Windpark bei Petterweil
Von Klaus Nissen
Zwischen Petterweil und Ober-Erlenbach an der Grenze von Hochtaunus- und Wetteraukreis sollen fünf neue Windmasten gebaut werden. Bei der Bevölkerung sorgt dieser Plan für Ängste. Der Ortsvorsteher und der Bürgermeister versuchen, den Menschen diese Furcht zu nehmen.Windkraft: Angst vor den Rotoren
Rund 60 Millionen Kilowattstunden pro Jahr sollen etwa ab 2026 die fünf neuen Rotoren zwischen Petterweil und Ober-Erlenbach liefern. Sie können den ganzen Energiebedarf der Stadt Karben abdecken, rechnet Bürgermeister Guido Rahn vor. Entstehen sollen sie auf dem 34 Hektar großen Windvorranggebiet 4607, nicht weit von den vier schon lange arbeitenden Kloppenheimer Rotoren entfernt.
Inklusive der Rotorblätter ragt jede der neuen Windkraftanlagen 246 Meter über den Boden. Für die Fundamente und die Wartung der Anlagen werden je 400 Quadratmeter gebraucht, Hinter dem Projekt steht die Allterric IPP-GmbH. Sie ist laut Guido Rahn eine Tochterfirma des Windrad-Herstellers Enercon. Das Investitionsvolumen dürfte bei mehr als 20 Millionen Euro liegen.
Der Bau beginnt frühestens 2025
Um die Anwohner zu schützen, ist der Mindestabstand zu den Ortsrändern auf tausend Meter festgelegt. Wenn die Rotoren im Wohngebiet nachts mehr als 35 Dezibel Schall verursachen, müssen sie abgeschaltet werden.
Für die Baugenehmigung wird laut Rahn gerade das Umweltgutachten erstellt. Der Baubeginn ist frühestens für 2025 geplant.
Die städtische Energie-GmbH in Karben will einen der fünf Windmasten kaufen und dann den Strom vermarkten. An dem Geschäft sollen sich die Anwohner beteiligen können; gedacht ist an risikoarme Festzins- Darlehen. Auch die Nachbarstadt Bad Homburg wolle einen Windmast erwerben, berichtete Guido Rahn. So könn man auch in Verhandlungen mit der Alterric die Auswirkungen des Windparks auf die Anwohner verringern.
Die Städte Bad Homburg und Friedrichsdorf laden ihre Bürgerinnen und Bürger für Montag, 8. Mai 2023 ein, um sie über die Planungen zu informieren. Die Bevölkerung solle am Windpark auch finanziellen Nutzen haben. Der Informationsabend beginnt um 19 Uhr in der Erlenbachhalle in Ober-Erlenbach statt. Schon ab 18.30
Uhr kann man an Info-Ständen mit Fachleuten der Genehmigungsbehörde (Regierungspräsidium
Darmstadt) und der LandesEnergieAgentur Hessen
(LEA) sowie Gutachtern und Mitarbeitenden des
Projektentwicklers ins Gespräch kommen. Über die
Webseite des Bürgerforums http://buergerforum-energiewende-hessen.de/ bad-homburg-friedrichsdorf können vorab
Fragen eingebracht werden, die am Infoabend
aufgegriffen werden sollen.
In Petterweil klingelte der Ortsvorsteher im März persönlich an den Haustüren der Auserwählten: Gut 250 Menschen aus der südwestlichen Zone Petterweils lud Dennis Vesper Ende März 2023 ins Bürgerhaus ein – all jene, die nicht viel weiter als einen Kilometer vom geplanten Windpark zwischen Petterweil und Ober-Erlenbach entfernt leben.
Ganz sind die Anlagen nicht zu verhindern
Viele von ihnen hatten zuvor geschimpft, weil die Investoren von der Alterric IPP GmbH bei der Bürgerversammlung im Oktober 2022 nur schwer verständliche Karten zum Energieprojekt zeigten. Deshalb kniete sich der Fachinformatiker Dennis Vesper tief in die Materie hinein. Er zeigte den rund 90 Gästen in der Albert-Schäfer-Halle seine selbst errechneten Schattenwürfe und Schallgrenzen auf einer großen Petterweil-Karte.
Bürgermeister Guido Rahn (CDU) war die Sorge anzumerken, es könnte zu einem Total-Protest gegen den Windpark kommen. Mehrfach betonte er, die Rotoren seien nicht zu verhindern. „Wir wollen verhandeln mit den Investoren. Komplett dagegen sein wollen wir nicht.“ Ortsvorsteher Vesper (SPD) ergänzte: „Wir haben kein Interesse, diese Windräder hier stehen zu haben. Aber wir haben eine Verantwortung für die Zukunft. Es ist nicht die richtige Zeit, nein zu sagen an dieser Stelle.“ Das übernahmen dann mehrere Besucher des fast dreistündigen Treffens.
Maximal 30 Minuten im Schlagschatten
Der Sorgen sind gar viele. Die leichte Hanglage Petterweils gen Osten werde die rotierenden Schatten der Rotoren verlängern, sagte zum Beispiel eine Besucherin. Dennis Vesper antwortete: Der Schattenwurf sei in den Plänen ohne Rücksicht auf Gelände- und Bebauungshöhe berechnet. Mithin gebe es darin auch den Taunuskamm nicht, der die tief stehende Abendsonne in Wirklichkeit von den künftigen Windmasten und Petterweil fernhält.
Außerdem sehen die Regeln laut Vesper vor, dass kein Haus länger als 30 Minuten am Tag oder acht Stunden im Jahr im Schlagschatten liegen darf. Überhaupt trete das Schatten-Problem nie im Sommer, sondern zur Jahreswende auf. Allerdings habe er beim Pläne-Studium herausgefunden, dass an manchen Stellen Petterweils zeitweise ein doppelter Schlagschatten von zwei Rotoren droht. Das stört Vesper. Überhaupt seien die drei mittleren Windmasten am störendsten. Vielleicht könne man eins weglassen oder niedrigere Generatorgondeln durchsetzen, meinte der Ortsvorsteher.
Sorgen bleiben trotzdem. Die Fundamente versiegeln zu viel Acker, fand eine Besucherin. Fünf Masten von den Ausmaßen des Messeturms bereiteten ihm Bauchschmerzen, klagte ein junger Mann. Ein älterer Herr wollte vom Bürgermeister wissen, um welche Summe der Wert seines Anwesens sinke, wenn der Windpark erst einmal steht: „Würden Sie denn ein Haus kaufen mit so einem Schlagschatten?!“ Eine Frau rief: „Wir werden am Ende zehn bis zwanzig Prozent Verlust haben!“ Raunen im Saal. Es müsse Schadenersatz geben, warf jemand ein.
Große Angst vor Wertverlust der Häuser
Guido Rahn versuchte, mit seiner ganzen Autorität, die aufsteigende Empörung zu bremsen. Nein – die Stadtverwaltung könne beim besten Willen keine Wertverluste durch Windkraft berechnen. Die Inflation bedrohe den Wert der Häuser doch viel stärker. Und Schadenersatz für Windpark-Nachbarn gebe es nirgendwo. Ein Mann rief: Die Stadt könne Betroffenen doch die Grundsteuer erlassen. Da wirkte der Bürgermeister kurz verärgert. Und moderierte dann freundlich weiter. Man werde die sinnvollen Anregungen in die Verhandlungen mitnehmen, hieß es am Ende.
Na endlich geht es voran. Elektrizität wird immer gebraucht.
Was hätten denn die Leute lieber vor der Haustür? Ein Atommüll-Endlager, ein Kohlekraftwerk, einen Solarpark oder die Rotoren?
Ich nehme an, auch die Petterweiler möchten in den Wintermonaten nicht vollständig im Dunkeln sitzen, einige möchten auch irgendwie Geld verdienen, heizen, telefonieren und all das kostet Strom, der in Zukunft mehr und mehr von Windkraft gedeckt werden muss. Um den Bedarf an Windkraftanlagen möglichst gering zu halten, muss man Verschwendung vermeiden. Bei Geräten auf Energieeffizienz achten, auf unnötige Beleuchtung verzichten, Häuser energetisch verbessern und auf das Heizverhalten achten.