Geschichten lustig und sensibel
Gabriela Wenke (Rehborn) ist eine renommierte Zeitungs- und Rundfunkjournalistin, die sich bestens in der Kinder- und Jugendbuchliteratur auskennt. In der Phantastischen Bibliothek Wetzlar hat sie interessante Neuerscheinungen vorgestellt.
Von Abenteuer bis Magersucht
Auf einem Tisch im Foyer der Bibliothek hatte Gabriela Wenke etwa 100 Neuerscheinungen mit lustigen, spannenden oder nachdenklichen Geschichten mit liebevoll gestalteten Zeichnungen ausgelegt. Man konnte also erst mal in aller Ruhe blättern.
Wie Wenke feststellte, ist der literarische Stoff auch in diesem Jahr vielfältig und reicht von Liebes- und Abenteuergeschichten bis zu Themen wie der Magersucht, mit der sich in ihrem Debüt „Alles so leicht“ (Thienemann-Verlag) der US-Amerikanerin Meg Haston beschäftigt, die selbst an Essstörungen litt und diese Erfahrungen in ihrem Roman verarbeitet.
Flucht, Integration und Ausgrenzung
Die Publizistin berichtete, dass aktuell die Zahl der Bücher für junge Leute, die Flucht, Integration, Flucht und Ausgrenzung zum Inhalt haben, hoch ist. Sie nannte als einer der Beispiele, wie man auch in Kinderbüchern mit dieser Problematik einfühlsam umgehen kann, den Roman „Vielleicht dürfen wir bleiben“ (Carlsen-Verlag) der norwegische Schriftstellerin Ingeborg Kringeland Hald: Als Sechsjähriger kann Albin Prek mit seiner Mutter Dhina und seinen jüngeren Zwillingsschwestern Anja und Anka aus Bosnien, das sich damals im Jugoslawienkrieg befand, nach Norwegen fliehen. Nach dem Krieg muss die Familie mit der Abschiebung rechnen. Es gibt aber immerhin ein „halbes“ Happy End für Albin und seine Angehörigen, über deren schrecklichen Erlebnisse während ihrer Flucht in Rückblenden erzählt wird: Albins Vater wird vor seinen Augen von Soldaten erschossen.
Das Thema „Zivilcourage“ kommt bei den Neuerscheinungen nicht zur kurz. Ein Beispiel: Hermann Vinke (ein deutscher Rundfunkjournalist) und seine Tochter Kira stellen aus der jeweiligen Perspektive zweier Generationen in ihrem Sachbuch „Zivilcourage 2.0“ (Ravensburger) historische Persönlichkeiten wie Edward Snowden oder Rupert Neudeck vor, die gegen Ungerechtigkeiten, Ausbeutung oder Zerstörung der Umwelt vorgehen.
Selbstverständlich hatte Gabriela Wenke auch Bilderbücher für die allerjüngsten Leser mitgebracht. Dazu gehörte „Das Weihnachtskind“ (Moritz-Verlag), von der Schwedin Rose Lagercrantz geschrieben und der Deutschen Jutta Bauer illustriert: Die Geschichte von Jesu’ Geburt wird in Wort und Bild – nicht abweichend von der Aussage der Bibel – so erzählt, dass sie alle Kinder erreichen soll, egal, welcher Religion sie angehören. Auch ganz vorn bei den Empfehlungen landete die Geschichte von Babak Saberi (Text, er lebt im Iran ) und Mehrdad Zaeri (Zeichnungen, er flüchtete aus Iran nach Deutschland) unter dem Titel „Ein großer Freund“ (Baobab-Verlag): Ein kleiner Rabe und riesiger Elefant schließen Freundschaft: Geht das? Es geht! Im Rahmen des Wetzlarer Projekt „Vorlesen“ und durch das Bremer Institut für Bilderbuchforschung wurde „Ein große Freund“ jetzt mit einen Preis bedacht.
Es gab langen Beifall für die Erläuterungen der geschätzten Kinderbuch-Expertin. Wie die Bibliotheks-Leiterin Bettina Twrsnick abschließend ankündigte, bleiben die Bücher im Foyer bis Mitte Dezember zur öffentlichen Ansicht liegen
Infos über die genauen Öffnungszeiten: phantastik.eu