Ukraine-Krieg

Ende nicht abzusehen

Von Dietrich Jörn Weder

Putins Krieg drückt, je länger er geht, auf unsere Gemütslage. Ich denke an die jungen Leute, die von beiden Seiten ins Feuer geschickt werden und deren Leben endet, ehe es sich entfalten konnte. Das größte Land der Erde lässt seine Söhne sterben, um seine Grenzen um ein paar zehntausend Quadratkilometer verbrannter Erde hinauszuschieben.

Doch das ist nur der Anfang. Der Kreml ist zwangsläufig auf die ganze Ukraine aus, denn solange die sich wehrt, ist die Beute nicht sicher. Putin muss auf der ganzen Linie siegen oder er wird fallen. Für dieses sein Ziel will er, wie er selber sagt, alle nur möglichen Mittel einsetzen. Atomwaffen schließt er in diese Drohung ein und verfinstert so den Ausblick auf das, was kommen mag.

Sieben Monate Krieg

Die Ziele des Kremls sind weit gesteckt, und da Kiew bisher nicht wankt, müssen wir uns auf einen langen, möglicherweise Jahre dauernden Krieg einstellen, einen Krieg, in den wir immer weiter hineingezogen werden, indem wir der Ukraine Waffen liefern, mit denen sie sich immer länger und besser behaupten kann.

Alice Schwarzer, Sarah Wagenknecht und die AfD wollen die Ukraine ihrem Schicksal überlassen und uns aus der Affäre ziehen. Aber kann man davon ausgehen, dass Putins Streben nach Russlands alter Größe gestillt ist, wenn er diesen einen großen Brocken geschluckt hat? Nur Militär bewahrt das Baltikum davor, zum nächsten Opfer zu werden. So denkt man dort.

Frieren für die Ukraine?

Mittelbar hat uns dieser Krieg bereits erreicht, indem viele Deutsche fürchten, in diesem Winter in kalten Stuben zu sitzen, weil sie die teure Heizenergie nicht mehr bezahlen können. Doch Berlin will niemand im Kalten sitzen lassen. Und ich vertraue darauf, dass unsere Regierung die Situation in der einen oder anderen Weise für die allermeisten erträglich gestalten wird. Sie weiß, dass sie daran gemessen wird und sie ist sich dabei selbst für wenig lohnende Bücklinge vor den Scheichs nicht zu schade.

Und wenn die Sicherungen durchbrennen?

Vor dem Erpresser Putin müssen wir nicht in die Knie gehen. Solange die USA an unserer Seite stehen und die Nato zusammenhält, kann Russland diesem Bündnis militärisch nicht das Wasser reichen. Wir gehen freilich davon aus, dass sich der Kreml rational verhält und seine Grenzen kennt, wie er das selbst in den dunklen Tagen des Kalten Krieges immer getan hat.

Doch wer zügelt oder erschießt einen anscheinend unumschränkten Alleinherrscher wie Putin, wenn er erwägt, auf den „roten Knopf“ zu drücken? Nach den Untaten, die das russische Militär auf ihrem Boden begangen hat, trauen die Ukrainer dem russischen Präsidenten alles nur erdenklich Böse zu. Es ist diese Ungewissheit, was dieser Krieg noch an Bösem bringen wird, die unsere Gedanken an Morgen verfinstert.

Panzer an die Front oder Nachrichten abstellen

Schon lange will ich nicht mehr die meist winzigen Geländegewinne der einen oder anderen Seite in den Nachrichten verfolgen, aber kann man den Vorhang vor dem Fenster zur Welt tagelang zuziehen? So frisst der Krieg unsere Zeit, die für andere Dinge gut wäre.

Ich versuche, dem Klimawandel nicht weiter einzuheizen und die Umwelt nur so weit wie nötig zu belasten. Derweil werden die Kohlekraftwerke wieder angeworfen, um das Russen-Gas zu ersetzen. Werde ich mein Portemonnaie geschlossen halten, wenn Ukrainer demnächst für den Kauf von Leopard-Panzern sammeln?

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten

Titelbild: Zerstörtes Haus in de Oblast Donezk. Das Bild stammt bereits aus Dem Krieg im Jahr 2014. (Foto: Wikipedia/NEWS UTR – https://www.youtube.com/watch?v=iDdGrE-DypQ, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=34424471)

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