Zwei Riesen für Friedberg
Von Klaus Nissen
Die drei Windmasten auf der Anhöhe zwischen Friedberg-Süd, Ober-Wöllstadt und Bruchenbrücken bekommen Gesellschaft. Der Energiekonzern EnBW plant zwei noch deutlich höhere Anlagen. Der Projektleiter nannte bei einem Ortstermin Details. Und auch zum viel größeren Windpark auf dem Winterstein gibt es Neues.Mindestens acht Megawatt Windkraft
Seit Juni 2011 drehen sich schon die drei Rotoren auf der Kuppe südlich von Friedberg. Jeder kann bei starkem Wind bis zu zwei Megawatt Strom liefern. Pro Turm fällt übers Jahr genug Ökostrom für 725 Haushalte an. Das berichtete Maximilian Grundel am 29. Mai 2022 etwa 60 Wetterauern, die auf Einladung des Bündnisses Windpark Winterstein eine Radtour zum Dreigetürm machten.
Grundel kam extra aus Stuttgart angereist, um sein neues Projekt vorzustellen. Er organisiert den Bau zweier weiterer Windmasten auf der Kuppe. Sie werden viel mehr Strom produzieren als die älteren Anlagen, sagte der junge EnBW-Angestellte.
Einer der neuen Masten soll die drei in Reihe stehenden Anlagen gut 150 Meter weiter südlich ergänzen. Die Nabe soll knapp 170 Meter über dem Boden am Ende des neuen Mastes stehen. Darüber ragen die jeweils 135 Meter durchmessenden Rotoren hinaus. Die drei bestehenden Anlagen haben „nur“ 90 Meter Rotordurchmesser. Bei starkem Wind dürfte die neue Anlage bis zu 4,5 Kilowatt leisten, schätzt Grundel.
300 Meter vom nördlichsten Windmast entfernt wird in Richtung Görbelheimer Hohl die größte aller Windkraftanlagen wachsen. Sie wird mit den 162 Metern durchmessenden Rotoren etwa 250 Meter über den Boden aufragen und mindestens sechs Megawatt Leistung bringen, sagte der Projektleiter. „Durch die Höhe haben wir deutlich bessere Windergebnisse. Jeder Höhenmeter mehr macht etwas aus.“ Nur mit so großen Anlagen könne man die Windenergie wirtschaftlich nutzen.
Anwohner akzeptieren den Windpark
Mit den Grundbesitzern habe man die Verhandlungen über den Bau der zwei neuen Anlagen schon „lange abgeschlossen“, so Grundel. Die Stadt Friedberg legt der Windpark-Erweiterung keine Steine in den Weg, wenn man dem ebenfalls zu den Masten geradelten Bürgermeister Dirk Antkowiak (CDU) glauben will. Auch der nächste Anwohner, Ulrich Lebeau vom etwa 600 Meter entfernten Aussiedlerhof an der Görbelheimer Hohl, hat grundsätzlich nichts gegen die Erweiterung. Er wäre nur gern früher und intensiver darüber informiert worden, sagte der Landwirt beim Ortstermin. Das Betriebsgeräusch und der Schattenwurf der Rotoren seien in der Höfe-Siedlung bisher nicht negativ aufgefallen.
Und der Vogelschlag, der so oft als Begründung für Klagen gegen neue Windkraftanlagen angeführt wird? „Ich habe noch kein totes Tier hier gesehen“, sagte Bauer Lebeau. „Kein Vogel wäre so blöd, in die Rotoren reinzufliegen.“
Schon vor einem Dutzend Jahren waren fünf Anlagen auf der Kuppe geplant. Doch nachdem vor allem in Wöllstadt eine Bürgerinitiative massiv Druck machte, sprangen die Eigentümer zweier Flächen ab. Inzwischen gibt es aus Wöllstadt keine Beschwerden gegen die Türme mehr, die mit der Ausrichtung der Rotoren den Anwohnern zeigen, woher der Wind weht.
2019 war die Ausweitung des Windparks erneut ins Stocken geraten, weil die Deutsche Flugsicherung durch die neuen Masten Auswirkungen auf ihr Funkfeuer im nahen Erbstadt befürchtete. Inzwischen sei die technische Aufrüstung des Funkfeuers angekündigt, sagte EnBW-Projektleiter Grundel. Deshalb gingen die Planungen nun weiter. Die neuen Masten wachsen auf einer Vorrangfläche für Windkraft – allerdings habe man bisher noch keine Baugenehmigung.
Zusammen wird der dann fünf Anlagen zählende Windpark genug Strom für ganz Friedberg erzeugen, so Maximilian Grundel.
Viel Konkurrenz auf dem Winterstein
Neues gibt es auch vom Winterstein. In dem von Stürmen und Dürren zerrupften Wald auf der Taunushöhe zwischen Wehrheim und Rosbach dürfen laut Landesplanung auf rund 400 Hektar etwa 18 Windkraftanlagen gebaut werden. Seit Jahren wirbt dafür das Bündnis Windpark Winterstein, zu dem beispielsweise der Bund für Umwelt und Naturschutz, die Grünen und die Initiative Fridays for Future gehören. Die Anliegerkommunen Rosbach, Friedberg und Ober-Mörlen haben ihre Skepsis aufgegeben. Sie sprachen sich in einem „Letter of Intent“ an die Landesregierung für den Bau aus, berichtete Friedbergs Bürgermeister Dirk Antkowiak. „Das ist ein ganz wichtiges Thema. Wir wollen mehr Bürgerbeteiligung und fordern ein gemeinsames Layout für dieses Projekt“.
Die Gemeinsamkeit lässt aber noch zu wünschen übrig. Die Anliegergemeinde Wehrheim hat den „Letter of Intent“ nach Angaben des Grünen-Politikers Johannes Contag nicht unterschrieben. „Wenn die Wehrheimer so weitermachen, werden sie später auf die Windräder sehen und Null komma Null davon profitieren“.
Auch der Landesbetrieb Hessenforst, der einen großen Teil des Windvorranggebietes besitzt, geht eigene Wege. Er kündigte an, bis Ende Mai 2022 eine separate Ausschreibung für seine Flächen auf den Weg zu bringen. Dabei gehe es den staatlichen Forstleuten um möglichst hohe Pachteinnahmen und Umsatzbeteiligungen, beklagte Diethardt Stamm vom Energiebildungsverein bei der Ortsbesichtigung. Man brauche aber einen komplett durchgeplanten Windpark, damit sich die Anlagen nicht gegenseitig behindern.
Alle Anwohner sollen finanziell profitieren
Wichtig sei auch, dass möglichst viele Menschen und die Anliegerkommunen die Chance bekommen, mit ihren Kapitaleinlagen von der Winterstein-Windkraft zu profitieren. In einem Brief an die Hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) appellierte das Winterstein-Bündnis, den Alleingang von Hessenforst zu stoppen. Ob das fruchtet, ist unklar. In der Antwort auf eine Anfrage der hessischen SPD deckte die Landesregierung den Kurs des Forstunternehmens. Hessenforst bewege sich mit der separaten Ausschreibung im Rahmen seiner haushaltsrechtlichen Vorgaben, heißt es darin.
So oder so wollen die Kommunen Rosbach, Friedberg und Ober-Mörlen laut Friedbergs Verwaltungschef Dirk Antkowiak in den Sommerferien 2022 die Ausschreibung für den Winterstein-Windpark starten. Auf den kommunalen Flächen könnten etwa sechs Anlagen entstehen. Als mögliche Betreiberin meldete sich bereits der kommunale Energieversorger Ovag.
Die SPD-Anfrage zum Stand der Energiewende in Hessen und die Antworten der Landesregierung geben zahlreiche Informationen über die Zahl und Leistung der Windkraftanlagen, der Wasserkraftwerke und der Fotovoltaik-Flächen im Lande. Das Winterstein-Bündnis liest daraus, dass die Energiewende in Hessen zu langsam vorangehe. Im ersten Quartal 2022 sei beispielsweise nur eine einzige Windkraftanlage in Betrieb genommen worden.
Einsehbar sind die Antworten und die Anfrage unter https://starweb.hessen.de/cache/DRS/20/7/08277.pdf
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