Wo sind die Wintervögel hin?
Nur wenige Vögel suchen die Futterhäuschen in den Gärten auf. Das bestätigte die Zählung „Stunde der Wintervögel“ des Naturschutzbund Deutschland (Nabu). 17 Prozent weniger Vögel wurden registriert. In Hessen zählten 9.211 Vogelfreunde Anfang Januar eine Stunde lang über 205.513 Vögel in 6.363 Gärten. Die Beteiligung an „Deutschlands größter wissenschaftlicher Mitmach-Aktion“ war ein „absoluter Rekordwert“, so der Nabu Hessen. Die Hessen wollten wissen, wo die Vögel bleiben. (Foto: Sławek Staszczuk/Wikipedia)
So wenig Vögel wie lang nicht
„Die Sorge um ausbleibende Vögel hat viele Menschen beschäftigt. Und in der Tat: So wenige Vögel wie in diesem Winter hatten wir schon lange nicht mehr“, sagt der Nabu-Landesvorsiteznde Gerhard Eppler. Insgesamt hätten die Teilnehmer durchschnittlich 17 Prozent weniger Tiere als in den Jahren zuvor. Vor allem bei den häufigen Wintervögeln und Futterhausbesuchern, darunter alle Meisenarten, aber auch Kleiber und Kernbeißer, seien die bisher niedrigsten Zahlen seit Beginn der Aktion im Jahr 2011 verzeichnet worden. Pro Garten ließen sich laut Nabu im bundesweiten Schnitt nur rund 34 Vögel und acht verschiedene Arten sehen – sonst liege der Schnitt bei rund 41 aus neun Arten.
Keine Wanderlust
„Einige Arten hatten dieses Jahr offenbar kaum Wanderlust – was zu den teils deutlichen Rückgängen geführt hat. Das gilt vor allem für jene, die im Winter häufig Besuch von ihren Artgenossen aus dem kälteren Norden und Osten bekommen. Dazu zählen auch die meisten Meisenarten“, sagt Eppler. Auffällig sei, dass die Rückgänge bei Meisen und Co. im Norden und Osten Deutschlands gering ausfallen. In Hessen seien Kohl- und Blaumeise mit Abnahmen von 47 und 40 Prozent dagegen viel seltener zu sehen als im Vorjahr. Manche Wintervögel hätten aufgrund des – bis zum Beginn des Zählwochenendes – noch extrem milden Winters auf halber Zugstrecke Halt gemacht, erklärt Eppler. Im Gegensatz dazu seien Arten, die im Winter von Deutschland aus teilweise nach Süden abwandern, in diesem Jahr besonders häufig hier geblieben. Bei Amseln, Staren und Heckenbraunellen wurden laut Eppler in Hessen die bislang höchsten oder zweithöchsten Werte seit Beginn der Aktion ermittelt. Die Amselzahlen seien pro Garten durchschnittlich um 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, die Zahl der Stare habe sogar um 75 Prozent zugenommen.
Rangliste der Wintervögeln
Die Rangliste der Wintervögel hat sich dadurch deutlich verändert, teilt der Nabu mit.Hinter dem Dauer-Spitzenreiter Haussperling habe sich die Amsel – etwas überraschend – auf Rang zwei (sonst Platz 4). Die Kohlmeise liege erstmals nur auf Rang 3. Neben der geringen Zuglust haben laut Eppler auch weitere Faktoren Einfluss auf die Ergebnisse. Nabu-Ornithologen haben festgestellt, dass Meisen und andere Gartenvögel im Frühjahr des Vorjahres einen schlechten Bruterfolg aufwiesen. Welche Auswirkungen die schlechte Brutsaison 2016 auf die Besetzung von Nistkästen in diesem Jahr hat, soll die im Mai stattfindende Schwesteraktion „Stunde der Gartenvögel“ zeigen. Dann ruft der Nabu wieder Deutschlands Vogelfreunde auf, eine Stunde lang die Vögel zu zählen. Hier stehen die Brutvögel im Fokus.
Die Ergebnisse der Wintervogelzählung zeigen laut Nabu auch, dass das unter Amseln grassierende Usutu-Virus keine Auswirkungen auf den Gesamtbestand der Art hatte. Nur in den Landkreisen Bergstraße und Groß-Gerau, wo das Usutu-Virus aufgetreten war, wurden weniger Amseln gezählt als im Landesdurchschnitt. Doch insgesamt gehört die Amsel zu den Gewinnern der diesjährigen Zählung.
Die „Stunde der Gartenvögel“ ist vom 12. bis 14. Mai 2017.
Die Auswertung der Stunde der der Wintervögel bis aus Landkreisebene ist hier stundederwintervoegel.de