Stamm: Keine juristischen Hindernisse mehr
Die Zeit für den Bau eines kommunalen Windparks auf dem Winterstein ist reif. Friedbergs Bürgermeister Michael Keller und die Stadtverordneten müssten sich endlich für die Windkraft auf dem eigenen Gebiet entscheiden, fordert der Wetterauer Energiebildungsverein. Die Berufung auf juristische Hindernisse hält Vereins-Sprecher Diethardt Stamm für haltlos.
„Windpark endlich bauen!“
Seit Jahren liegt ein Windpark-Projekt auf Eis, das der kommunale Energieversorger Ovag, die Friedberger Stadtwerke und die Mittelhessische Energiegenossenschaft (MiEG) auf dem 482 Meter hohen Bergsporn wollen. Auch die Anlieger-Kommunen Wehrheim, Rosbach und Ober-Mörlen hatten Interesse am Projekt bekundet. Sechs Windmasten sollen auf dem Bergrücken gebaut werden, 33 Millionen Kilowattstunden Strom sollen sie produzieren – Energie, um 9000 Haushalte zu versorgen. Die Windräder würden sich aber knapp innerhalb der 15-Kilometer-Zone um das nächste Funkfeuer der Deutschen Flugsicherung drehen. Die hatte deshalb gegen den Bau der Windmasten Einspruch erhoben. Und Friedbergs Bürgermeister Michael Keller scheute das Risiko. Er wolle die Entwicklung abwarten, verkündete der SPD-Politiker im Sommer 2015.
Anders sieht es Diethardt Stamm vom Energiebildungsverein, der auch im Vorstand der Mittelhessischen Energiegenossenschaft sitzt: Die Flugsicherung bestehe nicht aus „Heiligen, nach denen sich Kommunalpolitiker zu richten haben. Nun sollte man am Winterstein endlich mit dem Einstieg in die Windkraft beginnen.“
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat laut Diethardt Samm am 18. September 2015 entschieden, dass Windenergieanlagen in der Nähe von Wetterradarstandorten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) grundsätzlich zulässig sein können. Jetzt wurden die Entscheidungsgründe veröffentlicht. Sie sind nach Stamms Ansicht auch auf das Winterstein-Projekt übertragbar, wo nicht der Wetterdienst, sondern die Flugsicherung auf einen 15-Kilometer-Abstand der Windmasten zu ihren Funkfeuern besteht.
Der Wetterdienst in Bayern hatte sich während des Verfahrens darauf berufen, dass die geplanten Windkraftanlagen einzelne Pixel in den untersten Radarmessungsebenen stören könnten. Dadurch würden die Möglichkeiten des Wetterdienstes, vor extremen Wetterphänomen zu warnen, unzumutbar erschwert. Das Gericht meinte laut Stamm aber, dass in einem Großteil des Bundesgebietes Informationen über bodennahe Luftschichten gar nicht mittels der Radaranlagen verfügbar gemacht werden können. Daraus folgerte es, dass diese Messwerte nur untergeordnete Bedeutung haben.
„Funkfeuer sind nicht so wichtig“
Dies gilt für Diethardt Stamm auch für die Funkfeuer der Deutschen Flugsicherung. Sie seien nur ein Zusatzsystem mit eingeschränkter Relevanz. Deshalb habe die Flugsicherung genauso wie der Deutsche Wetterdienst in vielen Einzelfällen schon Prozesse gegen die Errichter von Windkraftanlagen verloren. Die Stadt Friedberg sollte sich also zu dem Projekt bekennen.
Schon im Juli 2015 hatte das Friedberger Aktionsbündnis Querstellen der Stadt Friedberg Versagen beim Thema Windpark am Winterstein vorgeworfen. Der komplette Wortlaut des Offenen Briefs an den Friedberger Bürgermeister steht hier.
Ab 2017 muss der Bau neuer Windparks ausgeschrieben werden. Außerdem gibt es dann keine garantierten Einspeisevergütungen mehr. Branchenkenner glauben, dass dann nicht mehr kommunale Betreibergesellschaften, sondern höchstens kapitalstarke Konzerne Windmasten errichten könnten. Mehr darüber hier.