreien. Auch wenn sich die Frauen gegen allgemeine patriarchalische Strukturen in den eigenen Reihen wehren müssen, gehört Emanzipation und Gleichberechtigung doch zu den allgemeinen Zielen der kurdischen Gemeinschaft im Entstehen. Anders als die meisten Gruppierungen in dieser Region tritt die kurdische Bevölkerung für egalitäre Werte, den Schutz von ethnischen und religiösen Minderheiten, Autonomie und Ökologie ein.
Bei allen Veranstaltungen geht es bei der Globale darum, im Anschluss an die Filme mit dem Publikum ins Gespräch zu kommen und konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Hierfür wurden ausgewählte Referenten, oft auch die Regisseure selbst, eingeladen. Es werden spannende internationale Gäste zum Beispiel aus dem Sudan, Syrien und Afghanistan erwartet.
Neu ist in diesem Jahr die Selbstbeschreibung der Globale: Vom „globalisierungskritischen Filmfestival“ wurde der Untertitel in „Filmfestival für globale Gerechtigkeit“ geändert. Das Globale Team hat damit in ihrem zehnten Jahr den Titel an die tatsächliche Herangehensweise des Festivals und die mehrheitliche Einstellung der Teammitglieder angepasst.
Das Programm mit allen Spielorten, Filmen und Veranstaltungen steht auf globalemittelhessen.de
Träger der ehrenamtlichen Initiative ist Motivés e.V. Unter den Organisierenden vor Ort finden sich viele Weltladen- und attac-Gruppen, Vereine, aber auch einzelne Aktive.
Der reguläre Eintritt beträgt 5 Euro (ermäßigt nach Selbsteinschätzung: 4 Euro). Eine Fünferkarte ist für 15 Euro erhältlich. Karten gibt es in den meisten Spielorten an der Abendkasse, in den Kinos auch schon im Vorverkauf.